Wer in Weiherhammer ins Hallenbad gehen will, steht vor verschlossenen Türen. So weit, so normal: Im Sommer ist die Einrichtung mit ihrem 25-Meter-Becken geschlossen, als Alternative gibt es den Badeweiher. Im Herbst soll das Bad im Landkreis Neustadt an der Waldnaab wieder wie gewohnt öffnen - doch wird es das auch tun angesichts der aktuellen Energiekrise?
"Nach derzeitigem Stand ja", sagt Bürgermeister Ludwig Biller am Telefon. "Wir sind zum Glück nicht so abhängig von Öl oder Gas", dem eigenen Blockheizkraftwerk sei Dank. Doch Strom werde auch teurer, zudem sei das Hallenbad defizitär: Etwa 130 000 Euro lege man jährlich drauf, "weil wir uns das leisten für die Bevölkerung", sagt Biller. "Es war schon immer unser Ziel, das Bad so lange wie möglich zu erhalten."
Biller hofft, dieses Ziel auch im kommenden Winter zu erfüllen - und er ist damit nicht allein in Bayern. Viele Städte und Gemeinden, aber auch Hoteliers und private Anbieter schlagen sich mit den hohen Energiepreisen, allerlei Versorgungsunsicherheiten und der Frage herum, was das alles für vergleichsweise teure Angebote wie Schwimmbäder bedeuten könnte.
Dabei gehören gerade die kommunalen Bäder im ländlichen Raum, in denen Jüngere das Kraulen lernen und Ältere sich fit halten, zu einer bedrohten Spezies. Etliche von ihnen mussten in den vergangenen Jahren für immer schließen: zu alt, zu teuer. Und jetzt: zu energieintensiv?
Drei Freibäder bleiben offen, aber kalt
Sicher ist, dass die Kommunen sparen müssen und wollen, beim Geld wie bei der Energie. Die Devise: Kleinvieh macht auch Mist. Mancherorts werden deshalb Brunnen abgeschaltet oder nachts Straßenlaternen gedimmt. In Nürnberg rang man sich zu einem besonderen Schritt durch - und machte drei der vier städtischen Hallenbäder zu. Bis Anfang September ist nur noch das Langwasserbad geöffnet, danach bis 25. September nur das Südstadtbad. Die drei Freibäder bleiben offen, laufen aber ohne zusätzliche Beckenbeheizung.

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"Wir müssen uns auf mögliche Einschränkungen der Gasversorgung rechtzeitig vorbereiten", begründete Oberbürgermeister Marcus König (CSU) die Entscheidung in einer Mitteilung. Und Energie verbraucht ein Schwimmbad reichlich. Allein die städtischen Frei- und Hallenbäder in Nürnberg verschlingen pro Jahr rund 9,4 Millionen Kilowattstunden Fernwärme und 800 000 Kilowattstunden Gas.
"Klassisch beheizte Schwimmbäder sind enorm energieintensiv", bestätigt Jan Giersberg von den Stadtwerken Bamberg. Deren Bambados Hallenbad zeigt in diesen Tagen, wie es auch geht: Die Becken und Duschen werden nicht fossil, sondern seit mehr als zehn Jahren mit Holzhackschnitzeln auf angenehme Temperaturen gebracht. Als Rohstofflieferant dienen schnellwachsende Pappeln, die auch noch direkt in Bamberg stehen.
"Die Weitsicht, klimafreundliche Energie zu generieren, zahlt sich aus", sagt Giersberg. Mehr Glück als Kalkül sei es, dass das Hallenbad deshalb nicht oder kaum vom Energiepreis abhängig sei. Für die Bamberger heißt das: Auch im Winter können sie schwimmen und saunieren.
Bei manchen Bädern verpufft die Wärme einfach
Tatsächlich trifft die aktuelle Krise die Kommunen und ihre Schwimmbäder unterschiedlich hart. Die einen haben wie in Bamberg ihr Bad weitgehend abgekapselt vom Energiemarkt, bei anderen sprudelt eine natürliche Warmwasserquelle, bei dritten Erdgas. Und während manche ihre Anlagen in der Vergangenheit sanieren konnten, müssen die übrigen zusehen, wie Wärme durch schlecht gedämmte Rohre und Scheiben verpufft.
Mit den größten Energiesparfaktor bietet dabei laut einer Handreichung der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen die Wassertemperatur: Eine Absenkung um zwei Grad könne den Gesamtenergieverbrauch um bis zu 25 Prozent reduzieren. Ein weiterer kritischer Punkt seien beheizte Ganzjahres-Außenbecken.
Was besonders Spaß macht, kostet besonders viel Energie
Sie verbrauchten auf den Quadratmeter umgerechnet etwa 100-mal mehr Energie als ein gut gedämmtes Wohnhaus. Auch die "Außerbetriebnahme von Attraktionen" wie Großrutschen, Fontänen und Sprudler könne sich auszahlen.
Vor ähnlichen Problemen wie viele Kommunen stehen private Betreiber. In einer Umfrage des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga über die größten Belastungen rangierten die Energiepreise noch vor den steigenden Kosten für Lebensmittel und Personal. "Wir wissen nicht, ob wir unseren Status Quo im Herbst halten können", sagt Hotelchef Florian Lingenfelder vom "Das König Ludwig" in Schwangau. Der Status Quo bedeutet für die Luxusherberge mit Blick auf Schloss Neuschwanstein: ein Wellnessbereich mit 2000 Quadratmeter Schwimmfläche und 21 zu beheizenden Saunen.

Nachwehen der Pandemie:"Corona hat uns dann den Rest gegeben"
Fußballer, Chöre, Trachtler - sie alle mussten zwei Jahre lang ihre Hobbys und damit auch das gesellschaftliche Leben einstellen. Nach der Zwangspause blühen viele Vereine wieder auf, andere schlafen endgültig ein. Eine Stichprobe.
"Wir haben langfristige Gaslieferverträge, die uns hoffentlich durch den Winter bringen", sagt Lingenfelder. Sollten die aufgekündigt werden, wäre das eine "Kostenexplosion in exorbitanter Höhe". Ob diese dann an die Gäste weitergegeben werden, ob weniger geheizt oder Teile des Wellnessbereichs geschlossen werden müssten, sei ungewiss. Unklar ist für den Hotelchef aber auch, ob die Menschen "bei solchen Szenarien im Winter überhaupt die Mittel haben, sich einen Urlaub zu leisten".
Das Thermenhotel Ströbinger Hof im Chiemgau hat sogar eine Energie-Taskforce eingerichtet, um die hauseigenen Sparmaßnahmen zu optimieren. "Wir können im Moment nur auf Sicht fahren", sagt die Marketing-Chefin am Telefon und meint damit neben den Energiepreisen auch den Fachkräftemangel. Teils wird im Hotel nun die Temperatur im Außenbereich reduziert, die Planen werden morgens später von den Schwimmbecken genommen, Saunen kurzfristiger angeheizt, Lichter brennen nur, wenn nötig. Kleinigkeiten, die sich summieren, die "der Gast aber nicht spürt".

Gas-Preise in Bayern:So gehen die Stadtwerke mit der Gas-Krise um
Von null bis 70 Prozent: Die Preissteigerungen bei bayerischen Energieversorgern schwanken stark. Die entscheidende Frage könnte am Ende aber eine ganz andere sein.
Und was, wenn all das Sparen nichts nützt und es im Winter zum befürchteten Gasengpass kommt? Laut einem Papier der Bundesnetzagentur kann es dann je nach Lage "sinnvoll oder gar notwendig" werden, die Versorgung zunächst bei einer "Vielzahl an kleinen, energieintensiven, nicht-geschützten Letztverbrauchern mit geringeren Vorlaufzeiten" fast auf Null zu reduzieren. "Beispiele wären hier Schwimm- und Spaßbäder." Auch in Bayern dürfte das dann etliche Einrichtungen, ihre Mitarbeiter und Besucher treffen.
Ob und in welchem Umfang dieser Fall überhaupt eintritt, weiß freilich jetzt noch niemand. Was allen Prognosen nach trotzdem bleibt, sind die hohen Energiepreise. Eine Art Energiekostenpauschale fürs Hallenbad würde zumindest Weiherhammers Bürgermeister Biller befürworten: Die Eintrittspreise zu erhöhen, um die Mehrkosten aufzufangen, sei keine Alternative.
Viel mehr aber treibt Biller um, was angesichts der finanziellen Belastungen überhaupt aus den Gemeinden werde. Er denke da besonders an die örtliche Schule, die noch mit Gas heizt. "Da", fürchtet Biller, "werden wir die meisten Kostenexplosionen haben."