Aussterbende Handwerksbetriebe:Fränkische Fleischeslust

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Die fränkische Küche ist ausgesprochen fleischig und vielfältig, wohl am bekanntesten ist aber mit Sicherheit die Bratwurst. (Foto: Daniel Karmann/dpa)

Mehr Vegetarier, Personalmangel, fehlende Nachfolger: In Bayern muss eine Metzgerei nach der anderen schließen, Gründe dafür gibt es viele. In Oberfranken allerdings sieht die Sache anders aus.

Von Johann Osel

Achtung, neue Metzgerei eröffnet! Das klingt zunächst wie ein Witz im Kurzformat. Weiß doch jeder, dass in der Regel das Gegenteil zu vermelden ist: Metzgereien machen landauf, landab dicht. Der Bestand schrumpft gefühlt so rasch und gnadenlos zusammen wie ein Industrieschnitzel in der heißen Pfanne. Die gängigen Gründe: Der Laden rentiert sich nicht mehr angesichts Discountern im Gewerbegebiet oder dem Trend zu weniger Fleischkonsum. Metzgermeister haben keine Lust mehr bei all der Bürokratie oder können die Modernisierung ihrer alteingesessenen Betriebe nicht stemmen. Oft finden sie auch keinen Nachfolger oder davor schon keine Mitarbeiter und Azubis mehr für Handwerk und Verkauf.

Den Satz mit der Neueröffnung gibt es aber tatsächlich immer wieder mal zu lesen – und zwar in Zeitungen in Oberfranken. Sei es, dass tatsächlich neue Metzger an den Start gingen oder einst aufgegebene Geschäfte doch irgendwie reaktiviert werden konnten. Wer in Oberfranken lebt oder gelebt hat, ist indes nicht verwundert angesichts der Fülle lokaler Fleischeslust, nur eine Auswahl: Bratwürste diverser Machart, Schäuferla natürlich, Sauerbraten (wobei beim Braten allgemein das Fleisch fast nur die Nebenrolle spielt zu Klößen und Soße), grobe Leberwurst, Rotwurst und Schwarzschinken, Zwetschgenbaames (ein herrlicher geräucherter Rinderschinken in dünnen Scheiben), generell alles, was auf eine gute Hausmacherplatte gehört, Blutwürste bei passender Jahreszeit noch dazu, auch Gänse, Göckerla, Ziegen sogar, zur Kerwa werden die gern mal serviert. Da braucht man halt Metzger.

Als hätte es da noch weiterer Beweise bedurft, kommt nun die Landtagsdrucksache 19/2815 daher – es ist eine im August veröffentlichte Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der SPD-Fraktion. Wie steht es in Bayern um das Lebensmittelhandwerk? Die Antwort: schlecht, zumindest beim Unterpunkt Metzgerbetriebe. Deren Zahl im Freistaat ist binnen zehn Jahren klar gesunken. Gab es Ende 2013 bayernweit noch 4188, waren es zum Stichtag zehn Jahre später nur 3572, minus 15 Prozent. Ein Rückgang in allen Regierungsbezirken, der größte findet sich in München und Oberbayern, minus 28 Prozent, der geringste übrigens in Schwaben. Nur bei Oberfranken steht da ein Plus: 573 Metzgereien Ende 2023 statt 547 im Jahr 2013, plus fünf Prozent. Die Zahlen bergen gewisse Unsicherheiten, so müssen sich seit ein paar Jahren auch Fleischtheken in Supermärkten unter Umständen in die Handwerksrolle eintragen.

Dennoch steht amtlich fest: Oberfranken trotzt dem Trend des Metzgereien-Sterbens. Warum? Zur Erklärung vielleicht der Auszug aus einer Glosse, die mal im Magazin Echt Oberfranken stand. Es ging um eine Metzgerei, die im Dezember Geschirrtücher verschenkte, Aufdruck: „Wir wünschen fleischige Weihnachten!“ Was nicht ohne saftige Beschwerden ablief: „Früher gab’s oft so schöne große Pressack-Kugeln!“

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