Cybersicherheit:Prorussische Digital-Attacken gegen Bayern

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Websites und Server lahmzulegen gelten als Teil der hybriden Kriegsführung Russlands (Foto: Thomas Trutschel)

Mehrere Stunden lang war vergangene Woche die zentrale Website der bayerischen Staatsregierung offline. Die Tat hat einen prorussischen Hintergrund, sagt die zuständige Behörde. Und es ist mutmaßlich nicht der einzige Fall der vergangenen Tage.

Von Max Fluder und Matthias Köpf

Der Freistaat sieht sich zunehmend feindlicher, prorussischer Einflussnahme ausgesetzt. Zuletzt machte sich das am vergangenen Donnerstag über eine Cyberattacke bemerkbar, die laut der zuständigen Behörde, dem Bayerischen Landesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (LSI), einen prorussischen Hintergrund hat.

Über mehrere Stunden hinweg war am Donnerstagmorgen die Seite bayern.de nicht aufrufbar. Die Website ist die zentrale und offizielle Seite der Bayerischen Staatskanzlei und damit der Regierung des Freistaats. Es seien keine Daten abgeflossen oder anderweitiger Schaden entstanden, heißt es seitens des LSI.

Neben der Seite der Staatsregierung war auch die Website des bayerischen Digitalministeriums betroffen. Bayerns Digitalminister Fabian Mehring (Freie Wähler) sagt, man nehme Vorfälle dieser Art „sehr ernst“. Es sei wichtig, „dafür in Deutschland endlich die notwendige Sensibilität zu erzeugen und ein Mindestmaß an digitaler Souveränität aufzubauen“. Das bayerische Landeskriminalamt (LKA) teilt der SZ mit, dass auch auf der zentralen Polizeiwebsite Auffälligkeiten festgestellt wurden. Ausfälle waren aber nicht zu vermelden, die Angriffe erfolglos. Derzeit werde dazu ermittelt.

Im konkreten Fall starteten die Angreifer eine sogenannte DDoS-Attacke. Ziel einer solchen Attacke ist es, einen Server und die damit oft einhergehende Website durch eine Vielzahl womöglich schädlicher Anfragen zu überlasten und die Website oder Anwendung zum Absturz zu bringen.

Das bayerische LSI selbst warnt in einem DDoS-Leitfaden, die Gefahr bei einer Attacke liege in „der schieren Masse“. Solche Angriffe seien inzwischen quasi professionell buchbar. Angreifer bräuchten selbst gar nicht mehr das Wissen oder die Technik, um aktiv zu werden. Zusammen mit dem IT-Dienstleistungszentrum des Freistaats wertet das LSI derzeit den Vorfall aus, um die Ergebnisse anschließend der Polizei zu übermitteln.

DDoS-Attacken sind keine Seltenheit. Ebenfalls vergangenen Donnerstag waren die Websites der Stadt Garching und des Landkreises München für mehrere Stunden wegen einer Attacke nicht erreichbar. Die Verwaltung der Stadt Bremen sowie die dortige Polizei wurden am vergangenen Mittwoch attackiert, hierzu hat sich nach Angaben der Verwaltung inzwischen eine russische Hackergruppe bekannt.

Websites und Server lahmzulegen gelten als Teil der hybriden Kriegsführung Russlands. Der Schaden ist teilweise immens, politisch wie wirtschaftlich. Dass der Freistaat nun ausgerechnet während der Münchner Sicherheitskonferenz zum Ziel von Cyberangriffen mit mutmaßlich russischem Hintergrund wurde, könne niemanden überraschen, sagt Digitalminister Mehring. „Schließlich tobt der Kalte Krieg im Netz schon lange.“ Wo immer auf der Welt der ukrainische Präsident auftrete, werde dies von Cyberattacken begleitet.

Doch die russische Einflussnahme in Bayern geht über Cyberattacken hinaus. Zuletzt sah sich die staatliche Immobiliengesellschaft Imby veranlasst, einem im Netz verbreiteten Video über einen angeblichen Verkauf des Kehlsteinhauses entgegenzutreten. Laut dem Clip soll der Freistaat aus Geldnot das weltweit als Adolf Hitlers „Eagle’s Nest“ bekannte Gebäude oberhalb von Berchtesgaden verkauft haben, und zwar über eine Tarngesellschaft in Italien an den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij.

Bei all dem und auch bei den im Video gezeigten Dokumenten und einem Statement von Imby-Geschäftsführer Gerhard Reichel handelt es sich nach Angeben der Gesellschaft „um gezielte Falschinformationen“, gegen die man rechtliche Schritte einleiten werde. Auch diese Falschinformationen stammen offenbar aus Russland. Das Recherche-Portal Correctiv ordnet die Webseiten, auf denen sie erstmals veröffentlicht worden seien, einer einschlägigen russischen Desinformations-Gruppe zu.

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