Öffentlicher Dienst:Bayern gibt 33 Millionen Euro für Überstunden aus

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Ein Mitarbeiter erfasst seine Arbeitszeit - und damit auch potenzielle Überstunden - digital an einem Terminal. (Symbolbild) (Foto: Sina Schuldt/dpa)

Ein Bericht des Finanzministeriums im Landtag zeigt aber: Niemand weiß, wie viele Überstunden Beamtinnen und Beamte im Freistaat tatsächlich angehäuft haben.

Von Johann Osel

Der Freistaat Bayern hat vergangenes Jahr 33 Millionen Euro ausgegeben, um Überstunden im öffentlichen Dienst zu vergüten. Das ist im Vergleich zum Vorjahr „nur eine geringfügige Steigerung“ um gut 800 000 Euro und „prinzipiell positiv“ zu bewerten. Dies berichtete eine Vertreterin des Finanzministeriums am Dienstag im Landtag, und zwar im Ausschuss für den öffentlichen Dienst.

Das Problem: Der turnusmäßige Bericht umfasst nur die ausgezahlte Mehrarbeit von bayerischen Beamtinnen und Beamten sowie Angestellten im Staatsdienst, die sich über den Haushalt erfassen lässt – nicht jedoch die tatsächlich geleisteten Überstunden. Der Ausschuss war sich am Dienstag einig: Das Format des Berichts müsse überarbeitet werden, um aussagekräftigere Informationen über die reale Belastung im öffentlichen Dienst zu erhalten.

Der Bericht hob zwei Bereiche hervor: Kultus und Polizei. In den Schulen sind die bezahlten Überstunden demnach leicht gestiegen. Dies liege daran, dass der Personalmangel diesen Bereich besonders treffe, Mehrarbeit werde durch vorhandene Lehrkräfte aufgefangen. Dazu gehörten etwa die Beschulung ukrainischer Flüchtlingskinder und nach wie vor der Ausgleich Corona-bedingter Nachteile. Bei der Polizei gebe es eine „durchaus positive Entwicklung, auf dem hohen Niveau, auf dem wir uns bewegen“, hieß es. Es würden schon länger Maßnahmen ergriffen, um Überstunden zu reduzieren.

2023 hatte das Innenministerium einen „Überstunden-Rekord“ vermeldet, der auch eine Folge des G-8-Gipfels in Elmau war. Damals entfielen zum Stichtag Ende 2022 auf Polizistinnen und Polizisten pro Kopf rechnerisch 98 Überstunden – eine seitdem wieder rückläufige Zahl, wie es am Dienstag im Ausschuss hieß.

Der Bericht der ausbezahlten Überstunden kann in Zukunft nicht mehr dem Landtag erstattet werden. Hintergrund sind „Titelverdichtungen“ im neuen Doppelhaushalt, wodurch die Zahlungen oft nicht mehr sichtbar seien. Das Ministerium räumte zugleich ein, dass schon das jetzige Format den „Wermutstropfen“ habe, keinen umfassenden Überblick über alle geleisteten Überstunden zu geben. Dies liege daran, dass es in den Ressorts „ein heterogenes Bild“ gebe, was Zeiterfassung und auch Verbuchung von Mehrarbeit anbelange – Freizeitausgleich, Ansparstunden, verschiedene Arten von Langzeitkonten.

Die Geldsumme sei schon allein deshalb nur ein Anhaltspunkt, weil Freizeitausgleich in der Regel Vorrang vor Vergütung habe; Auszahlungen beruhten meist auf einer „Sondersituation“. Anders gesagt: Niemand weiß, wie viele Überstunden der öffentliche Dienst in Bayern wirklich angehäuft hat.

Was also tun? „Es geht nicht darum, dass man sagt, die Staatsregierung soll keine Rückmeldung mehr geben über die Überstunden“, befand Ausschussleiter Martin Brunnhuber (Freie Wähler). Womöglich lasse sich „ein Frühwarnsystem“ entwickeln. Ausschuss-Vize-Chef Alfred Grob (CSU) schlug vor, künftig „einige Ressorts gezielt zu durchleuchten“, dabei müsse man „die Bürokratie so klein wie möglich halten“. Jörg Baumann (AfD) mahnte an, speziell bei der Polizei genau hinzuschauen.

Verena Osgyan (Grüne) hält einen allgemeinen Bericht weiterhin für sinnvoll, damit „keine blinden Flecken“ entstünden. Man müsse eine Lösung finden, um ein aufschlussreiches Bild zu erhalten, ohne „zusätzlichen großen Abfragemarathon“. Julia Post (Grüne) zeigte sich verwundert, dass es „so ein großer Kraftakt zu sein scheint“, eine Gesamtübersicht auch der geleisteten Überstunden zu bekommen.

Die Vertreterin des Finanzministeriums hielt es indes „für nahezu ausgeschlossen, da ein einheitliches System zu finden“. Auf jeden Fall würde ein ressortübergreifender Bericht „ein deutliches Mehr an Bürokratie“ bedeuten. Was nach der jüngsten Regierungserklärung von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) zum Bürokratieabbau wohl kaum in die Zeit passt. Brunnhuber kündigte eine Beschlussvorlage des Ausschusses dazu an.

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