Wer den Wilden Westen sucht, der findet – und wenn's nur ein Plätzchen in Europa ist, das irgendwie nach Wilder Westen aussieht. Das war schon so, als die Verantwortlichen in den 1960er-Jahren nach Drehorten für die Winnetou-Filme Ausschau hielten und schließlich in Kroatien landeten. Da wurde der Fluss Zrmanja zum Rio Pecos oder Colorado und einer der Plitvicer Seen zum Silbersee. Kein Ding, so ist das eben, wenn Europäer „Cowboy und Indianer“ spielen.
Wenn Hollywood einen Western oder etwas Westernartiges drehen will, haben die Macher derlei Drehort-Tricksereien natürlich nicht nötig. Warum auch? Die Original-Schauplätze liegen quasi vor der Haustür. Um einen Film zu drehen, der – sagen wir mal – im US-Bundesstaat Oregon der 1930er-Jahre spielt, sucht man sich die passende Kulisse eben in Oregon. Von Hollywood ist es in den nördlichen Nachbar-Bundesstaat von Kalifornien für amerikanische Verhältnisse nur ein Katzensprung. A gmahde Wiesn, wie man in Bayern sagt. Denkste!
Die Produzenten des Streifens „The Weight“ mit den Hollywood-Größen Ethan Hawke und Russell Crowe, der 2026 in die Kinos kommen soll, haben offenbar weniger Sinn für bayerische Ausdrucksweisen, dafür umso mehr für bayerische Landschaften. Dieser Tage ist die Film-Crew in der Gegend um das niederbayerische Viechtach unterwegs. Die dortige Umgebung, etwa entlang des Regen, ist zwar eigentlich als „Bayerisch Kanada“ bekannt, aber zur Not geht sie auch als „Bayerisch Oregon“ durch.
Die Geschichte des Historiendramas „The Weight“ spielt im Jahr 1933 in einem Arbeitslager in Oregon, für das Bereiche der Westernstadt Pullman City in Eging am See, ebenfalls in Niederbayern gelegen, als Kulisse dienen. Es geht um einen Häftling, der nach dem Tod seiner Frau um das Sorgerecht für seine Tochter kämpft und unter der Herrschaft eines skrupellosen Aufsehers in einen riskanten Goldschmuggel verwickelt wird. All das wird jetzt größtenteils im vergleichsweise kleinen Niederbayern gedreht, das somit die Schauplätze im großen Amerika ersetzt.
Wobei dieses Zusammenspiel, abgesehen von landschaftlichen Ähnlichkeiten, nicht so weit hergeholt ist: Bei „The Weight“ handelt es sich um eine deutsch-amerikanische Co-Produktion – gefördert mit zwei Millionen Euro aus dem Film-Fernseh-Fonds Bayern. Da ist es fast naheliegend, dass das Amerika, das gerade zum wiederholten Mal „great again“ werden will, von einem Landstrich im Bayerischen Wald gedoubelt wird. Vielleicht wird der dadurch ja auch great. So ein bisschen zumindest.

