Digitalisierung:Teuer und ineffizient: Opposition kritisiert digitale Schulverwaltung

Digitalisierungsprojekt an der Robert-Bosch-Fachoberschule für Wirtschaft in München, 2018

"Wir müssen wissen, an was es hakt und was die Schulen in Zukunft brauchen", sagt die bildungspolitische Sprecherin der Grünen, Gabriele Triebel.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Ursprünglich sollte die digitale Schulverwaltung elf Millionen Euro kosten, mittlerweile sind 280 Millionen draus geworden - und das System funktioniert immer noch nicht.

Von Viktoria Spinrad, München

Besonders schlimm wurde es kurz vor den Sommerferien. Zwei Tage, bevor die Schüler ihre Zeugnisse bekommen sollten, ging auf einmal nichts mehr. Das Programm, das doch alles besser machen sollte, meldete Datenfehler. Die Drucker blieben stumm. Wie so oft - egal ob es bei der Übermittlung der Daten an die Schulämter oder der Anmeldung eines Geschwisterkinds ging. "Das ist, wie wenn man ein Auto ohne Fenster und Blinker geliefert bekommt und weitere Teile noch nachkommen sollen", sagt ein Lehrer.

"ASV", heißt das Reizwort dahinter, für "Amtliche Schulverwaltung". Denn das System, das den Schulleitern und Lehrern eigentlich das Leben leichter machen sollte, funktioniert 16 Jahre nach dem Projektstart immer noch bedingt. Gleichzeitig sind die Kosten von elf Millionen auf 280 Millionen Euro gestiegen. Nun fordert die Opposition Aufklärung. "Generalüberholung des gescheiterten Schul-IT-Großprojekts ASV/ASD" ist der überparteiliche Antrag überschrieben, der am Donnerstag im Bildungsausschuss behandelt werden soll.

Konkret fordern Grüne, SPD und FDP darin eine unabhängige Evaluation des Programms. Dazu beitragen sollen auch Systemadministratoren der einzelnen Schulen. Diese sollen der Frage nachgehen, welche Module überholt sind, welche für eine zukünftig reibungslose, benutzerfreundliche Anwendung noch erforderlich sind. "Wir müssen wissen, an was es hakt und was die Schulen in Zukunft brauchen", sagt die bildungspolitische Sprecherin der Grünen, Gabriele Triebel.

Der Oberste Rechnungshof stellte erhebliche Mängel fest

Mit dem Antrag folgen sie und ihre Kollegen der Empfehlung eines Berichts des Obersten Rechnungshofs aus dem Frühjahr. Dieser kann getrost als niederschmetternd bezeichnet werden. Die Mängel beim Projektmanagement seien "erheblich", einschlägige Richtlinien seien "nicht beachtet" worden, Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen für das Gesamtprojekt "nicht durchgeführt", urteilen die Rechnungsprüfer.

Dabei sollte mit dem neuen System alles besser werden, als eben jene Behörde im Jahr 2004 feststellte, dass es Zeit sei für eine ordentliche digitale Verwaltung an den Schulen. Drei Jahre später bekam die ISB AG mit Sitz in Stuttgart den Zuschlag. Schülernamen, Noten, Stundenpläne - all das sollte sich bequem in Echtzeit abrufen lassen. Doch aus der Verwaltungsrevolution wurde ein Millionengrab. Über Jahre hinweg sei das Projekt im Kultusministerium abgenommen worden, obwohl es nicht funktionierte, sagt Matthias Fischbach (FDP): "Haarsträubend" und "unverantwortlich" nennt er das Projektmanagement.

Eine Dreiviertelstunde für eine Rückstellung - "das war vorher ein Klick"

Das Ergebnis der Prozesse lässt sich auf Youtube sehen. Dort hat ein Mann mehrere Erklärvideos für den Umgang mit dem System hochgeladen. In 42 Minuten erklärt er hier, wie man die Information einpflegt, dass ein Schüler die Klasse wiederholt. "Das war vorher ein Klick", sagt der Lehrer, der auch mit den Zeugnissen zu kämpfen hatte.

Kritik, die auch längst im Kultusministerium angekommen ist. Man nehme die Kritik sehr ernst, heißt es. Allerdings basiere der Antrag auf falschen Annahmen. Er verkenne völlig, so ein Sprecher, dass die Software die Schulverwaltungen "in hohem Maße in ihrer täglichen Arbeit unterstützt." Sie sorge dafür, dass die große Fülle schulischer Daten "sicher, mit hoher Qualität und deutlich schneller als früher" statistisch erhoben und ausgewertet werden könne.

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