Das geplante Pflege-Volksbegehren in Bayern ist gestoppt. Der Verfassungsgerichtshof hat die Initiative am Dienstag für unzulässig erklärt. Die gesetzlichen Vorgaben seien nicht gegeben, sagte der Gerichtspräsident Peter Küspert. Mehr als 100 000 Bürgerinnen und Bürger hatten die Initiative "Stoppt den Pflegenotstand an Bayerns Krankenhäusern" unterschrieben, es wurde von einem breiten Bündnis aus Parteien wie Grüne und SPD, Gewerkschaften und Vereinen unterstützt. Doch zu einem Volksbegehren wird es nun nicht kommen.
Die Ablehnung begründete Küspert damit, dass für dieses Politikfeld der Bund zuständig sei. Der Landesgesetzgeber habe da keine Kompetenz, selbst wenn er die Regelungen auf Bundesebene für unzureichend halten sollte. Er dürfe keine "konkurrierende Gesetzgebung" betreiben. Die Initiatoren des Volksbegehrens reagierten enttäuscht, wollen aber keinen weiteren Anlauf starten, wie ihr Sprecher, der Linken-Bundestagsabgeordnete Harald Weinberg, sagte. Das bringe nichts. Man wolle nun vielmehr politischen Druck auf die bayerische Staatsregierung ausüben, um die Personalsituation in den Kliniken zu verbessern.
Entscheidung über Volksbegehren:Keine Zeit, kein Frühstück: Was der Pflegenotstand bedeutet
In Bayerns Kliniken fehlen viele Pflegekräfte. Vier Betroffene berichten davon, was das im Alltag bedeutet.
Nach Angaben der Initiatoren fehlen in Bayerns Krankenhäusern etwa 12 000 Stellen. Die Folgen: überlastete Pflegekräfte, überfüllte Notaufnahmen, zu wenig Zeit für die Versorgung von Patientinnen und Patienten. Um diese zu verbessern, fordern die Initiatoren deshalb mehr Personal im Krankenhaus - und zwar nicht nur auf den Intensiv-, sondern auch auf allen anderen Stationen. Dabei müsse die Personalbemessung "am tatsächlichen Pflegebedarf" ausgerichtet werden und nicht an "willkürlichen Rechengrößen, wie es die Bundesregierung macht".
Auch verlangt das Volksbegehren härtere Hygienevorgaben und strenge Konsequenzen für jene Häuser, die den Personalvorgaben nicht nachkommen - etwa indem personell stark unterbesetzte Stationen geschlossen werden. Die Krankenhäuser sollten künftig verpflichtet werden, den Personalbedarf zu ermitteln und der Staatsregierung zu berichten, ob die Vorgaben eingehalten werden.
Den Antrag auf das Volksbegehren "Stoppt den Pflegenotstand an Bayerns Krankenhäusern" hatte das Innenministerium im April dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt. Auch aus Sicht des Ministeriums war das Begehren gesetzlich unzulässig. Es argumentierte ähnlich wie nun auch der Verfassungsgerichtshof: Bei der Frage der Bemessung des Pflegepersonals habe der Landesgesetzgeber, also Bayern, keine Gesetzgebungsbefugnis. Der Bund habe hierzu "bereits abschließende Regelungen" getroffen. Auch sei es unzulässig, die Frage des Personalschlüssels mit jener der Hygiene in Bayerns Krankenhäusern zu koppeln - wie im beantragten Volksbegehren geschehen. Ähnliche Gesetzentwürfe wurden zuletzt auch in Berlin und Hamburg abgelehnt oder an ein Gericht verwiesen.
Nach Einschätzung der bayerischen Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) geht die Initiave ohnehin an der eigentlichen Problematik vorbei: "Das tatsächliche Problem für die Krankenhäuser besteht vielmehr darin, mehr Pflegekräfte zu bekommen. Und zur Lösung dieses Problems trägt das Volksbegehren nichts bei." Gebe es nicht genügend Nachwuchskräfte, helfe auch die strengste Personalbemessungsregelung nichts. Auch Siegfried Hasenbein, der Geschäftsführer der Bayerischen Krankenhausgesellschaft, lehnt die Initiative ab. "Richtiges Ziel, aber der falsche Weg", sagt er.