Katholische Kirche:Der kernige Priesterjahrgang von 1951

Symbolbild Priesterweihe

2020 wurden in München zwei Neupriester geweiht, in diesem Jahr fünf.

(Foto: Peter Kneffel/dpa)

Das Jahr war für die Kirche eines mit unerwarteten Folgen. Aus dem damals jungen Mann, der seine Weihe empfing, wurde später ihr Oberhaupt. Überhaupt brachte der Jahrgang so einige besondere Kirchenmänner hervor.

Glosse von Hans Kratzer

Als Joseph Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI., vor 70 Jahren von Kardinal Michael Faulhaber zum Priester geweiht wurde, wehte noch ein strenger katholischer Wind durch den Freistaat. Der bayerische Senat hatte am Tag zuvor das Gesetz zur Errichtung von Spielbanken in Bayern abgelehnt. Durch deren Konzessionierung mache man sich zum Schrittmacher der Unmoral, unkten die Senatoren.

Die Gedanken der Ratzinger-Brüder Joseph und Georg, die gemeinsam ihre Priesterweihe empfingen, kreisten an jenem 29. Juni 1951 wohl kaum um die Spielbanken. Ihre Begeisterung sei ungeheuer gewesen, erinnerte sich der zusammen mit ihnen geweihte Theologe Rupert Berger (1926-2020). Jeder war froh, dem Krieg entronnen zu sein und sich nun seiner Berufung widmen zu können.

Auf einer Gedenktafel sind alle 1951 geweihten Priester der Erzdiözese München-Freising abgebildet. 44 junge Männer, verglichen mit heute eine erstaunliche Zahl. 2020 wurden in München zwei Neupriester geweiht, in diesem Jahr fünf.

Im Jahr 2005, als die Mehrheit des 1951-Weihejahrgangs entweder schon gestorben oder im Ruhestand war, ging es bei Ratzinger erst richtig los. Als er Papst wurde, lebten noch 18 Priester aus seinem Jahrgang. Fünf von ihnen sind übrig geblieben, sie sind alle weit über 90 und dürfen an diesem Dienstag das seltene Jubiläum des 70-jährigen Priesterdaseins begehen. Man telefoniere manchmal, sagt ihr Sprecher Friedrich Zimmermann, leider hören nicht mehr alle gut.

Wie die Tafel erkennen lässt, ragen aus dem Weihejahrgang 1951 kernige Charakterköpfe heraus, die das Gegenteil des gescheiten, aber eher weichen Joseph Ratzinger verkörpern. Exemplarisch sei der spätere Pfarrer von Dorfen, Hermann Eigner, genannt, der keinem Streit auswich, von der Kanzel wetterte und deutlich aussprach, was er dachte. Er hatte begeisterte Anhänger, aber auch erbitterte Feinde.

Ein Bürger, der den Pfarrer Eigner als Speerspitze der Reaktion betrachtete, ging in die Annalen ein, weil er einem Hund drei Pfund Leberkäs spendierte. Es war der Lohn dafür, dass dieser den hochwürdigen Herrn kräftig in den Hintern gebissen hatte. Wenigstens dieses Los ist dem vom päpstlichen Amt genug geplagten Joseph Ratzinger erspart geblieben.

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Gudrun Mann (l) und Ute Schwidden

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