Olympia-BewerbungEbbe im Eiskanal - und trotzdem olympischer Wettkampfort?

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Vor großer Kulisse trugen 2022 im Augsburger Eiskanal Kanu- und Kajakfahrer ihre Weltmeisterschaften aus. Bei erfolgreicher Olympiabewerbung Münchens könnten sie in einigen Jahren an gleicher Stelle um Gold-, Silber- und Bronzemdeaillen kämpfen.
Vor großer Kulisse trugen 2022 im Augsburger Eiskanal Kanu- und Kajakfahrer ihre Weltmeisterschaften aus. Bei erfolgreicher Olympiabewerbung Münchens könnten sie in einigen Jahren an gleicher Stelle um Gold-, Silber- und Bronzemdeaillen kämpfen. (Foto: Oryk HAIST/IMAGO)

Olympische Spiele in München würden auch Wettbewerbe in anderen Orten des Freistaats bedeuten: Kajak und Kanu in Augsburg, Mountainbike in Bad Wiessee, Fußball in Nürnberg.  Eine Umschau.

Von den SZ-Autoren

Der Eiskanal in Augsburg gehört mit seiner Wildwasser-Kanustrecke zum Unesco-Weltkulturerbe der Stadt, insofern könnte man auf den Gedanken kommen, dass die Anlage in die Jahre gekommen ist. Aber gleich dichtmachen, wie es der Kanu-Bundestrainer vor Wochen in den Raum gestellt hat?

Der Bundestrainer war sauer, weil der Wasserstand im Lech so niedrig ist, dass im Eiskanal, der sein Wasser aus dem Fluss speist, an Training nicht zu denken war. Da ist es eine schöne Pointe, dass die Anlage, der der Bundestrainer die Tauglichkeit abgesprochen hat, nun prominent im Münchner Bewerbungskonzept für Olympische Sommerspiele auftaucht.

„Wir müssen nicht immer alles neu machen, wir haben fast alles da“, sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Dienstag, als er das Konzept präsentierte, zusammen mit Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). Stattfinden sollen die Spiele 2036, 2040 oder 2044 – und zwar nicht nur in der Landeshauptstadt, sondern auch an anderen Orten im Freistaat, mit Ausnahme der Segelwettbewerbe, da täte sich Bayern schwer, die sollen in Kiel oder Rostock ausgetragen werden.

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Auf der Liste stehen der Starnberger See (Freiwasserschwimmen), Bad Wiessee (Mountainbike), Nürnberg (Fußball) – und eben Augsburg, auch für Fußballspiele. Kanu-Wettbewerbe fanden dort schon bei den Spielen 1972 statt. Die Strecke ist weltberühmt, war – künstlich angelegt – die erste ihrer Art. Auch deshalb schlug dem Bundestrainer Protest entgegen nach seinem verbalen Rundumschlag, dabei wollte er wohl vor allem aufrütteln: Der Klimawandel schlägt zu, das Wasser wird knapp. Augsburg hat ja bereits für die Kanu-WM 2022 umfassend und teuer saniert. Nun müsste der Standort noch einmal modernisiert werden, etwa mit Pumpen, die Wasser auf Knopfdruck in den Eiskanal leiten, nur so würde die Anlage olympiatauglich.

Nachhaltig jedenfalls wäre es, die Kanustrecke für Olympische Spiele zu nutzen. Und Nachhaltigkeit ist ja ein Kern der Münchner Bewerbung. Da wäre es nur logisch, auch das Fußballstadion des Bundesligisten FC Augsburg mit seinem Fassungsvermögen für 32 000 Zuschauer zu nutzen.

Auch das Nürnberger Max-Morlock-Stadion, mit aktuell 50 000 Plätzen, läge als Spielstätte nahe. Der Stadtspitze gefällt die Idee, sie hat am Dienstag beschlossen, eine Olympia-Teilnahme zu prüfen, wie Bürgermeister Christian Vogel (SPD) der SZ sagte. Parteiübergreifend seien sich die Referenten von CSU, SPD und Grünen da einig. Seit knapp vier Wochen liefen Gespräche mit München, diese würden nun fortgeführt.

Für Sportreferentin Cornelia Trinkl (CSU) wäre die Teilnahme „ein Ritterschlag“. Allerdings ist das in den 1920er-Jahren erbaute Stadion des zweitklassigen 1. FC Nürnberg marode und soll – unabhängig von einer Olympia-Teilnahme – neu gebaut werden. Bis zuletzt stellten sich bei dem Projekt Finanzierungsfragen. Sollte Olympia wirklich in Bayern stattfinden, wäre der Staatsregierung gewiss daran gelegen, dass das Stadion rechtzeitig vorzeigbar und funktionstüchtig wäre – was sich in finanzieller Unterstützung niederschlagen dürfte. Ein triftiger Grund für eine Förderung wären die Spiele in jedem Fall.

Das wissen sie in Nürnberg, weshalb bereits kürzlich, als Söder eine überraschende Finanzierungszusage durch die Staatsregierung gegeben hatte, zu hören war: Mal abwarten, was sich in Sachen Olympia tut. Naheliegend, dass der Ministerpräsident bei seinem Geldversprechen schon im Hinterkopf hatte, ohnehin etwas zusteuern zu müssen, soll das baufällige Stadion olympiatauglich werden.

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Und wenn die Olympia-Bewerbung scheitert? Er wolle nicht hoffen, dass Söder seine Zusage davon abhängig mache, sagt Titus Schüller. Der Nürnberger Linken-Stadtrat blickt, wie seine Kolleginnen und Kollegen in München, kritisch auf die Bewerbung. Die Spiele würden im Wesentlichen in der Landeshauptstadt stattfinden, wo sich jetzt schon „finanzielle Mittel und Aufmerksamkeit“ konzentrierten.

Auch Regensburg hat Söder ins Spiel gebracht – wohl für das Fußballturnier. Die Frage ist nur, wie er sich das vorstellt? Laut Internationalem Olympischem Komitee (IOC) muss ein Fußballstadion für mindestens 20 000 Menschen Platz haben, in die Regensburger Arena passen nur gut 15 000. Trotzdem sagt Söder: „Vielleicht geht das, das muss man noch mal sehen.“  Harte Indizien, dass Regensburg im Olympia-Rennen ist, gibt es nicht. Zwar teilt die Stadt mit, dass die Auslastung des Stadions gut sei. Eine Erweiterung sei aktuell aber nicht geplant und auch wenn man prinzipiell offen und gesprächsbereit wäre, lägen zu einer möglichen Teilnahme an den Olympischen Spielen „keine Informationen vor“. Und in der Stadtratsvorlage des Münchner Sportreferats taucht Regensburg nicht auf.

Anders als der Tegernsee, wo Mountainbike-Wettbewerbe stattfinden sollen. Das kleine Skigebiet am Sonnenbichl in Bad Wiessee hat einst Weltcuprennen erlebt, heute dient es mit zwei Schleppliften, einer Pistenlänge von insgesamt gut einem Kilometer und einer bescheidenen Höhendifferenz von etwa 200 Metern als Leistungszentrum für den regionalen Ski-Nachwuchs. Über eine Sommernutzung wird in Bad Wiessee schon lange gesprochen, auch über Mountainbike-Trails, um ein Angebot für Hobby-Fahrer zu schaffen und andere Steige und Bergwege im Landkreis Miesbach zu entlasten. Für die olympischen Mountainbiker könnten im Skigebiet Abfahrten entstehen, die für Publikum und Kameras gut einsehbar wären. Dort würde „die bayerische Natur einzigartig präsentiert“, heißt es im Bewerbungskonzept.

Bleibt die Frage, wie die Menschen in Augsburg, Nürnberg oder Bad Wiessee finden, dass die Olympischen Spiele auch zu ihnen kommen sollen. Im Bewerbungskonzept heißt es, dass insbesondere Oberbayern von der weltweiten Aufmerksamkeit wirtschaftlich profitieren würde, etwa beim Tourismus, der manchen jetzt schon zu viel ist. Die Münchnerinnen und Münchner sollen am 26. Oktober über die Idee abstimmen. Ein gesamtbayerischer Volksentscheid ist nicht geplant.

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