Nachtragshaushalt:SPD will Rücklagen des Freistaats anzapfen

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SPD-Fraktionschef Holger Grießhammer sagt: „Wer jetzt Investitionen sät, wird Wirtschaftskraft ernten – und das wollen wir." (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Die Sozialdemokraten wollen mehr Geld ausgeben, für die schwächelnde Autoindustrie, Krankenhäuser, Pflege-Infrastruktur und Kitas. Gerade in Krisenzeiten sei antizyklische Ausgabenpolitik wichtig.

Von Johann Osel

Die SPD im bayerischen Landtag fordert mehr Investitionen im Nachtragshaushalt 2025 – und will dazu in Rücklage des Freistaats greifen. „Wer jetzt Investitionen sät, wird Wirtschaftskraft ernten – und das wollen wir“, erklärte Fraktionschef Holger Grießhammer am Dienstag. Gerade in schwierigen Zeiten sei eine antizyklische Ausgabenpolitik wichtig. „Leider bleibt Bayern mit dem Entwurf der Regierungsfraktionen weit hinter seinen Möglichkeiten zurück“, kritisierte SPD-Haushaltsfachmann Volkmar Halbleib.

Konkret fordert die Fraktion Investitionen in den Wirtschaftsstandort, vor allem für die Transformation der schwächelnden Automobilindustrie samt Zulieferern. Ferner brauche es Geld für Krankenhäuser und Pflege-Infrastruktur in Bayern, Kitas, Digitalisierung an Schulen und Hochschulen, Wohnungsbau gerade für Studenten und Azubis sowie in die Finanzkraft der Kommunen. „Was Kommunen leisten oder nicht mehr leisten können, merken die Menschen in Bayern sehr schnell: am Zustand von Schulen und Feuerwehrhäusern, an ihren Schwimmbädern, an der Qualität des Nahverkehrs oder auch den Wartezeiten bei Behördengängen“, sagte Harry Scheuenstuhl, Kommunalexperte der SPD. Gesamtkosten der zusätzlichen SPD-Projekte: knapp 1,5 Milliarden Euro, die sie auf den Haushaltsentwurf der Staatsregierung draufsatteln möchte.

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Eigentlich hatte der Landtag einen Doppelhaushalt 2024/25 schon beschlossen. Die Einnahmen des Freistaats leiden jedoch unter der Wirtschaftsflaute, hinzu kommen unvorhergesehen hohe Ausgaben etwa im Bereich Asyl und für den kommunalen Finanzausgleich. Finanzminister Albert Füracker (CSU) musste daher einen Nachtragshaushalt für 2025 vorlegen. Der Etat über gut 77 Milliarden Euro – ohne neue Schulden – wird in diesen Wochen in den Fachausschüssen im Landtag beraten, im April ist der finale Beschluss im Plenum terminiert. Die SPD hat mehr als 100 Änderungsanträge für die Einzelpläne der Ressorts vorgelegt. Und sie will für ihre Forderungen eben die Rücklage anzapfen, das Finanzpolster des Freistaats. Daraus soll der Großteil der 1,5 Milliarden Euro entnommen werden. Laut Planung der Staatsregierung betrage das Polster zum Jahresende 2025 etwa 3,2 Milliarden Euro; dies sei also möglich. „Rücklagen sind gut, aber Investitionen sind besser“, sagte Grießhammer.

Eigentlich hatte Finanzminister Füracker für den ursprünglichen Doppelhaushalt insgesamt fünf Milliarden Euro aus der Rücklage eingeplant, diese wäre damit auf nur gut eine Rest-Milliarde im Bestand zusammengeschmolzen. Es ist nun offenbar doch mehr Geld übrig geblieben, das Polster wieder etwas angewachsen. Dies alles läuft unabhängig von den Finanz- und Schuldenplänen der womöglich künftigen Bundesregierung, die eine Lockerung der Schuldenbremse für die Bundesländer in Aussicht gestellt hatte – und damit mehr finanzielle Spielräume auch in Bayern.

Auch die beiden anderen Oppositionsfraktionen im Landtag haben Änderungen zum Haushalt beantragt. Bei den Grünen ist es ein ganzes Konzept an Forderungen, im Zentrum steht eine „Kommunalmilliarde“. Für finanzschwächere Kommunen sei der Sparzwang teils so akut, dass sie sogar schon bei den Pflichtaufgaben sparen und diese nicht mehr im vollen Umfang erfüllen, beklagt die Fraktion. Ob Schulsanierungen, Kitas oder Wärmenetze, „alles ist dringend. Die Staatsregierung macht ihnen mit ihrer Haushaltsplanung aber das Leben schwer“, teilte kürzlich Fraktionschefin Katharina Schulze mit.

Die AfD will vielfach nicht Geld ausgeben, sondern einsparen, vor allem bei Integration, den Kosten für Asylbewerber, Demokratie-Programmen und Prävention vor Radikalisierung, da diese „in erster Linie auf die Bekämpfung der Alternative für Deutschland“ abziele, wie es in einem der AfD-Anträge heißt. Aber es soll auch Geld ausgegeben werden nach dem Willen der AfD: etwa für die Umbenennung des Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration. Das Wort Integration soll gestrichen und durch „Remigration“ ersetzt werden, was der „Identität“ Bayerns diene.

Grießhammer äußerte sich beim Pressetermin im Landtag auf Nachfrage auch zur Stimmung in der Bayern-SPD nach den Sonderungen mit der Union im Bund. Zuletzt hatten die Jusos im Freistaat ihre Ablehnung vermeldet, wegen der Pläne zur Migration. Hier sei man in Gesprächen, so der Fraktionschef, der wie die Juso-Spitze dem SPD-Landesvorstand angehört. Insgesamt spüre er den Willen bei den Genossinnen und Genossen in Bayern, gemeinsam „das Land in ein gutes Fahrwasser zu bringen“. Es sei wichtig, dass die demokratischen Parteien zusammenarbeiten, man habe „die AfD im Nacken sitzen“. Es wäre nur Wasser auf deren Mühlen, jetzt in einen „Kleinkrieg“ zu verfallen.

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