Rein äußerlich unterscheidet die beiden Zahnbürsten gar nicht viel. Rot sind sie beide, und die Borsten an den langen Köpfen sind nicht mehr im besten Zustand. Aber es sind auch beide ungefähr acht Jahrzehnte in der Erde gelegen, bis die Archäologen sie ausgegraben haben. Die eine aus einer Wiese bei Schloss Hartheim in Oberösterreich, wo die Nationalsozialisten etwa 30 000 Menschen ermorden ließen, die sie als behindert, als psychisch krank oder aus anderen Gründen als „lebensunwert“ ansahen. Die Zahnbürste muss einem dieser Euthanasie-Opfer gehört haben, sie lag in einer Grube mit anderen Habseligkeiten der Ermordeten – und sie ist angeschmort und verformt von der Hitze der darüber gekippten heißen Asche aus dem Krematorium.
Wissenschaft und Geschichte:Archäologen geben sich Regeln zum Umgang mit NS-Massenfunden
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Das Grauen des Nationalsozialismus liegt Jahrzehnte zurück. Immer noch tauchen vielerorts Überreste auf. Doch wie damit umgehen? Experten aus Bayern und Österreich haben darauf eine Antwort gefunden.
Von Matthias Köpf, Berchtesgaden
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