Polizei in Bayern:Corona als Dienstunfall?

Lesezeit: 2 min

Polizisten treffen oft auf Corona-Leugner, bei Demonstrationen zum Beispiel. Wenn sie sich bei einem Einsatz anstecken, soll das als Dienstunfall anerkannt werden, fordert die SPD. (Foto: Angelika Warmuth/dpa)

Bisher wurde in Bayern keine Covid-Infektion eines Polizisten als Dienstunfall anerkannt. Die SPD im Landtag will das ändern.

Von Johann Osel, München

Ist der Freistaat zu streng, wenn Polizisten Corona-Infektionen als Dienstunfall anerkennen lassen wollen? Schon seit vergangenem Jahr wird über diese Frage debattiert. Die Landesverbände der Polizeigewerkschaften DPolG und GdP raten Beamtinnen und Beamten, die sich in Zusammenhang mit ihrem Job das Virus eingefangen haben könnten, zur Feststellung eines Dienstunfalls.

Es geht ihnen um womöglich langfristige Schäden, die jetzt nicht absehbar sind. Wenn ein Dienstunfall nicht als solcher dokumentiert wird, aber ein Beamter später doch Probleme hat oder gar die Frühpensionierung ansteht, gehe es um adäquate Versorgung. Anders als in einigen anderen Ländern wurde bisher in Bayern von Dutzenden eingereichten Anträgen offenbar noch kein einziger bewilligt. Mehrere Klagen sind bei Gerichten anhängig. Die SPD im Landtag macht für Quote null die Regularien verantwortlich und hat am Mittwoch einen Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht.

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"Die Polizei hält in einer weltweiten Pandemie den Kopf für uns hin und hinterher reden wir uns bürokratisch damit heraus, dass doch niemand beweisen könne, sich wirklich im Dienst mit Corona angesteckt zu haben", sagte der SPD-Innenexperte Stefan Schuster in der Debatte. Das sei "ein Armutszeugnis", Polizisten fühlten sich "einfach im Stich gelassen". Damit Anträge nicht mehr "kaltherzig und bürokratisch" abgelehnt würden, sei eine Änderung des Beamtenversorgungsgesetzes nötig. Dort sei Covid-19 einzufügen mit dem Passus, dass ein Dienstunfall vorliege, wenn der Polizist in seiner beruflichen Tätigkeit der Gefahr einer Corona-Infektion "besonders ausgesetzt" war - es sei denn, umgekehrt sei eine Ansteckung außerhalb des Dienstes "eindeutig nachweisbar".

Dienstunfälle würden "hochgenau und intensiv geprüft"

Die beim Landesamt für Finanzen eingereichten Anträge wurden überwiegend abgelehnt, einige sind noch in Bearbeitung. Die SPD sprach laut Auskunft aus Ministerien von 79 Anträgen, die CSU im Landtag nannte am Mittwoch die Zahl von 158. Beim Landesamt hieß es bereits im Frühjahr auf Anfrage der SZ: Potenzielle Dienstunfälle werden gemäß Beamtenversorgungsgesetz "hochgenau und intensiv geprüft", es gehe auch um "Kausalzusammenhänge". So müsse "ein besonderer Ursachenzusammenhang" zwischen Infektion, dienstlicher Tätigkeit und Erkrankung bestehen - zum Beispiel bei vorsätzlichem Anspucken eines Beamten durch einen Infizierten.

Denkbare Ansteckungen etwa auf der Wache, bei Lehrgängen oder beim Sport gehörten dagegen zur "Allgemeingefahr für jedermann" in einer Pandemiesituation. Gerade zahlreiche Ansteckungsfälle 2020 sollen auf einen Sportlehrgang in Eichstätt zurückgehen. In anderen Bundesländern zeichnet sich ein pauschaleres Vorgehen ab. So wurden zum Beispiel bei Schleswig-Holsteins Landespolizei alle bisher fertig bearbeiteten 23 Anträge auf Anerkennung als Dienstunfall bewilligt.

Wolfgang Fackler (CSU) verwies im Landtag darauf, dass man sich "mit Corona überall anstecken kann. Das Virus ist unsichtbar und unberechenbar". Indizien für die Ansteckung innerhalb des Dienstes prüfe das Landesamt, dann sei auch eine Verantwortung des Staates zu erwarten. Der Gesetzentwurf sei aber "nicht praktikabel". Anna Schwamberger (Grüne) nannte die Anerkennungspraxis eine "Schande", Markus Bayerbach (AfD) lehnte es ab, "Gesellschaftsgruppen gegeneinander auszuspielen". Gerald Pittner vom Koalitionspartner Freie Wähler lobte immerhin die Zielrichtung des Entwurfs, auch Wolfgang Heubisch (FDP) will den Vorschlag einer Beweis-Erleichterung ernsthaft diskutieren. Nun soll sich der Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes damit befassen.

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