Bayern-SPD im Umfragetief:Jetzt oder nie. Also nie

Christian Ude Bayern SPD

Christian Ude kämpft verzweifelt gegen schlechte Umfragewerte.

(Foto: picture alliance / dpa)

Christian Ude, der Messias - das war einmal. In einer aktuellen Umfrage kommt die Bayern-SPD nur noch auf 18 Prozent. Eine tödliche Zahl. Sie kann der Partei im Wahlkampf das Genick brechen. Warum wirkt Münchens Oberbürgermeister als SPD-Spitzenkandidat nur so ungewohnt kleinkrämerisch wie ein Auslaufmodell?

Ein Kommentar von Frank Müller

In Bayern kann politisch passieren, was will - am Ende geht es immer zulasten der SPD. Bislang war dies eher ein empirischer Befund, über Jahrzehnte erhoben. In diesen Wochen scheint sich das Prinzip zu einer Art Naturgesetz zu verdichten.

Das so entscheidende Wahljahr 2013 besteht für die Genossen im Freistaat aus einer frustrierenden Abfolge miserabler Umfrageergebnisse. Nun ist - möglicherweise - der Tiefpunkt erreicht. 18 Prozent ermittelte eine Prognose des Bayerischen Rundfunks jetzt für die SPD bei der Sonntagsfrage zur Landtagswahl.

Das ist eine tödliche Zahl, eine, die geeignet sein kann, einer Wahlkampftruppe das Genick zu brechen. Denn das ist das Katastrophenergebnis von 2008. Damals konnte die SPD vom historischen Absturz der CSU unter die 50-Prozent-Marke nicht profitieren. Im Gegenteil. Sie stürzte selbst ab auf ein Niveau, das man nicht mehr das einer Volkspartei nennen mag.

Sehr viel hatten die Rest-Sozialdemokraten damals unternommen, um aus dem nicht Schönzuredenden zumindest eine Art Zukunftsperspektive zu entwickeln. Dass der damalige Spitzenkandidat Franz Maget zwar honorig, aber zu nett gewesen sei, dass es keine echte Machtperspektive gegeben habe und deswegen ein langfristiger Neuaufbau fällig sei.

Seitdem ist in der Tat einiges geschehen in der Partei. Ihr neuer Landeschef Florian Pronold startete eine Parteireform, um die in manchen Landesteilen regelrecht am Boden liegende Organisation wieder handlungsfähig zu machen. Pronold bezog dabei intern viel Prügel, ein Indiz dafür, dass er den Job gar nicht so schlecht machte.

Es könnte bitter werden

Ins Bild des neuen Aufbruchs passte dann das Fanal vom Sommer 2011. Mit Christian Ude war auf einmal ein Spitzenkandidat da, den man sich im Gegensatz zu fast allen Vorgängern der letzten Jahrzehnte tatsächlich als Ministerpräsidenten vorstellen konnte.

Die Partei war in einem Ausmaß euphorisiert, dass Funktionsträger wochenlang mit rauschhaftem Glückslächeln durch die Lande zogen. Wie ein Messias wurde Ude gefeiert, gleichzeitig schien sich in einem Bündnis mit den Grünen und den in Bayern starken Freien Wählern tatsächlich eine Option zur Ablösung der CSU-Übermacht zu entwickeln. Und auf einmal meinte jeder in der SPD-Landtagsfraktion, doch gut für einen Staatssekretärs-Posten geeignet zu sein; mindestens.

Inzwischen planen die SPD-Politiker ihre Karrieren defensiver. Ein ganzes Bündel von Ursachen hat dazu geführt, dass der Ude-Effekt verpufft ist - und zwar so vollständig, dass sich die Bayern-SPD fast fragen muss, ob sie vielleicht auch ganz ohne Spitzenkandidat antreten könnte. Zu viele in der Partei verließen sich auf den populären und verdienten Mann an der Spitze. In der Breite dagegen tat sich nicht so viel.

Deswegen haben die Bayern ihre SPD zu keinem Moment als wirklich regierungsfähige Organisation mit einer ausreichenden Zahl profilierter Köpfe wahrgenommen. Stattdessen kommt nach Ude lange nichts, dann irgendwann der schmalbrüstige Pronold, dem die Statur eines Landeschefs noch lange fehlen wird. Nach ihm kommt dann, abgesehen vom talentierten Landtags-Fraktionschef Markus Rinderspacher, kaum noch jemand.

Doch es sind auch Udes eigene Fehler, die zu einem vorzeitigen Scheitern seiner Kampagne beitragen. Er blickte rechthaberisch auf Vergangenes, wo Antworten für die Zukunft gefragt wären. Er redete von seinem München, wenn er über Bayern hätte sprechen sollen. Das ließ ihn oft ungewohnt kleinkrämerisch und wie ein Auslaufmodell wirken, gerade im Vergleich zu seinem hyperaktiven CSU-Gegner Horst Seehofer. "Wenn nicht jetzt, wann dann?", war in den letzten Monaten das Credo der bayerischen Sozis. Es könnte sein, dass die Antwort darauf eine sehr bittere wird.

Was halten die Bayern von ihren Parteien? Umfragewerte zu Familien, Bildung, Wirtschaft und mehr.

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