Der Kringel auf der Rückseite des Handys und die Ladeschale. Der Herd, der nur funktioniert, wenn der passende Topf draufsteht. Das Prinzip Induktion funktioniert immer gleich. Und wird nun in größerem Maßstab in der nördlichen Oberpfalz auch auf die Autobahn gelegt. Denn auch Elektro-Fahrzeuge können induktiv geladen werden.
Dazu braucht es eine Kupferspule unter der Asphaltdecke der Autobahn, die über eine sogenannte Management-Unit an das Stromnetz angeschlossen ist und einen Empfänger, der an einem Elektroauto oder -lastwagen installiert ist. „Bei ausreichender Überlagerung der beiden Spulen wird ein Magnetfeld erzeugt“, erläutert Florian Risch das Prinzip. Er ist Professor für Montagetechnologien elektrischer Energiespeicher an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU).

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Die Spule im Auto nimmt das Magnetfeld auf, wandelt es in Strom um und der wiederum betreibt direkt den Antrieb oder wird zum Laden der Batterie genutzt. „Auf einem Kilometer Straße kann Energie für zwei Kilometer Fahrt geladen werden“, sagt Risch. Die Energieübertragung passiert während des Fahrens. Die Spulen bestehen aus dem Leiter, der den Strom führt, einem Kondensator, der mit der Spule einen Schwingkreis bildet und der Kapselung, die das System quasi einpackt und etwa gegen Feuchtigkeit schützt.
„Immer sechzig Spulen bekommen ihren Strom aus einer Management-Unit, das entspricht auf der Autobahn einer Länge von 100 Metern“, erläutert Michael Masuch, Mitgründer von Seamless Energy, einer der Firmen, die an der Teststrecke mitarbeiten. Die Spulen werden mit hochfrequentem Wechselstrom versorgt und erkennen die Gegenspulen – das bedeutet, dass sie tatsächlich nur dann anspringen, wenn es auch einen Empfänger gibt.
Für Autofahrer hat diese Art der Stromaufnahme den Vorteil, dass sie ihr voll geladenes Fahrzeug nicht leer fahren, sondern unterwegs während der Fahrt regelmäßig Strom tanken können. Diese neue Ladetechnologie könne eine Alternative zu den Ladepunkten sein, an denen die Fahrer anhalten und warten müssen. „Nutzbar ist sie sowohl für Autos als auch für Lastwagen“, sagt Risch.
Ein Konsortium unter Leitung der FAU kooperiert mit der Autobahn GmbH des Bundes, um diese Technologie genauer zu erforschen und alltagstauglich zu machen. Zwischen den Anschlussstellen Amberg-West und Sulzbach-Rosenberg auf der Autobahn 6 wird die Teststrecke derzeit installiert – die Fahrbahn wird auf dem Abschnitt ohnehin gerade erneuert.
Bei der symbolischen Verlegung einer Spule auf dem Teilstück der A 6 unweit der Raststätte Oberpfälzer Alb waren Innenminister Joachim Herrmann und Wissenschaftsminister Markus Blume (beide CSU) voll des Lobes für das Projekt. Eine Vision, die vielleicht schon in einigen Jahren Wirklichkeit sein kann, hießt es da, ein „herausragender technologischer Ansatz“. Der Testbetrieb auf dieser deutschlandweit bislang einzigen Strecke soll im Juli beginnen.
FAU-Präsident Joachim Hornegger ist besonders stolz darauf, dass dieses Projekt in Nordbayern entstanden ist und nicht im Silicon Valley in Kalifornien oder im Fernen Osten. „Wir haben hier kein Denkmodell, sondern einen Feldversuch.“ Noch allerdings ist das Projekt in der Erprobung, ein eCrafter soll künftig Daten auf dem rund 800 Meter langen Teststück auf der Autobahn sammeln.
Bis auch der „normale“ E-Auto-Fahrer von der Technologie profitiert, werden wohl noch Jahre ins Land gehen. Denn die Fahrzeuge müssten mit Spulen unter dem Auto nachgerüstet werden, zudem müssten die entsprechenden Gegenspulen in mehr Straßen eingelassen sein. Das kann sich Risch etwa vor Ampelanlagen in Ballungsräumen gut vorstellen oder auch im Flottenverkehr, etwa an einem Hafen, wo Lastwagen immer auf denselben Strecken unterwegs sind. Ein Auto gibt es auch schon, das über diese Induktionstechnik laden könnte – es ist aber ausgerechnet jenes aus dem Silicon Valley, das in Deutschland nicht verkauft wird.

