Lebensmittelkontrolle:Kein Rückruf im Eier-Skandal

Lebensmittelkontrolle: Verdorbene Eier sollen von Österreich aus in verarbeiteter Form auch nach Bayern gelangt sein.

Verdorbene Eier sollen von Österreich aus in verarbeiteter Form auch nach Bayern gelangt sein.

(Foto: oh)
  • Die bayerische Firma, die von dem in einem Skandal um verdorbene Eier verwickelten Hersteller Pro Ovo beliefert worden ist, muss ihre Produkte nicht zurückrufen.
  • Es seien "keine schwerwiegenden Mängel" gefunden worden, teilen die Behörden mit.

Von Lisa Schnell

Der mutmaßliche Lebensmittelskandal um verschimmelte und von Maden befallene Eier aus Österreich betrifft auch Bayern. Mindestens ein Unternehmen in Oberbayern gehörte zu den Kunden der niederösterreichischen Firma Pro Ovo, die verfaulte und verdorbene Eier weiterverarbeitet haben soll. Das bayerische Unternehmen soll genau an dem Tag beliefert worden sein, an dem bei Pro Ovo Fotos aufgenommen wurden, die ekelerregende Zustände dokumentieren. Fotos und Liefertabellen wurden der Süddeutschen Zeitung und den Oberösterreichischen Nachrichten (OÖN) zugespielt. Sie liegen zudem einer Strafanzeige bei, die bei der Staatsanwaltschaft München einging und der die Ermittler derzeit nachgehen.

Die Firma in Oberbayern ist der SZ bekannt und bestätigte auf Anfrage, Kunde von Pro Ovo gewesen zu sein. Bis zur Klärung des Sachverhalts wolle man die Firma nicht mehr beauftragen. Zuvor lieferte Pro Ovo pasteurisiertes, flüssiges Eiweiß, das zur Herstellung von Omelette-Rezepturen verwendet wird. Zu den Kunden der bayerischen Firma gehörten "nationale und internationale Gastronomie sowie Lebensmittel verarbeitende Unternehmen".

Da die Lieferung von Pro Ovo vom November 2019 stammt, kann davon ausgegangen werden, dass sie bereits in Umlauf gebracht wurde. Die noch vorhandene Ware aus Österreich wurde vorsorglich gesperrt. Für einen Rückruf sieht das Unternehmen "keinen Anlass" und verweist auf Kontrollen und Laboruntersuchungen.

Nachdem SZ und OÖN berichteten, durchsuchte die bayerische Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (KBLV) die Betriebsräume in Oberbayern. Dabei seien "keine lebensmittelrechtlichen Auffälligkeiten festgestellt" worden, sagte ein Sprecher. Die Ware aus Österreich sei zudem im eigenen Labor untersucht worden, gibt das Unternehmen an. Auch diese Ergebnisse "bestätigten den einwandfreien Zustand des Eiweißes". Bei den unangekündigten Kontrollen, die von der KBLV seit 2018 mehrmals jährlich durchgeführt wurden, seien "keine schwerwiegenden Mängel" gefunden worden, sagte ein Sprecher: "Vorgefundene Mängel wurden durch den Betrieb stets innerhalb der festgelegten Fristen behoben."

Ob Ware zurückgerufen oder die Öffentlichkeit informiert wird, entscheidet zunächst das Unternehmen. Kommt es seiner Verantwortung nicht nach, schalten sich die Behörden ein. Auch diese sehen zurzeit offenbar keine Notwendigkeit für einen Rückruf. Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs zu Ekel-Fleisch muss ein Produkt nicht gesundheitsgefährdend sein, damit die Öffentlichkeit darüber informiert werden kann. Die Herstellung unter ekelerregenden Umständen reicht aus. Unter anderem auf dieses Urteil bezieht sich der SPD-Abgeordnete Florian von Brunn, wenn er eine offensivere Herangehensweise der Behörden fordert.

Die Vorwürfe müssten so schnell wie möglich mit Österreich geklärt werden und dann müsse umgehend die Öffentlichkeit informiert werden, sagt Brunn, denn: "Niemand will ekelerregende Gammel- und Maden-Eier auf dem Teller, auch nicht in verarbeiteten Produkten." Ein Rückruf müsse ebenfalls erwogen werden. "Natürlich möchte ich so was nicht essen", sagt die Grünen-Abgeordnete Rosi Steinberger. Dass ein Rückruf rechtlich möglich ist, bezweifelt sie. Grüne und SPD fordern zudem ein Zertifikat für Eier-Produkte, das über die Hühnerhaltung Auskunft gibt. Pro Ovo wird zudem vorgeworfen, für Produkte, in denen etwa nur Freilandeier verarbeitet werden dürfen, auch Käfigeier verwendet zu haben.

Am Mittwoch äußerte sich das Unternehmen, gegen das in Österreich wegen gewerbsmäßigen Betrugs ermittelt wird, zum ersten Mal zu den Vorwürfen. Diese seien "unrichtig", sagte ein Rechtsanwalt der österreichischen Firma Pro Ovo. Die angeblichen Beweisfotos müssten auf ihre Echtheit geprüft werden. Sofern die Bilder bei Pro Ovo aufgenommen wurden, zeigten sie "gelegentlich erforderliche Entsorgungsarbeiten von Eiern, keinesfalls aber die Verarbeitung von Eiern die für den Vertrieb bestimmt sind". Die Fotos seien "offensichtlich bewusst falsch eingesetzt" worden. Jede von dem österreichischen Betrieb in Verkehr gesetzte Charge werde von einem externen Labor geprüft und mit einem Analysenzertifikat ausgestattet. "Sollte dies nicht positiv sein, erfolgt keine Auslieferung der Ware", sagte der Rechtsanwalt.

Keine Aussage machte er zu dem Mailverkehr, den ein Informant zusammen mit den Fotos vorgelegt hat. Darin berichtet ein Mitarbeiter, dass bei der Produktion "schwarze" Eier und Ware untergemischt worden seien, die ein anderer Kunde als mangelhaft zurückgeschickt hatte. Ein Geschäftsführer antwortet demnach: "Verdorbene Eier haben bessere Backeigenschaften." Ob Pro Ovo noch mehr Kunden in Bayern belieferte, ist noch unklar. Ein Auskunftsersuchen der Staatsregierung wurde von den österreichischen Behörden noch nicht beantwortet.

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