Jetzt nicht, dass es gleich wieder heißt: die Bayern und ihr ewiger Aberglaube! Was genau Aberglaube ist und was aber Glaube, das ist ohnehin Definitionssache und hängt also hauptsächlich davon ab, wer das definieren darf. Und definieren klingt da eigentlich auch schon wieder viel zu eindeutig. Denn ganz gleich, ob dieser Tage die von den katholischen Pfarreien zum Spendeneintreiben eingespannten Sternsinger ihre Weihrauchfässer schwingen oder ob die kräuterkramende Bäuerin zur rituellen Reinigung den Kuhstall räuchert: Die Übergänge sind fließend. Und genau um einen solchen Übergang geht es ja jetzt in den Raunächten von Weihnachten bis Dreikönig. In dieser irgendwie nie ganz geheuren Zwischenzeit sollen sich da draußen allerlei furchteinflößende Gestalten herumtreiben. Und dazu dieses Mal auch noch die Wahlkämpfer.
Denn zum „wilden Gjoad“, wie zum Beispiel die raunächtliche Raserei unter anderem des Moosweiberls, des Hahnengickerls, des Raben, des Bären, der Hexe, der Habergeiß und des Riesen Abfalter rund um den mythenmächtigen Untersberg heißt, kommt gerade die wilde Jagd nach Wählerstimmen. Unmittelbar miteinander zu tun haben die beiden wilden Jagden aber nichts. Schließlich bewerben sich da nicht derart fragwürdige Figuren wie Hahnengickerl und Habergeiß um die Direktmandate, von welchen es wegen der jüngsten Wahlrechtsreform neuerdings sowieso viel zu wenige gibt für den Geschmack und Appetit der CSU. Und der Riese Abfalter wurde bei seinen Kampfkandidaturen um einen einigermaßen aussichtsreichen Listenplatz weit nach hinten durchgereicht, trotz seiner wuchtigen Präsenz bei der Aufstellungsversammlung.
Trotzdem könnten auch politisch gerade Raunächte sein. Die sollen ja deswegen so unheimlich wirken, weil es nach menschlichen Maßstäben nicht ganz korrekt zugeht in der Welt und alles eher nachlässig dahin trudelt. Jedenfalls klafft zwischen dem Mondjahr und dem Sonnenjahr eine so große kalendarische Lücke, dass es nur so raucht und räuchert zwischen den Jahren. Und aufgrund eines erst noch verheimlichten und dann trotzdem bald unheimlichen Plans, den eine leicht hahnengickerlhafte Kleinpartei gefasst hat, sind zuletzt eben auch noch die Legislaturperioden in Unordnung geraten. Von der Vertrauensfrage bis zur Neuwahl tut sich eine Zwischenzeit auf, die mit den dafür vorgesehenen Ritualen gefüllt werden muss, um wieder einen Bundestag herbeizuführen. Und immerhin eines ist klar: Bloß beweihräuchern wird da nicht reichen.