Beerdigungen und HumorDie Leich und das Lachen sind in Bayern eng miteinander verknüpft

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Auf dem Petersplatz in Rom zeigte Markus Söder vor der Trauermesse für Papst Franziskus in diesem Moment eine ernste Miene.
Auf dem Petersplatz in Rom zeigte Markus Söder vor der Trauermesse für Papst Franziskus in diesem Moment eine ernste Miene. (Foto: Bayerische Staatskanzlei/dpa)

Eine würdige Beerdigung , oft reich an Bräuchen und Ritualen, hält eine Menge Fallstricke bereit. Analog wie digital. Warum das Selfie des Ministerpräsidenten aus Rom für Trubel sorgte – und herzliches Gelächter die Tragik der Beerdigung gar nicht so selten begleitet.

Glosse von Hans Kratzer

Zu beneiden sind all jene Völker, deren Oberhäupter lieber ein freundliches Lächeln zeigen, als die Untertanen mit finsteren Mienen zu drangsalieren. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder lächelt bevorzugt auf Facebook und auf Instagram, was ihm nun aber scharfe Kritik einbrachte. Söder hatte kurz vor der Trauerfeier für Papst Franziskus ein Selfie gepostet, auf dem er neben dem Bundespräsidenten grinst. Er wirkt dabei weitaus entspannter als beispielsweise auf dem Nockherberg. Eine Spur zu fröhlich, würdelos, es fehlte nur noch der Döner – so klang das Gemecker, das auf Söder niederprasselte.

Gewiss hätte auch der Mönch Jorge von Burgos den lächelnden Söder gegeißelt. Dieser fanatische Glaubenseiferer, eine Hauptfigur in Umberto Ecos Mittelalter-Roman „Der Name der Rose“, verachtete jegliches Lachen als ein Zeichen menschlicher Dummheit und göttlicher Abkehr. In den finsteren Ecken des Mittelalters blühte die Humorlosigkeit ganz prächtig.

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Zum Glück gibt es in Ecos Roman auch den Mönch William von Baskerville, der die Meinung vertritt, Glaube, Tod und Lachen gehörten durchaus zusammen. Diese Theorie hat vor allem in Bayern viele Anhänger gefunden, was letztlich eine lebhafte Verknüpfung von Heiterkeit und Vergänglichkeit hervorbrachte.

Recht überzeugend bringt dies der Begriff „a schöne Leich“ zum Ausdruck, der verwendet wird, wenn eine Beerdigung munter und würdig verlief und mit dem nachfolgenden Leichentrunk ein tröstliches und oft sogar lustiges Ende fand. Auch wenn derjenige, der als Leich herhalten muss, das naturgemäß etwas anders sieht. „Was hilft mir a schöne Leich, wenn i da Tote bin“, lautet eine Volksweisheit.

Das Zusammenwirken von Tragik und Lachen ist selten so sichtbar geworden wie bei der Leich (Beerdigung) des alten Bauern von Boxberg im Bayerischen Wald. Als die Trauergemeinde den Dahingeschiedenen daheim abholte, wurde der Sarg nach altem Brauch an der Haustür dreimal abgesenkt. Die Musikanten intonierten einen Trauermarsch und lehnten sich dabei ans Geländer der Holztreppe, das aber schon morsch war und dem Gewicht der Männer nicht standhielt. Also stürzten diese gestreckterlängs in jene Ecke des Misthaufens, die bereits in die Odelgrube ausfranste. Hilflos kugelte die Bläserschar in die trübe Brühe.

Der Einzige, der bei diesem Spektakel die Ruhe bewahrte, war der Tote im Sarg. Ansonsten flossen Trauer und Gaudi nahtlos ineinander, und der Sohn des Verstorbenen verriet im Wirtshaus: „So fest hab i in meim ganzen Leben ned glacht wia auf der Leich’ vom Vatern.“

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