Internationale Auszeichnung:Bayerische Nationalparks spielen in einer Liga mit Yellowstone und dem Kruger

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Der Königssee – hier von der Achenkanzel aus gesehen – ist Mittelpunkt des Nationalparks Berchtesgaden. (Foto: Moritz Wolf/Imago)

Die Nationalparks in Berchtesgaden und im Bayerischen Wald sind nun auch international zertifiziert. Die größte internationale Naturschutzorganisation hat beide in den Kreis der weltweit 6500 anerkannten Nationalparks gehoben – nur ein deutscher Park war früher dran.

Von Christian Sebald

Die Nationalparks im Bayerischen Wald und im Berchtesgadener Land zählen gewiss zu den renommiertesten Großschutzgebieten in Deutschland und Europa. Der Nationalpark im Bayerischen Wald allein schon, weil er mit seinem Gründungsjahr 1970 der älteste hierzulande ist und von daher immer eine Pionierrolle für den Naturschutz hatte. Und der acht Jahre jüngere Nationalpark in Berchtesgaden – mit dem legendären Königssee und dem Watzmann in seinem Mittelpunkt –, weil er der einzige Alpennationalpark Deutschlands ist.

Schon von daher sind die Naturschützer in Bayern sehr stolz auf die beiden Nationalparks. Auch die Staatsregierung ist es, und zwar gleich, wer gerade Ministerpräsident oder Umweltminister ist. Bei den Einheimischen im Bayerischen Wald und im Berchtesgadener Land sind Zustimmung und Stolz erst im Laufe der Zeit gewachsen, inzwischen aber ebenfalls sehr groß.

Nun dürfen alle noch ein wenig stolzer sein. Dieser Tage haben die bayerischen Nationalparks die höchste Auszeichnung erhalten, die für solche Großschutzgebiete möglich ist. Die IUCN hat sie offiziell als Nationalparks anerkannt. „Unsere beiden Nationalparks spielen jetzt auch international in der Königsklasse“, erklärte ein sichtlich froher Umweltminister Thorsten Glauber (FW) am Montagabend bei einem Festakt in München. „Sie sind jetzt in einer Liga mit dem amerikanischen Yellowstone-Nationalpark, dem Kruger-Nationalpark in Südafrika oder der Serengeti in Tansania.“

Die beiden Nationalpark-Chefs Ursula Schuster (Bayerischer Wald) und Roland Baier (Berchtesgaden) wirkten ebenfalls überaus glücklich. Unter den Gästen war auch Agrarministerin Michaela Kaniber, die im Landkreis Berchtesgaden lebt. Und natürlich freuten sich zahlreiche Lokalpolitiker aus den beiden Regionen, Fachleute und andere Ehrengäste über die hohe Auszeichnung.

Die IUCN, oder offiziell International Union for Conservation of Nature, ist nicht nur die größte internationale Naturschutzorganisation, sondern mit ihrem Gründungsjahr 1948 auch die älteste. Zu ihren etwa 1400 Mitgliedern gehören zahlreiche staatliche Behörden und Organisationen, aber auch internationale und nationale Nichtregierungsorganisationen. Die Zertifizierung von Schutzgebieten ist eine zentrale Aufgabe der IUCN. Weltweit hat sie etwa 6500 Nationalparks anerkannt. Die beiden bayerischen Nationalparks sind freilich erst das zweite und dritte von den 16 Großschutzgebieten in Deutschland mit IUCN-Prädikat. Der Nationalpark Kellerwald-Edersee in Hessen war bisher der einzige.

Vor der Anerkennung prüft die IUCN einen jeden Nationalpark nach einem ausgeklügelten und sehr aufwendigen System. Dabei spielt natürlich die Unberührtheit der Natur und ihre Urwüchsigkeit die zentrale Rolle, wie Eick von Rutschkowski als deutscher IUCN-Vertreter erklärte. Auch die Bildungsarbeit und die Forschung in dem jeweiligen Schutzgebiet werden bewertet, dazu seine Attraktivität für die Besucher. Natürlich punkten die beiden bayerischen Schutzgebiete auf jedem Feld. So zählt ein jedes Hunderttausende Besucher im Jahr, die Nationalparkzentren sind sehr anspruchsvolle Einrichtungen und die Forschungsarbeit ist an renommierte Universitäten angedockt.

Der Nationalpark Bayerischer Wald, hier der Steinfleckberg, breitet sich auf einer Fläche von knapp 25 000 Hektar aus. (Foto: Sebastian Beck)

Die Unberührtheit und Urwüchsigkeit der Natur sind für die IUCN in zweierlei Hinsicht bedeutsam. Ein IUCN-Nationalpark kann nur ein wirklich großflächiges Schutzgebiet sein und die natürlichen Prozesse dort müssen auf mindestens 75 Prozent der Fläche ungestört und frei von menschlichem Einfluss ablaufen. Natürlich erfüllen die beiden bayerischen Nationalparks auch diese Kriterien. Allein schon von ihrer Größe her: Der Nationalpark Berchtesgaden umfasst 20 800 Hektar Fläche, der im Bayerischen Wald sogar knapp 25 000 Hektar.

Und in beiden Schutzgebieten ist auf 75 Prozent der Gesamtfläche jeder menschliche Eingriff tabu. „Damit hat die Natur hier bei uns auf einem Gebiet von der Größe Liechtensteins freien Lauf“, sagt der Berchtesgadener Nationalpark-Chef Baier. Im Nationalpark Bayerischer Wald wurde außerdem der Grundsatz „Natur Natur sein lassen“ einst gleichsam erfunden für den Naturschutz in Deutschland.

Die 75-Prozent-Quote ist freilich auch der Grund, warum die Zertifizierung der beiden bayerischen Nationalparks erst jetzt möglich war. Beide Schutzgebiete erfüllen sie nämlich noch gar nicht so lange. Im Nationalpark Bayerischer Wald sollte sie ursprünglich sogar erst 2027 erreicht werden. Es ist das Verdienst von Franz Leibl, dass sie deutlich vor der Zeit eingelöst werden konnte. Leibl, der vor Schuster zwölf Jahre lang Chef des Nationalparks war, hat es in seiner Amtszeit nämlich geschafft, die Stimmung in der Region zu drehen – von der harten Kritik am Nationalpark hin zur übergroßen Zustimmung der allermeisten Einheimischen und gerade auch der Kommunalpolitiker. Nur so war die vorzeitige Erfüllung der 75-Prozent-Quote im Bayerischen Wald möglich.

So eine große Zustimmung kann freilich schnell wieder ins Rutschen geraten. Auch dafür ist der Nationalpark Bayerischer Wald ein gutes Beispiel. In der Region wütete zuletzt wieder einmal der Borkenkäfer, und so mancher gab sofort dem Nationalpark die Schuld dafür, dass der Schädling die Fichtenwälder in der Region dahinrafft.

Womöglich auch deshalb gab der IUCN-Mann Ruschkowski am Montag den Festgästen die Mahnung mit auf den Weg, dass das neue Prädikat „Auszeichnung und Verpflichtung ist“. Die Verpflichtung nämlich zu einem Nationalpark auch gegen Kritik zu stehen. Nur damit könne man nämlich „die Natur dort und ihre Schätze für die künftigen Generationen bewahren“.

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