Das Fichtensterben im Frankenwald, die Hitzeperioden in Spessart und Steigerwald, die den Buchen dort übel mitspielen, der Borkenkäfer, der im Fichtelgebirge und im Bayerischen Wald, aber auch in Oberbayern und Schwaben immense Schäden verursacht: Forstministerin Michaela Kaniber (CSU) hat erst neulich auf dem Jahrestreffen des Bayerischen Waldbesitzerverbands wieder die Herausforderungen beschworen, die die Klimakrise für die Wälder in Bayern darstellt. Dabei ist Kaniber auch auf all die Anstrengungen der Staatsregierung für vitale und stabile Wälder in Bayern eingegangen, die vielen Millionen Euro etwa, die der Freistaat für die Umwandlung von Fichtenmonokulturen in artenreiche Mischwälder ausgibt.
In seinem Jahresbericht 2025 nimmt sich der Bayerische Oberste Rechnungshof (ORH) genau diese Anstrengungen vor − und übt heftige Kritik. Das Kapitel mit dem spröden Titel „Finanzmitteleinsatz für den Waldumbau und Vollzug des Jagdgesetze“ bestätigt einmal mehr, was Kritiker aus der Forst- und der Naturschutzszene sagen: Die Staatsregierung verfehlt beim Waldumbau bisher alle ihre Ziele. Und sie gibt unverhältnismäßig viel Geld für teure Pflanzungen aus, statt daraufzusetzen, dass sich die Wälder natürlich verjüngen können. Auch was den Grund für das forstpolitische Scheitern des Freistaats anbelangt, ist sich der ORH mit der Expertenszene einig: In Bayerns Wäldern leben zu viele Rehe und andere Wildtiere, sie beißen die jungen Bäume so zusammen, dass die Wälder nicht von alleine nachwachsen können. Der ORH fordert deshalb „ein angepasstes Wildtiermanagement“. Das heißt nichts anderes, als dass nun auch Bayerns oberste Rechnungsprüfer eine schärfere Jagd in Bayerns Wäldern verlangen.

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Der ORH ist sehr ernsthaft zur Sache gegangen. Schließlich ist Bayern das Bundesland mit den meisten Wäldern, der Flächenanteil des Waldes im Freistaat beträgt gut 35 Prozent. Der ORH hat sich außerdem auf die Förderung des Freistaats für die privaten Waldbesitzer konzentriert, schließlich gehören 56 Prozent der bayerischen Wälder Privatleuten. Und er hat die Förderpolitik sehr gründlich geprüft, über 15 Jahre hinweg, von 2008 bis 2023. In der Gesamtschau zeigt sich, dass der Freistaat all die Jahre seine Ziele verfehlte. So wurde das Umbauziel für das Jahr 2020 erst 2023 erreicht, im eigentlichen Zieljahr war es nur zu 77 Prozent erfüllt. Und mit dem Ziel, das er sich für 2030 gesteckt hat, ist er ebenfalls stark in Verzug.
Bei der Jagd tritt der Freistaat laut ORH ebenfalls auf der Stelle. Die Situation in den Wäldern habe sich seit 2008 zwar zunächst etwas verbessert, heißt es in dem Bericht. Aber seit 2012 sei sie im Grunde genommen unverändert. Der ORH bezieht sich dabei wie die Forstbehörden auf die forstlichen Gutachten. Danach ist seit 2012 der Verbiss der jungen Bäume durch das Wild vielerorts zu hoch, als dass sie dort so nachwachsen können, wie das für vitale Mischwälder nötig wäre. Gleichwohl sträuben sich viele Jäger, schärfer zu jagen. Der ORH kritisiert aber nicht nur die Jäger. Sondern auch die Jagdbehörden, die oft nicht die eigenen Abschussvorgaben gegenüber den Jägern durchsetzen.

Reden wir über Bayern:"Wir müssen von Amts wegen unbequem sein"
Heidrun Piwernetz ist Präsidentin des Obersten Rechnungshofes und somit die Aufpasserin vom Dienst. Warum es bei ihrer Aufgabe nicht nur um Kontrolle geht, was einen ordentlichen Haushalt ausmacht und wie es um ihre Heimat Oberfranken bestellt ist.
Zwar plant Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW), der seit dieser Legislaturperiode für die Jagd in Bayern zuständig ist, aktuell eine Reform des bayerischen Jagdgesetzes. Damit will er den Konflikt um die Jagd zu befrieden, wie er sagt. Aber Aiwanger hat er sich darüber so mit den Waldbesitzern und den Umweltverbänden, aber auch Forstministerin Kaniber und ihrer Verwaltung zerstritten, dass eine Befriedung in weiter Ferne sein dürfte. Zumindest sagen das alle Beobachter.
Der Jahresbericht des Rechnungshofs, dessen Kontrolleure richterliche Unabhängigkeit genießen, wird an diesem Dienstag veröffentlicht. Die Beanstandungen und Empfehlungen kursierten aber bereits am Montag im politischen München. Am Mittwoch soll der Landtag den neuen Haushalt beschließen, Finanzminister Albert Füracker (CSU) musste wegen unvorhergesehener Kosten und der wirtschaftlichen Entwicklung einen Nachtragshaushalt für 2025 vorlegen.
Insgesamt mahnt der ORH in seinem Bericht „Haushaltsdisziplin“ an. Daran änderten auch die geänderten Schuldenregeln im Grundgesetz nichts; die von der wohl künftigen schwarz-roten Bundesregierung angestoßenen Reformen geben auch den Ländern neue, wenn auch vergleichsweise begrenzte Spielräume für eine Kreditaufnahme. Kürzlich schon hatten alle Landesrechnungshöfe in einer gemeinsamen Erklärung betont, dies dürfe die „strukturellen Konsolidierungserfordernisse in den Haushalten nicht untergraben“ − Investitionen in den Etats müssten Vorrang haben, die Verwaltungen ihre Effizienz steigern.
Im Bericht richtet der ORH den Fokus auf zahlreiche Einzelausgaben und kritisiert etwa die Kosten für die bayerischen Grenzpolizei. Die 2018 von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) reaktivierte und seither vielgelobte Grenzpolizei unterstütze nicht nur die Bundespolizei, sondern nehme an den Flughäfen Nürnberg und Memmingen ganz dezidiert Aufgaben des Bundes wahr – ohne Gegenleistung. Die Personalkosten, die sich zwischen 2020 und 2023 auf rechnerisch 42,5 Millionen Euro beliefen, sowie die Sachkosten trage alleine Bayern. Im Abkommen mit dem Bund sei nichts zu Erstattungen verankert. „Das Innenministerium sollte zur Wahrung der Haushaltsinteressen des Freistaates Verhandlungen mit dem Bund über eine Kostenbeteiligung führen“, heißt es im Bericht.

Weitere ausgewählte Aspekte des Berichts: Bei einem Förderprogramm für Kinderwunschbehandlungen, das der Freistaat mit dem Bund seit 2020 finanziert, liege der Anteil der Verwaltungskosten bei 60 Prozent der ausgereichten bayerischen Fördermittel. Zudem haben sich die Prüfer die Kostenentwicklung von drei großen Bauvorhaben an Staatsstraßen angeschaut, in Oberbayern, Niederbayern und Schwaben. Diese wurden im Einzelnen 2,2- bis 4,5-fach so teuer wie zunächst angedacht. Neben den Baupreisen seien „fehlende Kostendisziplin“ sowie Planungsdefizite ursächlich gewesen, es handele sich um „teilweise vermeidbare“ Steigerungen.
In verschiedenen Bereichen wähnt der ORH unzutreffende Angaben in Steuererklärungen – zum Beispiel bei staatlichen Förderungen im Zuge energetischer Sanierungen für Vermieter. Die dadurch verursachten Steuerausfall-Risiken für den Freistaat seien bis zum Jahr 2023 schätzungsweise auf 340 Millionen Euro zu summieren. Ein digitaler Datenaustausch zwischen Förderinstituten und Steuerverwaltung könne Abhilfe schaffen.