Kommunalpolitik:Rücktritt vor der Vereidigung

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Marius Bleek mag seinen Job im Rathaus nicht antreten. (Foto: Georgine Treybal)

Rein lokalpolitisch kann die kleine Gemeinde Pähl im Landkreis Weilheim-Schongau kaum als Dorfidylle gelten. Vielleicht haben die Pähler neulich genau deswegen einen Auswärtigen zum Bürgermeister gewählt. Doch der will jetzt gar nicht erst anfangen.

Glosse von Matthias Köpf, Pähl

Mit Politikern von außerhalb haben sie in Pähl ja ihre Erfahrungen. Manchmal bringen die wenigstens Geld mit, als Förderbescheid etwa oder früher in Gestalt übergroßer Schecks. Oder gleich in bar wie vergangenes Jahr Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger. Der hatte - stets um Transparenz bemüht - möglichst öffentlich eine Klarsichthülle mit 130 Euro aus eigener Tasche an einen Pähler Bauern übergeben, um für ihn ein gemeindlich verhängtes Bußgeld wegen nicht von der Straße geputzter Kuhfladen zu begleichen.

Aiwanger ist da in jeder Hinsicht auf eigene Rechnung unterwegs gewesen. Aber manche auswärtigen Politiker haben sich die Pähler auch selber ins Dorf geholt, indem sie sie zum Bürgermeister gewählt haben. Einer von denen hat 2011 schon nach drei Jahren wieder hingeworfen. Und ein anderer, der Anfang Mai gewählte Marius Bleek, hat sein Amt am Dienstag gar nicht erst angetreten.

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Bleeks Vereidigung und seine Bestellung zum Standesbeamten stehen zwar noch auf der Tagesordnung des Gemeinderats für Donnerstag. Aber die musste beizeiten ausgehängt werden, und da war Bleeks Brief wohl noch unterwegs. Demnach sieht sich Bleek "durch nicht vorhersehbare Umstände dazu gezwungen", auf das Amt zu verzichten.

Vorhersehbar waren die Umstände wohl am wenigsten für einen wie Bleek, der wenig bis gar keine Erfahrungen mit der Pähler Lokalpolitik hatte. Der 29-jährige Polizist aus dem 40 Kilometer entfernten Germering wurde trotzdem gewählt oder genau deswegen. Das sagt wiederum viel über die Pähler Politik, in welcher der Haudrauf Aiwanger wohl noch zu denjenigen mit einem weniger robusten Stil gehören würde. Obwohl er und der nun abgewählte und selbst keineswegs zimperliche Bürgermeister Werner Grünbauer einander in Feindschaft verbunden sind, zählt Aiwanger jedenfalls nicht zu den Verdächtigen, die kurz vor der letzten Ernte Stahlnägel in Grünbauers Maisfeld versteckt haben könnten.

So etwas muss Bleek in Pähl bestimmt nicht befürchten, weil er dort ja gar kein Maisfeld hat. Wie er jetzt in die Pähler Statistik eingeht, ist offen. Seit 1945 gab es sieben Bürgermeister. Die durchschnittliche Amtszeit liegt grob gerundet bei elf Jahren und einem Monat, was Grünbauer knapp übertroffen hat. Bleek senkt den Schnitt entweder drastisch. Oder er zählt einfach nicht.

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