Klausur in Seeon:CSU erreicht erstmals Parität bei Ministerinnen und Ministern

Abschluss Klausurtagung CSU-Landtagsfraktion

Im Dienste von Bayern und von Markus Söder: Carolina Trautner, Kerstin Schreyer und Klaus Holetschek (von links).

(Foto: Peter Kneffel/dpa)
  • 14 Monate nach der Landtagswahl muss Regierungschef Söder sein Kabinett umstellen. Grund ist die Kandidatur von Verkehrsminister Reichhart bei der Kommunalwahl.
  • Die bisherige Sozialministerin Kerstin Schreyer wird Nachfolgerin von Reichhart.
  • Die bisherige Sozialstaatssekretärin Carolina Trautner rückt auf und wird Sozialministerin.

Von Wolfgang Wittl, Seeon

Bei aller fachlichen, persönlichen und sonstigen Eignung, die Markus Söder seinen frisch bestellten Kabinettsmitgliedern eifrig bescheinigt, ist dem Ministerpräsidenten eines besonders wichtig, genau so sagt er das auch am Ende dieser Pressekonferenz. Zum ersten Mal in ihrer Geschichte erreiche die CSU jetzt Parität bei den Ministerinnen und Ministern, den Regierungschef nicht eingerechnet. Fünf weibliche und fünf männliche Christsoziale werden bald im bayerischen Kabinett sitzen, neben drei männlichen Kollegen von den Freien Wählern. "Es ist mir ein klares Anliegen, heute ein Signal zu setzen", sagt Söder. Angesprochen fühlen dürfen sich in erster Linie die reformunwilligen Kräfte in seiner Partei, zumal nach dem verunglückten CSU-Parteitag im Herbst, als die Basis Söder bei der Ausweitung der Frauenquote die Gefolgschaft verweigerte.

Ein Minister scheidet aus, eine Frau steigt aus der zweiten in die erste Reihe auf: Das ist das Ergebnis der ersten Umbildung in Söders zweitem Kabinett. Bei der Winterklausur in Seeon stellt er der Landtagsfraktion am Donnerstag seine Entscheidung vor. Nachfolgerin von Hans Reichhart im Ministerium für Wohnen, Bau und Verkehr soll Sozialministerin Kerstin Schreyer, 48, werden. Auf Schreyers Stelle rückt die bisherige Sozialstaatssekretärin Carolina Trautner, 58, an die Spitze dieses Hauses auf. Der Staatssekretärsposten im Sozialministerium wandert ins Verkehrsministerium: Ihn wird der Bürgerbeauftragte Klaus Holetschek, 55, übernehmen. Seine Nachfolge ist noch offen.

Bis zum letzten Moment hielt Söder die Personalien geheim. Erst am Abend vorher holte er die betreffenden Kandidaten einzeln zu sich. Nacheinander wurden sie aus dem Kloster-Bierstüberl zu ihm gerufen. Um den versammelten Abgeordneten keine allzu offensichtlichen Hinweise zu liefern, ließ Söder auch Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber zu sich kommen, wie wachsame Beobachter bemerkten. Da soll es kurzzeitig still geworden sein. Vereinzelte Gerüchte, Melanie Huml könne Sozialministerin werden, erwiesen sich ebenfalls als falsch. Huml sei eine "ausgezeichnete Gesundheitsministerin", stellte Söder am Donnerstag klar, eine Umbesetzung "wäre eine Schwächung gewesen".

Eine Stärkung erhofft er sich von seinen Personalentscheidungen. Das Ministerium für Bau, Wohnen und Verkehr sei für ihn "eines der wichtigsten überhaupt", sagte Söder. Nicht ohne Grund formte er die Abteilungen aus dem Innenministerium vor knapp zwei Jahren zu einem eigenen Ressort, das nach Ilse Aigner und Hans Reichhart nun bereits die dritte Führungsspitze bekommt. Schreyer sei durchsetzungsstark, in der Bürokratie und Bundespolitik erfahren, kenne sich als Politikerin aus dem Münchner Umland aus mit den Themen Verkehr und Bahn. Erfahrene CSU-Politiker wunderten sich dennoch über die Personalie. Ob es das richtige Signal an die Fachwelt sei, eine Diplom-Sozialpädagogin zur Bauministerin zu ernennen?

Er habe für die Stelle jemanden gesucht, betonte Söder, der "tough" sei - in Gesprächen mit Kommunalpolitikern oder der Bahn. Sie habe ja viele Schwächen, sagte Schreyer, aber Fleiß und Durchsetzungsstärke gehörten nicht dazu: "Ich kann Lösungen in großer Freundlichkeit entwickeln. Und falls es nötig sein sollte, kann ich die Freundlichkeit auch zurückfahren." Da werden Erinnerungen wach an den früheren Wirtschaftsminister Otto Wiesheu, der einen widerspenstigen Bahnmanager freundlich gewarnt haben soll: Wenn eine bestimmte Sache nicht bald erledigt sei, werde er ihm "eine auf d'Nuss hauen, dass es pfeift". Wie auch immer, Söder hat bereits ein gut gefülltes Auftragsbuch für seine Bauministerin: Die staatliche "Imby", zuständig für die Immobilienverwaltung im Freistaat, soll von Grund auf erneuert werden; die Verkehrsstruktur in Ballungsräumen wie München soll verbessert, der Wohnungsbau innovativer werden.

Mit einem Staatssekretär wertet Söder das Verkehrsministerium zusätzlich auf. Der scheidende Minister Reichhart, 37, der bei den Kommunalwahlen im März als Landrat in Günzburg antritt, musste bislang ohne Staatssekretär auskommen. Diesen Posten bekommt der bisherige Bürgerbeauftragte Klaus Holetschek. Als erfahrener Jurist und langjähriger Bürgermeister sei Holetschek die "perfekte Ergänzung", lobte Söder. Der Schwabe hat vermutlich auch einen Blick auf die neue Außenstelle des Ministeriums, die in Augsburg mit 200 Mitarbeitern aufgebaut werden soll.

Holetschek war sogar als Minister gehandelt worden. Diesen Aufstieg legt nun Carolina Trautner hin, sie wird von der Staatssekretärin zur Ministerin im Arbeits- und Sozialministerium befördert. Sie stammt wie Reichhart aus Schwaben, damit hat Söder den CSU-Regionalproporz gewahrt. "Die Sichtbarkeit in den Bezirken spielt eine große Rolle", gab er zu. Auch die Fraktion wollte er diesmal nicht übergehen. Trautner gilt in der Partei als freundlich und umgänglich, nicht zwingend die wichtigsten Eigenschaften für eine CSU-Führungskraft. Auch Söders Komplimente zielten auf die menschlichen Qualitäten. Trautner verfüge über "große Empathie", sie habe "das Herz am rechten Fleck".

Das Sozialministerium zählt zu den Häusern mit dem größten Haushalt, allein die Familienleistungen seien in den vergangenen Jahren um die Hälfte angestiegen. Die wichtigsten Aufgaben - Familiengeld, Kita-Ausbau, Krippengeld - wurden indes bereits von Schreyer eingeleitet. Er sei "vorsichtig optimistisch", dass Trautner das packe, sagte ein Parteifreund. Sie habe im Sozialministerium ein gutes Team um sich.

Ein paar Themen hat Trautner sich bereits vorgenommen: Gewalt gegen Frauen wolle sie eindämmen, sich um den Kampf gegen Obdachlosigkeit kümmern, um Barrierefreiheit und Verhandlungen in Berlin zur Rentenpolitik. Die Schwerpunkte ihrer Arbeit wolle sie - wie alle anderen Neulinge - noch entwickeln. Überrascht sei sie gewesen, sie freue sich riesig, sagte Trautner. Aber: "Jetzt lassen wir erst einmal Zeit verstreichen, bis ich offiziell ernannt bin."

Am 6. Februar werden Trautner und Holetschek im Landtag ihren Amtseid ablegen, auch Schreyer muss formal bestätigt werden. Zwei Wochen hätten jetzt alle Zeit, sich ausreichend einzuarbeiten, sagte Söder. Dann gehe es richtig los.

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