Novelle des Bayerischen FeuerwehrgesetzesWenn der Notruf falsch auslöst, kann das bald teuer werden

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Die Feuerwehr ist dank E-Call rasch an der Unfallstelle und befreit den eingeklemmten Fahrer, wie hier bei einem Unfall in Olching.
Die Feuerwehr ist dank E-Call rasch an der Unfallstelle und befreit den eingeklemmten Fahrer, wie hier bei einem Unfall in Olching. (Foto: Feuerwehr)

Smartwatch, E-Call, Hausnotruf: Automatisierte Notrufsysteme geben manchmal Fehlalarm. Künftig können Autohalter und Smartwatch-Besitzer dafür zur Kasse gebeten werden.

Von Nina von Hardenberg

Wenn er funktioniert, kann der E-Call Leben retten. Das automatische Notrufsystem, das seit 2018 in neuen Autos pflichtmäßig verbaut sein muss, stellt bei Unfällen automatisch eine Sprachverbindung zum Notruf 112 her. Gleichzeitig sendet es präzise Daten, wo sich das Unfallauto befindet und wie schwer etwa der Aufprall war. Die Leitstelle kann die Einsatzkräfte also genau lotsen, ohne sich auf die Angaben aufgeregter Zeugen verlassen zu müssen. Das spart Zeit, die lebensrettend sein kann.  Andererseits kostet die neue Technik die Rettungskräfte auch einiges an Zeit. Denn immer wieder gibt der E-Call Fehlalarm. Solche unnötigen Einsätze sollen die Kommunen künftig in Rechnung stellen dürfen.

Die Anzahl ausgelöster Fehlalarmierungen in Bayern durch E-Calls sei seit 2020 von 65 auf 1214 im Jahr 2023 angestiegen, „ein Anstieg um das 17-fache“, heißt es in dem Gesetzesentwurf zur Novelle des Bayerischen Feuerwehrgesetzes, der kommende Woche in erster Lesung im Landtag beraten werden soll. Diese Fehlalarme seien inzwischen „eine erhebliche zusätzliche Belastung“, erklärt eine Sprecherin des Innenministeriums der SZ. Und zwar sowohl für die Feuerwehrleute in Bayern, die weit überwiegend ehrenamtlich tätig seien, als auch für die Arbeitgeber, die bei ihnen beschäftigte ehrenamtliche Feuerwehrleute freizustellen haben, wenn sie alarmiert werden. Genauso sieht das auch der Bayerische Feuerwehrverband: Es sei sehr ärgerlich, wenn Einsatzkräfte vergebens ausrückten. Wenn keine Sprechverbindung zustande komme, müsse man von Unfall ausgehen und die Rettung alarmieren.

Wenn die Technik im Auto in Zukunft spinnt oder vielleicht ein Kind auf dem Parkplatz mit dem Notfallknopf spielt, kann es für den Fahrzeughalter also teuer werden.  Für einen fälschlich ausgelösten Einsatz durch E-Call ist im Durchschnitt mit Kosten von rund 150 Euro zu rechnen, heißt es in dem Entwurf. Und es trifft nicht nur die Autofahrer: Zahlen sollen auch Besitzer eines Smartphones oder Hausnotrufs, wenn diese fälschlicherweise Alarm schlagen.

Tatsächlich gebe es Fälle, in denen ein einsamer Mountainbiker versehentlich die ganze Bergrettung losschicke, berichtet ein Sprecher des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK), das in Bayern acht Leitstellen betreibt. Wer mit dem Mountainbike im vollen Tempo den Berg herunterrase, merke mitunter nicht, dass sein Telefon die Rettung alarmiere. In der Leitstelle hören sie ihn dann vielleicht ächzen und wissen nicht, ob das der Anstrengung oder einer Verletzung geschuldet ist. Er wirbt deshalb dafür, Smartwatch-Nutzer auf dieses Problem hinzuweisen. Grundsätzlich aber sei die Technik ja genau für diese Situation entwickelt worden: um Menschen zu retten, die allein unterwegs sind und in Not geraten.

Beim BRK sind sie auch unglücklich über die pauschale Kritik an den Hausnotrufen. Die Notrufdienste prüften bei Eingang eines Alarms vielfach nicht, ob tatsächlich eine Gefahr bestehe, sondern setzten generell einen Notruf bei der Integrierten Leitstelle ab, heißt es in dem Entwurf. Beim Notruf des BRK, der gerade großflächig mit einer Plakat-Kampagne für sich wirbt, sei das anders. Wer dort den roten Knopf am Armband drücke, werde an eine regionale Hausnotrufzentrale des BRK geleitet, die jeden Fall prüfe. Ist ein alter Mensch nur von der Toilette gerutscht, weiß sich nicht aufzuhelfen, ist aber unverletzt, schicke der BRK eigene Helfer vorbei oder alarmiere in Absprache Nachbarn oder Verwandte. In den wenigsten Fällen müsse die Rettung gerufen werden. Man sehe sich also als Teil der Lösung, nicht des Problems, so der Sprecher.

Die Novelle des Feuerwehrgesetzes sieht Änderungen auch für die Feuerwehr selbst vor. Demnach können Ausbilder künftig für ihre Arbeit eine Entschädigung erhalten, die die Landkreise zahlen können. Außerdem soll die Altersgrenze beim ehrenamtlichen Feuerwehrdienst von derzeit 65 auf 67 Jahre angehoben werden. Die ursprünglich vorgesehene Möglichkeit, die aktive Dienstzeit im Einzelfall noch weiter zu verlängern, wurde hingegen verworfen. Die SPD im Landtag begrüßt den Entwurf, der vieles enthalte, was man seit Langem fordere. Bei der Altersregelung habe man sich aber eine flexiblere Regelung gewünscht, sagte die SPD-Landtagsabgeordnete Christiane Feichtmeier.

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