Der Plan von Grünen und SPD, in einer Arbeitsgruppe einen Untersuchungsausschuss zum Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) vorzubereiten, stößt bei den anderen Fraktionen auf eher verhaltene Reaktionen. Am Mittwoch, zum zehnten Jahrestag der Enttarnung der Terrorzelle, hatten Cemal Bozoğlu (Grüne) und Florian Ritter (SPD) auf die "zahlreichen ungeklärten Fragen, die sich immer noch um den NSU-Komplex ranken", verwiesen und das Ziel eines U-Ausschusses in Aussicht gestellt. Für dessen Einsetzung braucht es ein Fünftel aller Abgeordneten, dies würden die beiden Fraktionen erfüllen - sie wollen aber einen Fragenkatalog verfassen und um möglichst breiten Konsens werben.
Hintergrund ist auch die Petition "Kein Schlussstrich", initiiert von Opfervertretern. 2012 und 2013 hatten sich Abgeordnete bereits einmal mit dem NSU beschäftigt, der allein in Bayern fünf Menschen mit ausländischen Wurzeln ermordete.

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"Ich habe natürlich Verständnis für das Bedürfnis der Angehörigen der Opfer, die noch offenen Fragen aufzuklären, um mit diesen schrecklichen Straftaten auch ein Stück weit abschließen zu können", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU, Tobias Reiß, am Donnerstag der SZ. "Wir haben aber tatsächlich Zweifel, ob ein zweiter Untersuchungsausschuss nach der umfangreichen Untersuchung in den Jahren 2012 und 2013 hier neue Erkenntnisse zu Tage fördern könnte."
Ähnlich sieht das Florian Streibl, Fraktionschef des Koalitionspartners Freie Wähler: "Grundsätzlich stellen wir uns nicht gegen einen Untersuchungsausschuss und befürworten jegliche Aufklärung." Allerdings habe es den ersten U-Ausschuss und einen sehr intensiven Strafprozess gegeben; es komme nun darauf an, was ein neuer Ausschuss "insbesondere nach doch langer Zeit Neues ermitteln" könne.
Die AfD ist von der Einladung ausgenommen
FDP-Fraktionschef Martin Hagen sieht die vollständige Aufklärung des NSU-Komplexes als "eine Daueraufgabe". Seine Fraktion sei aber "skeptisch, ob ein weiterer parlamentarischer Untersuchungsausschuss das geeignete Mittel ist - davon gab es auf Bundes- und Landesebene ja bereits mehrere. Wir werden uns aber guten Argumenten nicht verschließen". Die AfD ist von der Einladung seitens Grünen und SPD ausgenommen. Dabei würde sie das Gremium nicht pauschal ablehnen.
Uli Henkel, Münchner Metropolbeauftragter der AfD, sagt: "Generell würde ich mich dem Versuch von Aufklärung nie verschließen - sofern die Intention nicht darin besteht, den Ausschuss zu instrumentalisieren, womöglich mit irgendwelchen Unterstellungen gegen meine Partei."
Der grüne Rechtsextremismus-Experte Bozoğlu verweist auf Erkenntnisse, die erst nach dem ersten Ausschuss bekannt wurde, offene Fragen gebe es etwa auch zum Einsatz von V-Leuten sowie zur Ausspähung der Opfer mit denkbarer Hilfe neonazistischer Strukturen in Bayern. Noch in diesem Jahr soll der Fragenkatalog vorliegen, der Ausschuss müsse möglichst rasch kommen - sodass für dessen Arbeit ausreichend Zeit in der Wahlperiode bleibe.