Umweltpolitik in Bayern:Die Staatsregierung hängt beim Klimaschutz hinterher

Umweltpolitik in Bayern: Moore wie das Schwarze Moor in der Rhön sind für den Klimaschutz besonders wichtig.

Moore wie das Schwarze Moor in der Rhön sind für den Klimaschutz besonders wichtig.

(Foto: Daniel Vogl/dpa)

Staatskanzlei und Ministerien sollen eigentlich seit Jahresanfang eine ausgeglichene Klimabilanz ausweisen. Doch bisher gibt es noch nicht einmal Zahlen zu ihrem CO₂-Ausstoß. Die Grünen sprechen von einer "offiziellen Bankrotterklärung".

Von Christian Sebald

Wenn es um den Klimaschutz geht, will Ministerpräsident Markus Söder (CSU) unbedingt Vorbild sein. Bayern soll deshalb schon 2040 klimaneutral sein, fünf Jahre früher als der Bund. So hat es Söder immer wieder versprochen, so steht es im neuen bayerischen Klimaschutzgesetz, das seit Jahresanfang in Kraft ist. Der Staatsregierung hat Söder ein noch ehrgeizigeres Ziel verordnet. Staatskanzlei und Ministerien sollen laut dem neuen Gesetz bereits seit Anfang 2023 klimaneutral sein.

Doch damit ist es offenkundig nicht weit her. Mit Ausnahme des Umweltressorts wissen die Ministerien und auch die Staatskanzlei bisher nicht einmal, wie viel CO₂ sie in die Atmosphäre blasen. Die Häuser müssen ihre CO₂-Bilanz erst ermitteln. Das geht aus der Antwort der Staatsregierung auf eine Anfrage des Grünen-Landtagsabgeordneten Patrick Friedl hervor. Außerdem ist bis auf das Umweltministerium unbekannt, welche Maßnahmen Staatskanzlei und Ministerien vergangenes Jahr ergriffen haben, um ihren Ausstoß an Treibhausgasen zu verringern.

"Die Staatsregierung will bis 2023 klimaneutral sein, beginnt aber gerade erst damit, die Verbrauchsdaten in den Ministerien zu erheben", sagt Friedl. "Das ist die offizielle Bankrott-Erklärung der eigenen Klimaschutzbemühungen."

Im Umweltministerium immerhin bemüht man sich seit Jahren, den eigenen CO₂-Ausstoß zu senken. 2018 wurden den Angaben zufolge 630 Tonnen CO₂ freigesetzt, 2019 waren es 582 und 2020 - bedingt durch Corona - nur 287 Tonnen. Aktuell laufen Bemühungen des Hauses, den Klimaschutz weiter zu stärken. So wird derzeit die Fassade des Komplexes im Münchner Arabellapark saniert. Allein das soll eine Einsparung von knapp 220 Tonnen CO₂ im Jahr bringen. Auch die Photovoltaikanlagen auf dem Dach und an den Fassaden werden erweitert. Davon erwartet man sich eine weitere Einsparung von 130 Tonnen CO₂.

Die Differenz, die dennoch in seiner Klimabilanz verbleibt, gleicht das Umweltministerium aus. Schon seit 2018 erwirbt das Haus von Minister Thorsten Glauber (FW) einem Sprecher zufolge sogenannte Emissionsminderungszertifikate des "Sichuan Haushaltsbiogas-Programms" in China. Das Programm bezahlt Bauersfamilien in der gleichnamigen Provinz der Volksrepublik Zuschüsse von bis zu 120 Euro, wenn diese ihre Heizungen von Holz oder Kohle auf Biogas aus dem Mist ihrer Nutztiere umstellen. Pro Haushalt und Jahr können durch so eine Umstellung zwei Tonnen CO₂ eingespart werden. Das Einsparvolumen insgesamt beträgt laut Projekt-Homepage aufs Jahr gesehen 800 000 Tonnen CO₂.

Der Erwerb solcher Klimaschutz-Zertifikate ist bei Unternehmen, aber auch bei staatlichen Stellen inzwischen durchaus üblich. Die Bundesregierung etwa hat durch Zahlungen an das gleiche Programm die Klimabelastung durch Dienstreisen kompensiert. Von vielen Klimaschützern indes werden die Zertifikate als "moderner Ablasshandel" kritisiert. So auch von dem Grünen-Politiker Friedl. "Ministerpräsident Söder will zwar oberster Klimaschützer im Freistaat sein, aber eben nichts dafür tun müssen, außer vielleicht chinesische Biogas-Zertifikate kaufen - ausgerechnet!", sagt er.

Friedls Forderung: Wenn es schon nicht ohne solche Kompensationen geht, dann sollten diese doch direkt in Bayern stattfinden, zum Beispiel durch eine schnelle Wiedervernässung der 221 000 Hektar Moore im Freistaat. "Das allein würde bis zu fünf Millionen Tonnen CO₂-Ausstoß oder etwa sechs Prozent des jährlichen CO₂-Ausstoßes in Bayern verhindern", sagt der Abgeordnete.

Diese Idee hat man offenkundig auch schon im Umweltministerium gehabt. "Wir arbeiten derzeit an einer bayerischen Kompensationsplattform", sagt der Sprecher. "Damit sollen erst die Ministerien und später auch andere Behörden im Rahmen von Ausgleichsmaßnahmen Klimaschutzprojekte hier bei uns Bayern unterstützen können."

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