Süddeutsche Zeitung

Außenstelle des Bauministeriums:Home-Office statt Geschäft mit Sauter

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Ein Immobiliendeal, den der Anwalt und CSU-Politiker ausgehandelt hatte, wurde just nach Beginn der Maskenaffäre gestoppt. Die FDP glaubt nicht an Zufall.

Von Andreas Glas und Klaus Ott, München

Wohl dem, der solche Anwälte hat. Am 21. Juli vergangenen Jahres saßen Peter Gauweiler und Alfred Sauter, die sich seit Jahrzehnten aus der CSU kennen und in München gemeinsam eine Kanzlei betreiben, mit ihrer Parteikollegin und Bauministerin Kerstin Schreyer zusammen. Es ging um Baumaßnahmen am staatseigenen Schloss Unterallmannshausen, das in Berg am Starnberger See liegt. Gauweiler und Sauter vertraten einen Mandanten, dem ein Grundstück neben dem Schloss gehört. Die beiden Anwälte wollten wissen, ob eine gemeinsame Bauleitplanung möglich sei, da ihr Mandant ebenfalls Baumaßnahmen plane.

Das Treffen am 21. Juli 2020 hat sich nach Auskunft des Bauministeriums so zugetragen. "Herr Sauter hat am Termin als stiller Zuhörer teilgenommen, für die Kanzlei führte Herr Gauweiler das Gespräch", teilte das Ministerium auf SZ-Anfrage mit. Die erbetene Kooperation sei nicht zustande gekommen, so das Ministerium. Aber immerhin waren Gauweiler und Sauter bis zur Ministerin vorgedrungen. Einen solchen Termin bekommen wahrscheinlich nicht alle der mehr als 25 000 Anwältinnen und Anwälte in Bayern so leicht.

Dass manche Ministerien inzwischen offen Auskunft erteilen über solche Treffen, ist wahrscheinlich der Maskenaffäre um den Landtagsabgeordneten Sauter geschuldet. Der öffentliche Druck ist groß. Und die Opposition im Landtag will ebenfalls genau wissen, wer als Anwalt und zugleich Abgeordneter aus den Reihen der CSU welchen Zugang zu Behörden und Ministerien hatte und was da besprochen wurde. Erste Konsequenzen gibt es bereits. Künftig sollen Parlamentarier, die als Anwälte arbeiten, keine Geschäfte mehr mit dem Freistaat anbahnen dürfen.

Das ist eine der Lehren aus der Maskenaffäre. Sauter hatte geholfen, ein Maskengeschäft einer hessischen Textilfirma mit dem bayerischen Gesundheitsministerium zu arrangieren. Für diesen Deal und weitere Geschäfte flossen 1,2 Millionen Euro an eine Firma, die Sauters Töchtern gehört. Die Generalstaatsanwaltschaft München ermittelt wegen des Verdachts der Abgeordnetenbestechung. Sauter weist das zurück. Wo das juristisch endet, bleibt abzuwarten. Politisch gilt Sauter in der CSU als nicht mehr tragbar. Aus der CSU-Landtagsfraktion ist er, unter großem Druck aus der Partei, am 22. März ausgetreten.

Acht Tage später war ein anderes Geschäft hinfällig, ein Immobiliendeal, den Sauter ebenfalls anbahnen wollte und der bereits weitgehend ausgehandelt war. Die Münchner Immobilienfirma CV GE 21 GmbH wollte ein größeres Objekt in Augsburg, die sogenannten Ladehöfe, an das Bauministerium vermieten. Sauters Kanzlei hatte dem Staatsbetrieb Immobilien Freistaat Bayern (IMBY) im November 2020 in Namen des Mandanten CV GE 21 GmbH einen umfangreichen Vertragsentwurf präsentiert. 15 Jahre Mietdauer ab 2023; 8110 Quadratmeter Bürofläche plus 50 Parkplätze für 203 545 Euro im Monat. Das Bauministerium verlegt Teile seines Ressorts nach Augsburg und suchte im Anschluss an ein derzeitiges Provisorium eine dauerhafte Unterkunft.

Nach mehreren Verhandlungsrunden, an denen Sauter zusammen mit einer Anwaltskollegin teilnahm, sollte laut Darstellung der CV GE 21 GmbH Anfang Mai der Vertrag unterschrieben werden. Von Ministerin Schreyer persönlich. Doch am 30. März entschied die Ministerin, dass wegen der Corona-Pandemie eine "umfassende Neubewertung" des Projekts nötig sei. Und dann auch neu über einen Standort zu entscheiden sei. Weil als Folge der Pandemie auch beim Ministerium mehr Home-Office angesagt ist. Vielleicht braucht es dann ja gar keine 8110 Quadratmeter in Augsburg mehr.

Merkwürdig nur: Die Pandemie hat in Bayern im März 2020 begonnen. Dann läuft trotzdem alles auf einen nicht gerade billigen Mietvertrag für die Ladehöfe hinaus. Und just, als Sauter wegen seiner Maskenaffäre in der CSU in Ungnade fällt und die Regierungspartei nichts mehr mit ihm zu tun haben will, stoppt Schreyer das Projekt; offiziell wegen der Pandemie. Der FDP-Landtagsabgeordnete Sebastian Körber, er leitet den Bauausschuss im Parlament, findet einiges ungewöhnlich an dem ganzen Vorgang. Für den neuen Dienstsitz Augsburg sei zu Beginn der Verlagerungspläne der damalige Baustaatssekretär Klaus Holetschek zuständig gewesen, der aus Schwaben stammt.

Für Körber liegt der Verdacht nahe, dass die Regierung dort Dienstsitze plane, wo die zuständigen Kabinettsmitglieder zu Hause seien. Augsburgs ergibt aus Körbers Sicht keinen Sinn, da das die drittgrößte Stadt Bayerns sei. Die Regierung wolle eigentlich aber Arbeitsplätze in der Fläche schaffen, auf dem Lande draußen. Dieser Widerspruch ist dem FDP-Abgeordneten Körber bereits aufgefallen, als das seinerzeit von Markus Söder geleitete Heimatministerium in dessen Heimatstadt Nürnberg Diensträume bekam. Das seien dann "schöne Bühnen" für die jeweiligen CSU-Politiker in der Wahlkreisen, statt strukturschwächere Regionen und das Land zu fördern, rügt Körber.

Das Bauministerium hatte für den Schwaben und Staatssekretär Holetschek in der Tat bereits ein Büro in Augsburg vorgesehen. Doch dann machte Ministerpräsident Söder, um die Pandemie besser bekämpfen zu können, Holetschek zum Gesundheitsminister. Das Büro für ihn in Augsburg war hinfällig.

Genauso seltsam findet Körber, dass das Bauministerium monatelang mit Sauters Kanzlei verhandelt, der Vertrag für die Ladehöfe unterschriftsreif ist, und dann die Pandemie "vorgeschoben" werde. Die Verantwortlichen hätten vielmehr "kalte Füße bekommen", als Sauters Maskenaffäre immer größer geworden sein, glaubt der FDP-Abgeordnete. "Es ist aus meiner Sicht nicht ehrlich, nun zu sagen, die Pandemie hat neue Erkenntnisse zum Vorschein gebracht." Wenn dem so wäre, sollte die Regierung nicht nur das Bauministerium betrachten. Sondern bei allen Ministerien und Behörden prüfen, was an Home-Office möglich sei.

Ein Vertreter des Ministeriums hat kürzlich im Landtag von einer "zeitlichen Koinzidenz" gesprochen, vor einem Zufall also. Man habe hart verhandelt, wie sonst auch zwischen Mieter und Vermietern. Alles ganz normal. Auf 30 Millionen Euro hätten sich der geplante Mietvertrag am Ende belaufen, so das Ministerium. Da habe es keinen Sauter-Bonus gegeben. Ausschlaggebend seien dann eben die Folgen der Pandemie gewesen, Sauter hin oder her, erklärte das Ministerium im Landtag.

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Quelle:
SZ vom 28.05.2021
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