Offiziell ist der Streit um die Borkenkäfer-Bekämpfung im Nationalpark Bayerischer Wald beendet. Aber Forstministerin Michaela Kaniber (CSU) und der Chef des Landesbunds für Vogel- und Naturschutz (LBV), Norbert Schäffer, tarocken nach. So bekräftigte Kaniber in einem Interview, dass der Schädling vom Nationalpark auf angrenzende Wälder übergegriffen habe. Dabei hätten sie und die Forstverwaltung stets gefordert, die Zone zu vergrößern, in der der Borkenkäfer bekämpft wird. Wäre dies passiert, hätte der Schädling nicht so schnell übergreifen können. Für Schäffer ist dies "fachlich nicht nachvollziehbar". Das Borkenkäfer-Management im Nationalpark passe.
Schäffer bezieht sich auf eine Studie der Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF), die Kaniber zugeordnet ist, von 2015. Sie zeige, "dass Wälder in der Nähe des Nationalparks durch die konsequente Borkenkäfer-Bekämpfung in der Pufferzone besser geschützt sind als andere Wälder". Tatsächlich attestiert die LWF dem Nationalpark, dass sein Borkenkäfer-Management funktioniert. Es gebe keine Hinweise, dass der Schädling in größerer Zahl vom Schutzgebiet aus angrenzende Wälder befällt. Allerdings waren die Untersuchungsjahre 2010 bis 2014 keine Jahre mit einer Massenvermehrung des Schädlings, wie sie sich seither häufen. Für solche Jahre empfiehlt die LWF, die Bekämpfungszone flexibel anzupassen, damit die Schäden jenseits des Nationalparks möglichst klein bleiben. Kaniber hat die Forderung mehrfach vorgebracht. Sie zeigt sich unbeeindruckt von Schäffers Kritik. "Wer nur das halbe Gutachten zitiert, verbreitet auch nur die halbe Wahrheit", sagt sie.
Der Streit um den Borkenkäfer hat unlängst an Schärfe gewonnen, als der Nationalpark anbot, 18 Hektar aus der Naturzone herauszunehmen, um dort den Schädling zu bekämpfen. Naturschützer sprachen von einem Tabu-Bruch. In der Naturzone habe die Natur freien Lauf, man dürfe sie nicht nach Gutdünken verkleinern. Nun wird für die 18 Hektar an anderer Stelle Ersatz geschaffen.