Regionalverkehr in Bayern:Das Grauen aller Pendler

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Wer öfters mit dem Alex unterwegs ist, möchte oder muss danach, davor oder währenddessen emotional aufgefangen werden. (Foto: Wagner/Imago)

Von jetzt an fallen ein Drittel aller Alex-Züge nach Nord- und Ostbayern aus. Auf Fahrgäste warten dunkle Zeiten - ohne Bistrowagen, historische Klos und Tickets im Zug.

Glosse von Deniz Aykanat, Regensburg

Wer regelmäßig die Strecke von München nach Regensburg, Nürnberg oder gar bis nach Hof mit dem Zug fährt, hat sicher schon einmal folgende Szene erlebt: Völlig nass geschwitzter Wochenend-Pendler rennt am Münchner Hauptbahnhof keuchend die Rolltreppe hoch zu den Fernzügen, nietet am Yormas eine Gruppe Salamisemmel-für-einen-Euro-mampfende Pfadfinder um, die gerade von einer bewusstseinserweiternden Fahrt nach Prag zurückkommen.

Er hechtet in den hintersten Waggon, der sich sofort danach in Bewegung setzt, und landet zu Füßen einer Horde Studenten, die im knallvollen Zug auf dem Boden sitzend bis auf den Cent genau Anteile an einem Bayernticket an einen Gruppenleiter auszahlen. Der Pendler lächelt selig, denn er hat einen richtigen Job und die Zeiten solcher Zwangsgemeinschaften längst hinter sich gelassen. Er hat sogar eine Bahncard 50 und will sich mal so richtig etwas gönnen: eine eigene Fahrkarte.

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Doch dann ereilt ihn die Erkenntnis: Er sitzt nicht in einem Alex. Er sitzt in einem Regionalexpress der Deutschen Bahn. Also in einem Fahrzeug ohne Bistrowagen, ohne die Möglichkeit, der eigenen Notdurft dabei zuzusehen, wie sie in den historischen Toiletten bei voller Fahrt auf die Gleise ausgekippt wird - oder Fahrkarten bei der Schaffnerin zu kaufen. Weitere Vorteile gibt es übrigens nicht, aber "der Alex" galt unter Pendlern deshalb als ein ganz kleines bisschen weniger grauenhaft.

Bitte jetzt keine Hinweise auf dieses Internet, in dem man - theoretisch - auch ein Ticket am Handy kaufen kann. Es gibt in bayerischen Regionalbahnen weder Internet noch Netz. Zumindest nicht, sobald der Zug in München die Hackerbrücke passiert hat und damit digitales Niemandsland betritt.

Nun gibt es im Moment das Neun-Euro-Ticket, unser armer Pendler dürfte also schon im Besitz einer Fahrkarte sein. Es stehen ihm trotzdem schlimme Wochen bevor: Ein Drittel aller Alex-Züge wird laut privatem Betreiber entfallen, weil die Mitarbeiter krank oder im Urlaub sind. Wie sollen es Junggesellenabschiede nun nach Tschechien schaffen? Hat daran mal jemand gedacht? Man solle doch auf die Regionalzüge der Deutschen Bahn ausweichen, heißt es vom Unternehmen lapidar.

Aber das vergangene Wochenende hat eh gezeigt, dass Bahnfahrer nicht wählerisch sein dürfen. Pünktlich zum Ende der Arbeitswoche rauschte im Knotenpunkt Landshut ein Güterzug in eine Oberleitung und führte zu arg viel - Achtung Triggerwarnung für Pendler! - Schienenersatzverkehr. Immerhin: Fahrkarten werden da nie kontrolliert.

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