Corona-Krise:94 Prozent Zustimmung für Söder sind ein Ausnahmezustand

Osteransprache von Ministerpräsident Söder

Söder trifft den Ton, selbstsicher und energisch, aber nie panisch - zuvorderst das besagen die 94 Prozent.

(Foto: dpa)

Noch nie hatte ein Politiker in Deutschland eine so hohe Zustimmung wie der bayerische Ministerpräsident. Das ist ebenso seltsam wie verständlich.

Kommentar von Roman Deininger

Die Corona-Krise ist die Zeit der Zahlen, und eigentlich ist es doch ganz schön, dass zumindest eine verstörende Zahl nichts mit Infizierten oder Toten zu tun hat: 94 Prozent der bayerischen Wähler bewerten die Arbeit von Ministerpräsident Markus Söder positiv. Das steht im Bayerntrend des BR, der wichtigsten Umfrage im Freistaat. Noch nie hatte ein Politiker in Deutschland eine so hohe Zustimmung wie jetzt Söder - jener Mann, der vor nicht mal zwei Jahren ein Scharfmacher im Asylstreit war und eher wundersam seiner Abwahl entging. 94 Prozent, das hätte bislang selbst in den feuchtesten Fieberträumen der CSU etwas maßlos geklungen.

Die Zahl ist bemerkenswert auch, weil sich anderswo durchaus Kritik an Söder regt. Ihm wird vorgeworfen, mit seinem ständigen Vorpreschen die Einigkeit der Bundesländer zu sabotieren. Aber was ist Einigkeit wert, wenn man einig nur in einer suboptimalen Lösung ist? Nun haben viele Bayern stets eine absonderliche Freude daran, wenn die Republik gefühlt mehr in München als in Berlin regiert wird. Dennoch ist die Stunde des Virus schlicht auch die Stunde des Föderalismus: Es ist legitim und sinnvoll, dass Bayern angesichts seiner Nähe zu Österreich schnellere und härtere Maßnahmen ergreift als andere Länder.

Zugleich ist Söder natürlich ein Politiker, der traditionell Abzüge in den Stilnoten verdient. Auch dieser Tage wäre man dankbar, würde er nicht in jedem zweiten Satz darauf hinweisen, wo Bayern wieder am tollsten ist. In drei Jahrzehnten hat er viel dafür getan, sich Misstrauen zu erwerben. Das führt dazu, dass ihm manche bis heute immer und überall die schlimmsten Absichten unterstellen. Also: Selbst in der Krise wolle er sich bloß profilieren, das Kanzleramt fest im Blick.

Dagegen spricht, dass eine Kanzlerschaft in Söders zweifellos ehrgeizigem Karriereplan glaubhaft nicht vorgesehen ist, wenigstens momentan nicht. Anders als Armin Laschet, der CDU-Chef werden will, befindet sich Söder auch nicht im Wahlkampf. Dagegen spricht vor allem: Es muss niemand sein Charakterurteil über diesen Söder ändern, um ihm abzunehmen, dass er - wie wohl jeder andere, der hierzulande politische Verantwortung trägt - in diesen Wochen zuallererst ein großes Sterben verhindern will.

Söders Stärke dabei ist die Kommunikation. Er trifft den Ton, selbstsicher und energisch, aber nie panisch - zuvorderst das besagen die 94 Prozent. Und nebenbei auch, dass man ein paar Fotos mit Schutzmasken nicht gleich für dreiste Inszenierung halten muss. Wenn es gut läuft für Söder, könnte die Krise der Identität stiftende, Vertrauen schaffende Moment sein, der ihm bislang fehlte. Doch die Krise ist ja noch lange nicht vorbei.

Am Ende wird Söder wie alle anderen Regierenden sehr nüchtern daran gemessen werden, wie sie ihre Länder auf das Virus vorbereitet haben: ob es genug Intensivbetten gab oder Schutzmasken. Alles andere wird dann nichtig sein. Und für die Phase des Krisenmanagements, die gerade beginnt, sind die Talente des Machers Söder schon nicht mehr ganz so passgenau - es geht jetzt um die Moderation von Ungeduld und den Ausgleich von Interessen. Ganz mäklerisch könnte man sagen, dass zuletzt bereits seine Einlassungen zum Thema Mundschutz nicht mehr von maximaler Klarheit waren.

94 Prozent, das ist, genau wie die Krise selbst, ein Ausnahmezustand.

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