Wenn es nachts draußen raschelt und knackt, bekommt manch ein Mensch Angst und knipst das Licht an. Licht vertreibt aber nicht nur die Angst, sondern oft auch die Tiere. Zudem bringt viel künstliches Licht in der Nacht den menschlichen Körper durcheinander und kann Studien zufolge das Risiko für viele Krankheiten erhöhen.
Schon erhört wurde der Ruf nach weniger Licht in sogenannten Sternenparks. Vor zehn Jahren, am 7. August 2014, wurde der Sternenpark Rhön im Ländereck Bayern–Hessen–Thüringen errichtet. Es ist kein abgegrenzter Park mit Ein- und Ausgang und auch kein Erlebnispark – auch wenn manche Touristinnen und Touristen das erwarten. Ein Sternenpark ist ein Ort, bei dem die Kommunen auf wenig Licht achten und es Plätze zum Sternbeobachten gibt.
In Deutschland existieren mittlerweile sieben von der internationalen Dark Sky Association zertifizierte Sternenparks und -plätze: Neben dem Biosphärenreservat der Rhön sind das der Naturpark Westhavelland, der Nationalpark Eifel, die Insel Pellworm sowie die Insel Spiekeroog. Hinzu kommen die Winkelmoosalm in den Alpen und die Stadt Fulda.
Die Initiatorinnen und Initiatoren des Parks im Biosphärenreservat Rhön sehen heute auch Nachteile: Touristinnen und Touristen führen auf eigene Faust in für Tiere und Pflanzen sensible Gebiete, teils mit Wohnmobilen und Stirnlampen. Dabei gebe es eigentlich ausgewiesene Sternenbeobachtungsplätze und geführte Erkundungen. Sternenpark-Koordinatorin Sabine Frank spricht von einem Dilemma: „Sternenparks macht man in Gebieten, die noch einigermaßen dunkel sind, doch das lockt mehr Menschen an.“
Dass Sternenparks teilweise missverstanden werden, liegt offenbar an der Kommunikation. „Leute stellen bearbeitete Bilder in den sozialen Medien ein und vermitteln damit einen falschen Eindruck“, meint Andreas Hänel. Der frühere Leiter des Osnabrücker Planetariums macht seit Jahren auf Lichtverschmutzung aufmerksam und ist ein Wegbereiter der Sternenparks in Deutschland. Er meint, durch irreführende Fotos könnten falsche Hoffnungen und Übertourismus entstehen. Tatsächlich zeigen viele Werbefotos von Sternenparks den Sternhimmel über menschenleerer Natur statt über den Beobachtungsplätzen.
Auch für Frank sind diese Fotos nicht der richtige Weg. Sie ist hingegen auf Aktionen wie „Licht aus“ stolz, bei denen Kommunen noch mehr öffentliche Straßen- oder Gebäudebeleuchtung zeitweise abstellen. „Dann kann man den Nachthimmel auch auf Marktplätzen sehen“, so Frank. „Wir wollen, dass die Sterne wieder in die Siedlungen zurückkommen.“ Fotos von weiter Natur bei Nacht haben laut Hänel trotz allem Vorteile: „Sie können die Nacht wieder populärer machen“, meint er. Dass Lichtverschmutzung problematisch ist, sei nach wie vor nicht in der breiten Bevölkerung angekommen.
Lichtverschmutzung betrifft fast die Hälfte der Erdoberfläche
Tatsächlich betrifft Lichtverschmutzung fast die Hälfte der Erdoberfläche, schlussfolgerte im Mai ein Forschungsteam nach der Auswertung von Satellitenbildern. Künstliches Nachtlicht nehme weltweit jährlich um zwei bis zehn Prozent zu. Nächtliche Lichtquellen gibt es viele: Industrieanlagen, Straßenlaternen, beleuchtete Parkplätze, Autoscheinwerfer, Schaufensterlichter und Werbebildschirme, Flutlichter auf Sportplätzen, Häuserlampen und Solarlampen in Gärten, die selbst dann leuchten, wenn die Gartenbesitzer und -besitzerinnen längst im Bett liegen.
Einzelne Sternenparks genügen daher nicht, meint Frank. Vor allem die Gemeinden müssten überzeugt werden, Licht zu reduzieren. Vorbilder gebe es schon, beispielsweise Gütersloh. „Manche Gemeinden haben Angst, Dunkelheit würde sie unterentwickelt wirken lassen“, sagt Franz Hölker, der eine Forschungsgruppe zu Lichtverschmutzung am Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) mit Sitz in Berlin leitet.
Hell beleuchtete Geschäfte und Industriestandorte gelten demnach mancherorts als Demonstration wirtschaftlicher Stärke. Andere Gemeinden haben offenbar Sicherheitsbedenken. Aufgrund von günstigen LEDs beleuchten manche sogar noch mehr als früher – und mehr als nötig. Studien zeigen jedoch, dass Lichtreduktion ohne Risiken möglich ist. Straßenlaternen etwa könnten viel schonender gestaltet werden.
Mehr Dunkelheit in der Nacht wäre gut für die Gesundheit von Mensch und Tier
Auch in der Rhön wurden viele Laternen umgestaltet oder abgeschaltet – laut Frank ohne Zunahme von Unfällen. Das Licht an Bushaltestellen geht nun teils erst mit Bewegungsmelder an. Privatpersonen sollten laut Naturschützerinnen und Naturschützern keine Kugelleuchten verwenden, Garten- und Balkonbeleuchtungen nachts abschalten und Fassaden- oder Pflanzenbeleuchtungen aus ästhetischen Zwecken vermeiden oder zumindest zeitlich beschränken.
Ob Dunkelheit Angst macht oder nicht, sei viel Gewohnheit, meinen Forscher. „Dunkelheit ist nichts Schlimmes, sondern kann sogar beruhigen“, so Frank. Sie beobachtet, dass viele Menschen eher Angst hätten, alleine draußen zu sein, als vor der Dunkelheit an sich. „Die haben auch Angst, wenn sie alleine an einer beleuchteten Bushaltestelle sitzen.“
Wenn die Lichtverschmutzung überall abnimmt, kämen nicht nur weniger Touristinnen und Touristen in die Sternenparks. Vor allem wäre es für die Gesundheit von Menschen und Tieren überall gut. Denn etwa 60 Prozent der Insekten und 30 Prozent der Säugetierarten in Deutschland sind laut Bundesamt für Naturschutz dämmerungs- oder nachtaktiv. Manche Tiere werden durch das Licht verwirrt. Andere trauen sich nicht aus der Deckung.
Bei Menschen sorgt übermäßiges Nachtlicht nicht nur für Schlafstörungen. Es erhöhe auch das Risiko für Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck, Adipositas und Depressionen und schwäche das Immunsystem, schlussfolgerte ein internationales Forschungsteam voriges Jahr in einer Überblicksarbeit im Fachblatt Science. Nicht nur Umweltverbände, sondern auch Humanmedizinerinnen und -mediziner rufen daher dazu auf, das Licht öfter mal auszulassen.
Sternenparks können dafür ein wichtiges Vorbild sein, sagt Franz Hölker. „Dort können Menschen die Nachtnatur wieder kennenlernen, einen Bezug zu ihr bekommen und eventuell erstmals ihre Schutzwürdigkeit erkennen.“