Die bayerische Staatsregierung plant, mindestens einen Besuch einer KZ-Gedenkstätte oder einer vergleichbaren Einrichtung der Erinnerungskultur für alle Jugendlichen an weiterführenden Schulen vorzuschreiben. Das teilte Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) am Dienstag nach einer Sitzung des Kabinetts mit. Bislang gelte die Vorgabe für eine solche Exkursion im Laufe der Schulzeit nur an Gymnasien und Realschulen. Ein Konzept für die Lehrpläne soll nun erstellt werden und zum kommenden Schuljahr in Kraft treten. Dies spiele, heißt es im Kabinettsbericht, „eine große Rolle, um sich mit der menschenverachtenden Diktatur des Nationalsozialismus sowie der Verfolgung und systematischen Ermordung von Menschen auseinanderzusetzen“.
Aus Anlass des 80. Jahrestags des Kriegsendes befasste sich das Kabinett unter Leitung von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) mit den beiden Gesamtkonzepten für Erinnerungskultur sowie für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus. Auch der Beauftragte der Staatsregierung für dieses Themenfeld, der frühere Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU), nahm an der Sitzung teil.
Über Maßnahmenpakete soll nun eine Weiterentwicklung der Konzepte stattfinden, etwa im baulichen Bereich zum Erhalt der zentralen bayerischen KZ-Gedenkstätten in Flossenbürg und Dachau. In Flossenbürg soll der örtliche Steinbruch sukzessive in das Eigentum der Stiftung Bayerische Gedenkstätten übergehen, zur Nutzung durch die KZ-Gedenkstätte. Entsprechende Flurstücke sollen erworben werden. Als erste große Maßnahme werde das frühere Verwaltungsgebäude des SS-Steinbruchbetriebes ertüchtigt und als multi-funktioneller Ort mit Ausstellungsflächen und Kreativräumen gestaltet.
In den Fokus rückt hier auch die sogenannte Häftlingstreppe: Sie soll nicht nur gesichert, sondern künftig auch in die Gedenkarbeit einbezogen werden. An diesem Ort, so Kultusministerin Stolz, zeige sich, „was Vernichtung durch Arbeit bedeutet“. Durch diese Maßnahmen werde das große Areal Schritt für Schritt für die Erinnerungsarbeit erschlossen.

80 Jahre Kriegsende:Die Treppe zur Hölle
Im KZ Flossenbürg erprobte die SS ihre Idee von „Vernichtung durch Arbeit“, Tausende wurden im Steinbruch zu Tode geschunden. Jetzt wird auch er endlich Teil der Gedenkstätte. Wie aber erschließt man einen Ort, an dem die Erinnerung so lang keinen Platz hatte?
Mit fast einer Million Besucherinnen und Besuchern aus aller Welt bleibt Dachau die meistbesuchte Gedenkstätte in Deutschland. Um das Bildungsangebot an diesem „Ort des Erinnerns und Begegnens“ weiter auszubauen, will der Freistaat gemeinsam mit dem Bund die beiden rekonstruierten Häftlingsbaracken auf dem Gelände umfassend neu gestalten. Auch soll der beschönigend sogenannte „Kräutergarten“, in dem Häftlinge unter unmenschlichen Bedingungen Zwangsarbeit verrichten mussten, perspektivisch in die Gedenkstättenarbeit eingebunden werden. Stolz sprach von „authentischen Lernorten“, auch mit digitalen Elementen.
Polinnen und Polen stellten im KZ Dachau die größte Opfergruppe dar. Die Kooperation mit Polen sowie auch mit Litauen bei der Erinnerungskultur möchte der Freistaat ausbauen. Auch „der Schutz des jüdischen Lebens heute und in Zukunft“ sei für den Freistaat von entscheidender Bedeutung, hieß es. Das neu eingerichtete Webportal www.juedisches.bayern.de trage dazu bei. Alleine schon durch den Namen der Adresse, so Stolz, zeige man, dass jüdisches Leben im Freistaat „zuhause und verwurzelt ist“.