Corona-Pandemie:Fällt bald die FFP2-Maskenpflicht in Bayerns Bussen und Bahnen?

Corona-Pandemie: Noch sind FFP2-Masken im öffentlichen Nahverkehr in Bayern Pflicht. Ob sie von der OP-Maske abgelöst werden darf, will Gesundheitsminister Holetschek "immer im Lichte der aktuellen Entwicklungen" entscheiden.

Noch sind FFP2-Masken im öffentlichen Nahverkehr in Bayern Pflicht. Ob sie von der OP-Maske abgelöst werden darf, will Gesundheitsminister Holetschek "immer im Lichte der aktuellen Entwicklungen" entscheiden.

(Foto: Kay Nietfeld/dpa-tmn)

Gesundheitsminister Holetschek kann sich den Wechsel zum OP-Mund-Nasen-Schutz jedenfalls vorstellen. Angesichts steigender Corona-Zahlen warnt er aber vor zu großer Unbekümmertheit.

Von Andreas Glas und Johann Osel

Wer in diesen Junitagen von der Corona-Pandemie spricht, der muss wohl mit dem nahezu letzten Relikt des einst üppigen Maßnahmenkatalogs beginnen: der FFP2-Maskenpflicht in bayerischen Regionalzügen, Bussen und U-Bahnen. Im Mai hatte das Kabinett von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) die Infektionsschutzverordnung, in der diese verankert ist, bis zum 25. Juni verlängert. Im Nahverkehr auf engem Raum und mit wechselnden Fahrgästen könne die Infektionsgefahr deutlich höher sein als in anderen Bereichen, hieß es. Weiteres Argument: Anders als beim freiwilligen Besuch zum Beispiel eines Kinos sind vulnerable Gruppen darauf angewiesen, von A nach B zu kommen. Es ist ein Überbleibsel von der Devise "Team Vorsicht" der Staatsregierung.

Alles deutet darauf hin, dass die Staatsregierung bei der demnächst anstehenden Verlängerung der Verordnung bei dieser Linie bleibt. Denkbar wäre allerdings, dass alternativ eine medizinische statt einer FFP2-Maske getragen werden könnte. Dies haben andere Länder wie Baden-Württemberg schon beschlossen, im Fernverkehr gestattet die Deutsche Bahn ebenso beide Varianten. "Ich will das nicht ausschließen. Man kann über dieses Thema reden, immer im Lichte der aktuellen Entwicklungen", sagte Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) der Süddeutschen Zeitung. In Pflegeeinrichtungen, Kliniken, Arztpraxen und dergleichen gilt seit Kurzem im Freistaat bereits nur noch die Pflicht zur OP-Maske.

Corona-Pandemie: Gesundheitsminister Klaus Holetschek warnt vor allzu großer Sorglosigkeit in Sachen Corona.

Gesundheitsminister Klaus Holetschek warnt vor allzu großer Sorglosigkeit in Sachen Corona.

(Foto: Florian Peljak)

Doch wer sich in diesen Wochen im Nahverkehr umblickt, der erlebt ohnehin längst eine Art Wildwuchs: Viele Passagiere tragen FFP2-Masken, andere sind aus eigenem Gutdünken zur dünneren Variante gewechselt, manche tragen gar keinen Schutz mehr oder lassen ihn am Kinn herumbaumeln. Eine gewisse Disziplinlosigkeit scheint eingekehrt zu sein. Positiv formuliert ist es das Prinzip Eigenverantwortung, wäre da nicht die Vorschrift. Zuletzt hatte etwa die FDP im Landtag dafür plädiert, das Tragen der Maske den Bürgerinnen und Bürgern anheim zu stellen. Fraktionschef Martin Hagen stellte fest, der Lockerungskurs im öffentlichen Leben habe sich doch "bewährt". Holetschek sagt, angesprochen auf die augenscheinliche Disziplinlosigkeit: "Ich erlebe natürlich, dass die Menschen im Übergang zu diesem Sommer den Wunsch haben nach möglichst großer Normalität. Und dass manche ein bisschen sorglos sind, wenn die Temperaturen steigen." Er nehme aber auch wahr, dass sich viele Menschen wünschten, die jetzige Normalität beibehalten zu können. Dafür gelte es, "die Weichen richtig zu stellen".

Gleichwohl gehört dazu auch das Thema Sanktionierung. Laut dem Ende Mai angepassten Corona-Bußgeldkatalog ist für Personen, die der Maskenpflicht im ÖPNV nicht nachkommen, ein Regelsatz in Höhe von 250 Euro vorgesehen. Die Tragepflicht hätten die Verkehrsanbieter - also Zugpersonal, Ticketkontrolleure oder U-Bahn-Wachen - zu überprüfen; sie sind nach dem Gesetz zu Stichproben verpflichtet. Die Ahndung ist wiederum hoheitliche Aufgabe. "Im Ergebnis können damit die Bundes- wie auch Landespolizei einschlägige Anzeigen erstellen und diese zur Verfolgung an die zuständigen Kreisverwaltungsbehörden weiterleiten", teilt das Innenministerium auf Anfrage mit. Es gebe enge Zusammenarbeit. Zur Umsetzung von Kontrollen liegen dem Ministerium aber keine Erkenntnisse vor - und aus dem Gesetz folge "weder eine bestimmte Art noch eine Häufigkeit der Kontrollen". Das alles klingt zumindest nicht so, als bekämen Maskenmuffel heute reihenweise Bußgelder aufgebrummt.

120 Intensivbetten sind am Dienstag mit Corona-Patienten belegt

Kurzum, die Pandemie scheint recht weit weg zu sein im Frühsommer 2022. Wobei die Infektionszahlen wieder steigen: Die Sieben-Tage-Inzidenz für Bayern liegt derzeit bei 425; sie war zuletzt schon deutlich niedriger. Belastbar ist die Inzidenz, anders als in den ersten beiden Corona-Jahren, inzwischen kaum noch - weil längst nicht alle Infizierten einen statistiktauglichen PCR-Test machen. Im Gegenzug steht der mildere Verlauf heutiger Corona-Varianten außer Frage, die bloßen Infektionszahlen sagen wenig aus. Grund für den Anstieg dürften Subvarianten von Omikron sein, die sind laut Holetschek zwar infektiöser, deren Verläufe aber nicht schwerer sind. Doch auch die Hospitalisierungsrate mit Corona geht wieder etwas nach oben. Konkret die Intensivbettenbelegung gilt vielen mittlerweile als härteste "Währung" für Aussagen über die Pandemielage. Am Dienstag zählte man 120 Intensivbetten mit Corona-Patienten. Eine rote Alarmstufe ist in der bayerischen Warnampel bei 600 vorgesehen.

Hinter den Kulissen laufen indes Vorbereitungen für den Herbst, die Staatsregierung hat einen Fünf-Punkte-Plan erstellt - mit Aspekten, die in ihrer Macht stehen. Darunter fällt Abwasser-Monitoring, mit dem etwa das Aufwachsen neuer Varianten vorausgesagt werden soll. Den größeren Rahmen für die Corona-Politik müsste der Bund vorgeben. Holetschek dringt darauf, um "auszutarieren, wie wir durch den Herbst steuern. Wir wissen ja alle nicht, was genau kommt". Niemand wolle Schließungen, weder in Schulen noch in anderen Bereichen. Doch es brauche "einen Werkzeugkasten, den wir dann einsetzen, wenn es verhältnismäßig und notwendig ist". Das Spiel sei immer dasselbe, beklagt er: "Die FPD sagt: Wir machen nichts! Lauterbach sagt: Wir brauchen aber! Das ist unbefriedigend."

Bei den Vorbereitungen geht es auch um Testen und Impfen. Einerseits verlangt Holetschek vom Bund "Planungssicherheit", wie es mit der nationalen Testverordnung weitergeht. Diese läuft Ende Juni aus, sie regelt etwa die kostenlosen Schnelltests. Andererseits vermisst er "Klarheit" zur Impfkampagne des Bundes. Manche Menschen warteten auf das an Omikron angepasste Vakzin, andererseits lasse der Impfschutz nach; in Bayern sind jetzt 56,9 Prozent der Menschen geboostert (bundesweit im Durchschnitt 59,8). Was eine mögliche Empfehlung für eine vierte Impfung für alle betreffe, solle sich die Ständige Impfkommission "möglichst bald" äußern. Die Impfzentren in Bayern sind hochfahrbereit. Der Freistaat jedenfalls will Ende August eine eigene Werbekampagne starten, präventiv für den Herbst. Es soll ums Impfen gehen, auch um Masken und Hygieneregeln - mit Blick sowohl auf Covid als auch Grippe.

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