Besonders schön am Lehrerberuf ist die Kreativität, die Pädagogen erleben. Kunst- und Theaterprojekte, Orchesterproben und das Blockflöten-Banjo-Triangel-Trio auf dem Sommerfest. Wahre Blüten aber treibt die Fantasie der Schüler, wenn sie zu erklären versuchen, wohin die Hausaufgaben verschwunden sind. Übertroffen werden sie oft noch von der Kreativität vieler Eltern, wenn sie sich herausreden, wieso es dieses Jahr nichts wird mit dem Ehrenamt im Elternbeirat, nächstes Jahr, vielleicht, oder übernächstes, bestimmt. Die Bereitschaft, sich ehrenamtlich zu engagieren sinkt, das spüren auch die Schulen.
Was aus Sicht viel beschäftigter Mütter und Väter nachvollziehbar ist, stellt Schulleiter im Freistaat vor Probleme: Zwei Wochen nach dem ersten Schultag müssen die Klassenelternsprecher gewählt werden, binnen sechs Wochen die Elternbeiräte jeder Schule. Das Grundproblem: Öfter als ums Amt rangeln Mütter und Väter darum, nicht ranzumüssen. Dabei geht es um mehr als Kuchenbacken für den Weihnachtsbasar. Der Beirat wird einbezogen, wenn es etwa um Unterrichtszeiten oder Schulveranstaltungen geht. Schulleiter befürchten, dass die Suche nach Willigen durch eine Neuerung in der Schulordnung noch schwieriger wird: Von nun an müssen Mütter und Väter an den 2400 Grund- und 960 Mittelschulen das Amt des Elternsprechers für zwei Jahre statt für nur ein Jahr übernehmen.
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"Wir sind schon froh, wenn wir überhaupt noch Leute finden", sagt der Rektor einer mittelfränkischen Volksschule. Schon jetzt gelte: "Wer kandidiert, wird Elternbeirat, da braucht man eigentlich gar nicht mehr wählen." Problematischer sei, dass die neue Regel die halbe Elternschaft der Grundschule ausschließen könnte: Nur jede zweite Generation von Eltern der ersten Klasse kann im Beirat mitwirken, frisch gewählte Eltern von Viertklässlern fallen nach einem Jahr aus. "Das Ministerium hatte die Grundschulen nicht im Blick", fürchtet der Schulleiter.
Dort sieht man kein Problem: Wenn frühzeitig Nachrücker eingebunden würden, verstärke das die Kontinuität der Elternarbeit. Der Beirat an Grund- und Mittelschulen soll künftig länger und "ohne Unterbrechung durch jährliche Wahlen gemeinsam zusammenarbeiten können". Und Klassenelternsprecher könnten weiter jährlich gewählt werden. Sofern - auch das ist neu - der Beirat deren Amtszeit nicht ändere. Der Zweijahresturnus gilt an Gymnasien und Realschulen schon immer, dort haben Eltern sechs bis neun Jahre Zeit, sich zu engagieren.
Kontinuität sei super, aber die Suche werde bei zwei Jahren Amtszeit nicht leichter, und nachträglich Eltern zu überreden, gelinge nicht immer, sagt auch Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrerverbandes, die lange eine Volksschule in Poing bei München leitete.
Martin Löwe weiß von entsetzten Reaktionen zu berichten. Der Chef des Bayerischen Elternverbands schiebt diese auf die Informationspolitik des Ministeriums: "Das war kurz nach Ferienbeginn extrem ungünstig." Die längere Amtszeit sei im Verband zwar 2016 diskutiert, aber dann nicht umgesetzt worden. Eine Umfrage an Schulen ergab damals ein Patt, der BEV intervenierte daher nicht. Löwe hält die zwei Jahre Amtszeit für eine Verbesserung, die Nachfolge müsse halt bei jeder Wahl mitgedacht werden. Er ist seit 2005 Elternvertreter, seit sechs Jahren Verbandschef. Die Bereitschaft, sich zu engagieren habe deutlich abgenommen, sagt er. Drastisch sei es seit der Reform von 2016: Davor durften nur Klassenelternsprecher in den Elternbeirat. Seitdem darf jeder kandidieren, aber man kenne sich nicht mehr persönlich, das wirke sich negativ auf Wahlbeteiligung und Kandidatensuche aus.