SPD in Bayern:Die Volkspartei, die keine ist

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Will Landesvorsitzender der SPD werden: Uli Grötsch. (Foto: Britta Pedersen/dpa)

Im Rennen um den SPD-Landesvorsitz präsentiert Uli Grötsch seine Generalsekretärin in spe: Ramona Greiner. Die junge Digitalexpertin und Feministin soll an seiner Seite den Neustart verkörpern. Doch die Malaise der SPD geht viel tiefer.

Kommentar von Johann Osel

Die SPD ist nicht mehr Oppositionsführerin im Landtag, und so vergeht mittlerweile einige Zeit, bis sie auf eine Regierungserklärung antworten darf. Das tat neulich Fraktionschef Horst Arnold; eine staatstragende Rede, die trotzdem Kritik am Corona-Kurs bot. Im Anschluss betonte er eigens, was ihm ganz besonders wichtig ist - der Betrieb der Volkshochschulen. Überspitzt mag man sagen: Das Klischeebild vom VHS-Lehrer - freiberuflicher Dozent, studierter Soziologe, Cordsakko mit Flicken an den Ellenbogen und verzückter Miene, wenn irgendwo die Internationale angestimmt wird - gehört womöglich zu den letzten Stammwählern der Bayern-SPD.

Derzeit rangiert die SPD in Umfragen näher an der Fünf-Prozent-Hürde als am Status einer halbwegs gewichtigen Kraft. Die Landeschefin Natascha Kohnen wirft hin, ihr Generalsekretär Uli Grötsch hat als erster seine Ambition für die Nachfolge verkündet. Nun hat er seine Generalin in spe präsentiert: Ramona Greiner. Anfang 30, unmissverständlich links, Digitalexpertin, genderbetont redend ("Arbeitnehmer*innen"), feministisch, Vegetarierin.

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Es ist ein raffinierter Schachzug von Grötsch, eine komplementäre Partnerin anzuwerben - als Ergänzung für ihn, der ein pragmatischer, großkoalitionärer Politikhandwerker im Bundestag ist und als Polizist ein SPD-Potenzial im bürgerlichen, womöglich spießbürgerlichen Milieu ansprechen kann. Die Bewerbung ist ehrbar, weitere Kandidaten müssen zeigen, dass sie die Bandbreite abdecken.

Doch: Was bringt das? Die Malaise der SPD lässt sich kaum über Personen lösen. Solidarität, ihr Leitmotiv, mag bitter nötig sein, wirkt aber gestrig in der Gesellschaft mit all ihrer Individualisierung. Andere Parteien beweisen, wie man mit einem Programm flott aufbereiteter Partikularinteressen Erfolg hat. Grötsch und Greiner wollen gleichermaßen attraktiv sein für die digitale Boheme in Städten und den Maurergesellen im Bayerwald. Es ist der Anspruch einer Volkspartei, wie sie die Bayern-SPD nicht ist - und den wohl keine neue Führung einlösen kann.

© SZ vom 02.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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