Bayerisch-österreichisches ForschungsprojektDer Aufstieg der Nazis

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Landespolizisten auf Pferden und mit Lanzen bewaffnet räumen den Odeonsplatz nach dem Hitler-Putsch im Jahr 1923.
Landespolizisten auf Pferden und mit Lanzen bewaffnet räumen den Odeonsplatz nach dem Hitler-Putsch im Jahr 1923. (Foto: Knorr + Hirth/SZ Photo)

Das Haus der Bayerischen Geschichte und sein niederösterreichisches Partnermuseum bereiten eine Ausstellung über die Frühzeit des Nationalsozialismus in Bayern vor. Neue Forschungsergebnisse belegen durchaus Parallelen zu aktuellen politischen Entwicklungen.

Von Hans Kratzer

Die Zahl der Abhandlungen über den Nationalsozialismus ist unüberschaubar, und doch ist längst nicht alles erschöpfend ausgeleuchtet. Vor allem Hitlers Frühzeit in Österreich und seine ersten Jahre in Bayern lassen noch viele Fragen offen. Als vor wenigen Jahren ein Bündel mit Briefen von Hitlers Vater Alois auftauchte, öffnete sich sofort ein neuer, authentischer Blick auf die Lebensumstände der Familie Hitler.

Bereits 2020 hatte das „Haus der Geschichte – Museum Niederösterreich“ in einer Ausstellung die Jugend Adolf Hitlers in der Donaumonarchie dargestellt. Jene Zeit hatte Hitler stark geprägt, wie am Mittwoch in München der Kulturwissenschaftler Christian Rapp darlegte, der die Ausstellung kuratierte. Deshalb müsse man sich die politische Sozialisation Hitlers vor dem Ersten Weltkrieg genau anschauen, sagte Rapp. Gerade vor dem Hintergrund einer Frage, die immer noch Ratlosigkeit auslöst: Wie konnte es einem solchen Niemand gelingen, zum Diktator aufzusteigen? 

Die Forschungen in Österreich zeigten auf, dass Hitler, der 1913 nach München übersiedelte, auch danach in Österreich bei Wahlkämpfen agitierte. Und es wurde deutlich, dass die Nationalsozialisten schon früh gut vernetzt waren. Auch wenn sich Geschichte wohl nicht wiederholt: Die Parallelen zu heute sind verblüffend.

Und es drängt sich die Frage auf, wie sich Bayern am Beginn der 1920er-Jahre inmitten einer jungen Demokratie zur „Ordnungszelle“ entwickeln konnte, die Hitlers Karriere erst ermöglichte. Dieser Problematik wird das Haus der Bayerischen Geschichte im Jahr 2026 in einer Sonderausstellung nachgehen, die den Arbeitstitel „Aufstieg des Nationalsozialismus – Bayern in den 1920er-Jahren“ trägt und in Kooperation mit dem „Haus der Geschichte – Museum Niederösterreich“ entwickelt wird. Richard Loibl, Direktor des Hauses der Bayerischen Geschichte, kündigte am Mittwoch bei der Sitzung des wissenschaftlichen Beirats an, auch neue Forschungserkenntnisse präsentieren zu können, etwa zu den internationalen Netzwerken rechtsextremer Kräfte in den 1920er-Jahren. 

Die Ausstellung soll überdies aufzeigen, wie politische Instabilität und Extremismus eine Demokratie zu Fall bringen können. Man wolle viele Schulklassen erreichen, sagte Projektleiter Marc Spohr. Das Projekt leiste einen wichtigen Beitrag zur Demokratiebildung und Extremismusprävention, ließ Wissenschaftsminister Markus Blume dazu verlauten.

Christian Rapp übergab als erstes Ausstellungsstück ein Plakat von Hitlers Wahlkampfreise, die ihn zur Unterstützung der Nationalsozialisten im Herbst 1920 nach Innsbruck, Salzburg, St. Pölten und Wien führte. „Auch wenn die Nazis es nicht in den Nationalrat geschafft haben, konnten sie die Zahl ihrer Stimmen überall dort deutlich erhöhen, wo Hitler aufgetreten ist. Das hat sein Selbstbewusstsein enorm gestärkt“, sagte Rapp.

Die Ausstellung wird von Juli 2026 bis Juli 2027 in Regensburg zu sehen sein. Ende 2025 erscheint dazu ein Heft in der Reihe HDBG-Magazin.

 

 

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