Kein Geld für Feldhamster und Wiesenweihe:Naturschützer beklagen 18-Millionen-Euro-Lücke

Lesezeit: 3 Min.

Für den Schutz des Feldhamsters fehlt jetzt plötzlich das Geld, sagt der LBV. Die Art ist wie viele andere heimische Tier- und Pflanzenarten in Bayern akut vom Aussterben bedroht. (Foto: Michaela Walch/Imago)

Umweltminister Thorsten Glauber muss sparen. Deshalb hat sein Haus einen vorläufigen Stopp für neue Naturschutzprojekte verkündet. Verbände befürchten, dass der Freistaat seine Naturschutz-Ziele über den Haufen wirft.

Von Christian Sebald

Aus Sicht der Naturschützer ist die Liste der aktuellen Grausamkeiten des Freistaats im Naturschutz lang. Im Artenhilfsprogramm für die Wiesenweihe zum Beispiel habe der Freistaat das Geld so gekürzt, dass derzeit nichts passieren könne, um die Lebensräume des seltenen Wiesenbrüters zu verbessern, sagt Norbert Schäffer vom Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV). Beim Feldhamster, der in Bayern akut vom Aussterben bedroht ist, gebe es aktuell kein Geld für die Koordination der Schutzmaßnahmen.  Und in den Landkreisen Landsberg am Lech und Altötting seien aufwendige Projekte zum Schutz lokaler Moore spruchreif. Nun würden sie auf einmal vom Freistaat nicht genehmigt, sie könnten womöglich nicht umgesetzt werden. Auch der Bund Naturschutz (BN) und die Landschaftspflegeverbände sowie Bauern klagen über ausbleibende Projektmittel des Freistaats.

Anlässlich des sechsten Jahrestags des erfolgreichen Volksbegehrens „Artenvielfalt in Bayern – Rettet die Bienen“ warnt LBV-Chef Schäffer eindringlich davor, die Fortschritte Bayerns im Naturschutz aufs Spiel zu setzen. „In den vergangenen Jahren hat der Freistaat viel für den Naturschutz getan. Aber die vielen Projekte, die jetzt auf einmal im Feuer stehen, sind keine Hobbyveranstaltungen von uns Naturschutzverbänden“, sagt er. „Sie sind dringend notwendig, damit der Freistaat die Ziele erreicht, die er sich selbst im Naturschutz gesteckt hat.“ Als Beispiele nennt Schäffer den Biotopverbund, der bis 2030 laut Naturschutzgesetz 15 Prozent des nicht bewaldeten Gebiets in Bayern umfassen soll, und den Streuobstpakt, für den bis 2035 bayernweit eine Million Streuobstbäume neu gepflanzt werden sollen.  „Wenn der Staatsregierung ernst damit ist, dann darf das Geld für den Naturschutz nicht weniger werden“, sagt Schäffer. „Sondern wir brauchen mehr Geld.“ Sowohl beim Biotopverbund als auch beim Streuobstpakt stehe man nach wie vor am Anfang.

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Hintergrund der Klagen ist der plötzliche rigide Sparkurs, den die Staatsregierung angesichts der Wirtschaftskrise und sich abzeichnender Einnahmeausfälle fährt. Anfang Dezember hat das Umweltministerium deshalb einen vorläufigen Stopp für neue Naturschutzprojekte verkündet. Zwar hat das Haus von Umweltminister Thorsten Glauber (FW) gleichzeitig mitgeteilt, dass es zahlreiche Ausnahmen gibt, zum Beispiel wenn ein Projekt bereits genehmigt worden ist. In der Naturschutzszene gehen sie gleichwohl davon aus, dass 2025 allein in der Landschaftspflege und bei den Naturparken 18 Millionen Euro fehlen. Zugleich befürchten sie, dass sich CSU und FW nach den Klimaschutzzielen nun von ihren Naturschutz-Zielen verabschieden. Prompt ging ein Brandbrief an Ministerpräsident Markus Söder (CSU), und die Landtagsfraktionen von CSU, Freie Wähler, Grüne und SPD. Die Stimmung zwischen Naturschutzszene und Umweltminister gilt als denkbar gereizt.

Dieser Tage hat Glauber den Naturschutzverbänden via Pressemitteilung öffentlich vorgerechnet, was der Freistaat dieses Jahr trotz des aktuellen Sparkurses für den Naturschutz tut.  Danach stellt die Staatsregierung 2025 alleine für den Vertragsnaturschutz, aus dem Projekte der Naturschutzverbände, aber auch von Landwirten finanziert werden, 90 Millionen Euro zur Verfügung und erreicht damit erneut das Rekordniveau von 2024. In die Landschaftspflege und die Naturparke investiert sie insgesamt 60 Millionen Euro, etwas weniger Geld als 2024 (63 Millionen Euro). Die Landschaftspflegeverbände, deren Projekte aus diesem Topf finanziert werden, bekommen demnach aber mit 31 Millionen Euro sogar mehr Geld als vergangenes Jahr.

Freilich kommt Glauber in der Presseerklärung nicht um das Eingeständnis herum, dass das meiste Geld „durch bereits beantragte und bewilligte Projekte gebunden“ und damit gleichsam schon ausgegeben ist. Neue Projekte müssten deshalb „auf wenige Ausnahmen beschränkt werden“. Das ist genau das, was die Naturschutzszene landauf landab beklagt.  In der gleichen Presseerklärung fordert Glauber die neue Bundesregierung auf, die Kürzungen der Ampel-Regierung im Naturschutz zurückzunehmen. Sie träfen nämlich auch „zentrale Naturschutz-Förderprogramme in Bayern“, der Freistaat könne die Streichungen nicht dauerhaft kompensieren.

Bei den Grünen erntet Glauber für solche Aussagen nur Spott. „Wenn man CSU und Freien Wählern so zuhört, fragt man sich wirklich, was überhaupt noch in ihrer eigenen Verantwortung ist“, sagt der Grünen-Landtagsabgeordnete Patrick Friedl. „Sobald etwas krumm läuft, scheint es aus Berlin herübergeflattert zu sein.“ Für Friedl ist klar: Wenn Glauber und Ministerpräsident Söder etwas am Naturschutz läge, hätten sie längst sichergestellt, dass das Geld für die aktuelle 18-Millionen-Finanzierungslücke da sei – „trotz knapper Kassen“.

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