Wer Landshut hört, der denkt dabei vielleicht an die Martinskirche, deren Turm mit seinen 130,1 Metern der höchste Kirchturm Bayerns und gar der höchste Backsteinturm der Welt ist. Oder an den Zweitligisten EV Landshut, der aktuell zwar weder in Bayern noch in der Welt ganz vorne mitmischt, sich dank seiner erfolgreichen Vergangenheit und der nach wie vor vorbildlichen Jugendarbeit aber nachhaltig einen Namen im deutschen Profi-Eishockey gemacht hat.
Und sicher denken nicht wenige an die „Landshuter Hochzeit 1475“, die es – noch – nicht zu einer Veranstaltung von Weltrang geschafft, aber sich als immaterielles bayerisches und deutsches Kulturerbe auf Landes- und Bundesebene großes Renommee erworben hat. Heuer jährt sich die Vermählung zwischen Herzog Georg dem Reichen und der polnischen Königstochter Hedwig, die die „Förderer“ im Vier-Jahres-Rhythmus aufführen, zum 550. Mal. Der Verein nahm das zum Anlass, mit der Veröffentlichung des Buches „Landshuter Hochzeit 1475 – Leidenschaft. Kultur. Erbe.“ dem Großereignis ein Denkmal zu setzen. Und ein kleines bisschen auch sich selbst.
Während die „Förderer“ in früheren Jahren Bildbände im Rückblick auf vergangene Aufführungen herausgegeben hatten, gewähren sie mit dem aktuellen, sehr aufwendig gestalteten und 280 Seiten starken Hardcover-Band auch einen Blick hinter die Kulissen des historischen Spektakels. Sie geben Einblicke in den Verein sowie in das Vereinsleben, stellen ihre Veranstaltungen vor und das große ehrenamtliche Engagement der Mitglieder heraus. Zudem versorgt das Buch alle, die sich für die Landshuter Hochzeit interessieren, mit dem nötigen geschichtlichen Hintergrundwissen – auch über den Förderverein selbst, der das historische Dokumentarspiel seit 1903 aufführt.
Auch diesmal sind die ausdrucksstarken, großformatigen Bilder wesentlicher Bestandteil des Buches. Die Fotos, für die neben weiteren Fotografen hauptsächlich Laila Frank verantwortlich zeichnet, bilden das Gerüst des Bandes. Doch dieser ist mehr als das. So versteht sich das Buch nicht nur als „Hommage an die Landshuter Hochzeit 1475 und die unermüdlichen Bemühungen unseres Vereins, die Geschichte und Tradition unserer Stadt zu bewahren“, wie Vorsitzender Stefan Feigel in seinem Vorwort schreibt. Sondern es beschreibt unter anderem auch den komplexen Weg, den es bis zur Aufnahme in die nationale Liste des immateriellen Kulturerbes im Jahr 2018 zu bewältigen galt.

Landshuter Hochzeit:Wie die Ritter bis 2027 rostfrei bleiben
Das Zeughaus für die Landshuter Hochzeit, eines der größten historischen Feste Europas, wird derzeit bei laufendem Betrieb aufwendig umgebaut. Dabei gilt es, mit den Requisiten behutsam umzugehen – nebenbei laufen die Vorbereitungen für das Burgfest zum 550. Jubiläum.
Dazu gibt es in der Publikation ein Interview mit dem Vorstandsmitglied Klaus Timmer, auf dessen maßgebliche Initiative hin die Aufnahme ins nationale Kulturerbe-Verzeichnis betrieben wurde. Einen Gastbeitrag liefert Daniel Drascek, Professor am Lehrstuhl für Vergleichende Kulturwissenschaft an der Universität Regensburg.
Die Landshuter Hochzeit, eines der größten historischen Feste Europas mit 2500 Mitwirkenden und mehr als einer halben Million Besucher in der jeweils dreiwöchigen Aufführungszeit, mache „einen wesentlichen Bestandteil der lokalen kulturellen Identität aus“, so Drascek. In Landshut werde zudem „auf einer gut dokumentierten spätmittelalterlichen Quellenlage und einer intensiven Forschungsarbeit basierend ein sehr hoher Anspruch auf eine möglichst fundierte Rekonstruktion des Hochzeitsgeschehens und der dabei verwendeten Requisiten erhoben“.


Er verweist auf den immensen Aufwand, der bei Kleidung, Instrumenten, Waffen und Fortbewegungsmitteln betrieben werde – nachgebaut nach historischen Abbildungen und seltenen Originalen. Veranschaulicht wird das in dem durchgängig in Deutsch und Englisch verfassten Buch durch zahlreiche Unterkapitel, die sich allen Facetten des Dokumentarspiels und der Vereinsarbeit widmen.
Darin geht es etwa um die Herstellung der Kostüme und wertvollen Rüstungen, die zeitgemäße Musik, also den „Sound von 1475“, das Handwerk im Zeichen der Zeit, die Kulinarik oder die Herausforderung, ein authentisches Lagerleben des Mittelalters mit möglichst unsichtbarer moderner Technik unter einen Hut zu bekommen. Einen Fokus legt das Buch auch auf den Einsatz der vielen Menschen, die die Landshuter Hochzeit erst möglich machen – etwa Schneiderinnen, Musiker, Reiter, Handwerker und die vielen engagierten Helferinnen und Helfer im Hintergrund.

Unabdingbar mit der Großveranstaltung verbunden ist der Erhalt der historischen Landshuter Altstadt, der nicht umsonst in der Satzung der Förderer als Vereinszweck verankert ist. Ein Aspekt, dem sich Vorstandsmitglied und Historiker Benedikt Schramm in einem Kapitel ausführlich widmet. Ohne das einzigartige Ensemble der Landshuter Altstadt, so schreibt er, seien die Aufführungen „nicht vorstellbar, die Grundidee des Festes ist auf das Engste mit der gebauten Umgebung verbunden“.
Schramm war es auch, der zusammen mit Projektleiter Alexander Truhlar maßgeblich an der Entstehung des Buches beteiligt war. Erstmals, und das ist das Besondere an dem Band, suchten sich die Förderer keinen externen Profi aus den Bereichen Wissenschaft, Kultur oder Medien, sondern nahmen das Projekt selbst in die Hand. Tatkräftige Stützen des Redaktionsteams waren dabei auch Ulrike Aigner und Carolin Kossin. Das Resultat kann sich sehen lassen. Auf die Frage, die man sich im Vorstand laut Truhlar zu Beginn des Buchprojekts stellte – „Können wir das nicht selber machen?“ – gibt es eine klare Antwort: Ja, sie können das.
Die Förderer e.V.: „Landshuter Hochzeit 1475 – Leidenschaft. Kultur. Erbe.“, Verlag Attenkofer 2025, ISBN 978-3-947029-72-3

