Detlef Fischer hat erst vor Kurzem wieder einen Solarpark besucht. Die Sicherheitsmaßnahmen, berichtet der Hauptgeschäftsführer des Verbands der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft, sind dort erheblich verschärft worden. Der Zaun, der um die Anlage führt, ist jetzt oben mit Draht und Haken verstärkt, überall sind Überwachungskameras an Modulen installiert. "Die Anlagenbetreiber rüsten auf", sagt Fischer. "Verbrecher machen um Solarmodule keinen Bogen, bloß weil sie für die Energiewende wichtig sind."
Es wäre auch eine ganz neue Form von Altruismus. Stattdessen werden Täter immer aktiver: In Bayern, das zeigen Auswertungen des Landeskriminalamts (LKA), ist die Zahl der Diebstähle von Solarmodulen in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. 44 solcher Diebstähle verzeichnete das LKA im Jahr 2021, im vergangenen Jahr waren es schon 79. Bis Ende März 2023 sind bereits wieder 16 Diebstähle hinzugekommen. Täter haben es dabei meist auf Solarparks abgesehen, wobei auch Einbrüche in Firmen oder Diebstähle bei Privathäusern zur Statistik zählen. Am Ende, sagt Fischer, bezahlen Stromkunden deshalb höhere Preise, unter anderem, weil die Versicherungen für Solarparkbetreiber steigen.
Der Schaden einzelner Diebstähle beträgt oft 20 000 bis 30 000 Euro - kann aber, wie vor Kurzem in Bubesheim im schwäbischen Landkreis Günzburg, auch mal in die Hunderttausende gehen. In einer Nacht von Donnerstag auf Freitag, berichtete das Polizeipräsidium Schwaben Süd/West am 1. April, entwendeten dort unbekannte Täter mehr als 400 Solarmodule in einem Gesamtwert von etwa 116 000 Euro. Die Polizei geht davon aus, dass zum Abtransport der Module ein oder mehrere Fahrzeuge mit großer Ladefläche oder ein Lastwagen verwendet wurden. Um die Module abzuschrauben, benutzten die Diebe Spezialwerkzeug.
Gerade die Solarparks bieten große Angriffsfläche für Diebe, weil sie meist in Gegenden stehen, die kaum besiedelt und schwer einzusehen sind. Die Krux sei, sagt auch Fischer, dass man sich ja bemühe, die Anlagen gut in die Landschaft zu integrieren. "Oft siehst du die gar nicht." Umso wichtiger sind laut LKA die Sicherheitsmaßnahmen, die allerdings kaum darauf abzielen können, Diebstähle unmöglich zu machen. Vor allem geht es darum, einen Diebstahl so schwer und so umständlich wie möglich zu machen. Je mehr Zeit es Täter kostet, die Module abzuschrauben, zu verladen und abzutransportieren, desto höher steigt das Risiko - und desto eher versuchen es Diebe erst gar nicht.
Die Polizei empfiehlt Spezialschrauben und Durchfahrtsbarrieren
Das LKA rät Scheunenbesitzern zum Beispiel, Anbauten zur Lagerung von landwirtschaftlichem Gerät oder Brennholz sowie andere Aufstiegshilfen auf Dächer zu vermeiden. Vor allem aber richten sich die Kriminalexperten an die Betreiber von Solarparks: Solarmodule und auch im Freien installierte Wechselrichter, die Täter ebenfalls gerne klauen, sollten mit Spezialschrauben befestigt sein, um nicht mit Hilfe von handelsüblichem Werkzeug gelöst werden zu können.
Wie im Fall des schadensträchtigen Diebstahls südlich von Bubesheim benötigen Täter, die wohl meist in Gruppenstärke anreisen, große Fahrzeuge zum Abtransport von Solarmodulen. Das LKA empfiehlt also massive Zufahrtstore sowie natürliche und mechanische Durchfahrtsbarrieren in größtmöglichem Abstand zu Solarparks. Sind die Areale nicht mit Fahrzeugen zu erreichen, ist ein Diebstahl nur noch mit großem Aufwand möglich. Einfache Maschendraht- oder Wildzäune seien letztlich bloße juristisch relevante Grenzen ohne Schutzwirkung. Solarparkbetreiber sollten hier aufrüsten - und auch Überwachungsanlagen in Betracht ziehen, die bei Auffälligkeiten Einsatzkräfte automatisch alarmieren.
"Wir werden mit dieser Art von Diebstählen leben müssen"
Schließlich lohnt es sich laut LKA, jedes Solarmodul einzeln individuell zu kennzeichnen. Und zwar nicht nur, wie es häufig der Fall ist, mit leicht zu lösenden Aufklebern. Wer etwa Gemeindeschlüssel oder Straßennamen dauerhaft markiert, erleichtert aus Sicht der Polizei die Überführung von Tätern und eine Rückgabe des Diebesguts enorm. Detlef Fischer vom Verband der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft fordert Käufer von Solarmodulen auf, bei billigen Angeboten skeptisch zu sein und auf Kennzeichnungen oder Beschädigungen der Module zu achten.
"Wir werden mit dieser Art von Diebstählen leben und lernen müssen, damit umzugehen", sagt Fischer. "Das wird uns bleiben wie der Diebstahl von Autos." Fischer geht davon aus, dass viele der gestohlenen Module ins Ausland verschoben werden, dementsprechend schwierig sei es, die Geräte nachzuverfolgen. Bayern ist bei Weitem nicht das einzige Bundesland, in dem vermehrt Solarmodule gestohlen werden. Grenznahe Bundesländer wie Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Brandenburg sind schon länger betroffen. Fischer sagt: "Das ist ein europaweites Phänomen."