Süddeutsche Zeitung

Untersuchungsausschuss:Acht Millionen Euro aus Maskendeal in Südafrika versickert

Das klingt ebenso seltsam wie viele andere Facetten der fragwürdigen Maskendeals rund um die CSU-Politiker Alfred Sauter und Georg Nüßlein. Die Hintergründe beschäftigen nun den bayerischen Landtag.

Von Johann Osel und Klaus Ott

Eine Firma aus Südafrika, die bei einem Maskendeal acht Millionen Euro kassiert und hinter der zwei Geschäftsleute mit deutsch klingenden Namen stehen? Das hört sich schon ziemlich merkwürdig an. Noch dazu, wenn es um den Verkauf von Corona-Schutzmasken an die Gesundheitsministerien in Bayern und im Bund geht.

Die Generalstaatsanwaltschaft München und das Landeskriminalamt fanden das jedenfalls merkwürdig genug, um mit einer Razzia dem Verdacht nachzugehen, hier sei kriminell agiert worden - und um in der Maskenaffäre rund um die beiden Abgeordneten und langjährigen CSU-Politiker Georg Nüßlein und Alfred Sauter nun gegen weitere Verdächtigte zu ermitteln; auch wenn diese acht Millionen Euro nach dem derzeitigen Stand der Dinge nichts mit Sauter und Nüßlein zu tun haben.

Das Geld hat jenes Unternehmen aus Hessen gezahlt, das im Frühjahr 2020 etwa 15 Millionen Masken in China besorgt und mit Unterstützung auch der CSU-Politiker für gut 60 Millionen Euro an staatliche Abnehmer verkauft hatte. Dabei verdiente nicht nur eine Gruppe um Nüßlein und Sauter kräftig mit, sondern auch die Firma aus Südafrika. Sie kassierte die acht Millionen Euro als Makler-Provision für Vermittlerdienste in China.

Als die Ermittler davon erfuhren, gab es eine Razzia bei der hessischen Firma und weiteren Beteiligten. Und neben der fünfköpfigen Gruppe um Nüßlein und Sauter, die unter Korruptionsverdacht steht, haben nun drei Geschäftsleute Ärger, die am Südafrika-Deal beteiligt waren. Gegen sie wird wegen des Verdachts der Veruntreuung von acht Millionen Euro beziehungsweise Beihilfe hierzu ermittelt.

Es gibt offenbar wenig, was nicht fragwürdig ist an diesen Maskendeals. Von den mit den staatlichen Abnehmern vereinbarten gut 60 Millionen Euro für die Masken sollten insgesamt rund 20 Millionen für Provisionen und Vermittlerdienste abgezweigt werden. Was hier und bei Beschaffungen insgesamt genau geschah, wollen jetzt Grüne, SPD und FDP im Landtag wissen. Die drei Oppositionsfraktionen setzen gemeinsam einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss ein. Am Freitag präsentierten sie ihren Fragenkatalog dafür.

Eines von neun Kapiteln darin - der Abschnitt vier - ist der Affäre um Nüßlein und Sauter gewidmet. Um die Rolle der beiden geht es dabei ebenso wie um das Verhalten des damals noch von Melanie Huml geleiteten Gesundheitsministeriums. Die Opposition fragt zudem etwa nach der Qualität der gelieferten Masken und nach dem Stand der Ermittlungen bei der Generalstaatsanwaltschaft München. Die Strafverfolger vermuten, Nüßlein und Sauter hätten ihren Einfluss als Abgeordnete in Bund und Land geltend gemacht, um die Maskendeals zustande zu bringen - die drei Oppositionsfraktionen glauben das auch.

Die hohen Honorare, die Nüßlein und Sauter kassierten beziehungsweise kassieren sollten, wären demnach Schmiergeld gewesen. Sie hätten sich der Bestechlichkeit als Abgeordnete schuldig gemacht, sollten die Vorwürfe zutreffen. Beide weisen das zurück; sie sagen seit Monaten, es sei alles legal gewesen. Die Justiz muss entscheiden, welche Sichtweise zutrifft.

Der geplante U-Ausschuss soll zudem Geschäfte der Staatsregierung aus der weiteren Vergangenheit beleuchten. Laut Fragenkatalog sollen Verträge der Ministerien oder nachgeordneter Behörden seit 2010 untersucht werden, an denen Abgeordnete beteiligt waren. Die Fraktionen wollen so erkennen, ob es Provisionszahlungen an Politiker gab. In der Maskenaffäre würden von der Regierung bei weitem nicht alle Fragen beantwortet, erklärten die Vertreter der drei Fraktionen, Florian Siekmann (Grüne), Markus Rinderspacher (SPD) und Helmut Kaltenhauser (FDP).

Der offizielle Antrag für den Ausschuss soll erst nach der Bundestagswahl eingereicht werden; zu Jahresbeginn 2022 könnte dann wohl die konstituierende Sitzung stattfinden. "Während Menschen in der Pandemie um ihre Existenz und ihr Leben kämpften, haben sich CSU-Politiker an der Corona-Krise bereichert. Der damit verbundene Vertrauensverlust in die Politik im Gesamten ist immens", sagte Rinderspacher. Siekmann kündigte an, "jeden Winkel des schwarzen Filzes ausnahmslos auszuleuchten". Kaltenhauser betonte, mit dem Fraktionsaustritt von Sauter und einem neuen Transparenzgesetz für Abgeordnete könne "es nicht getan sein".

Für die Staatsregierung äußerte sich am Donnerstag das Gesundheitsministerium. Den Ausschuss erachte man "nicht für geboten", sagte ein Sprecher. Der Landtag sei bereits umfangreich über die Beschaffung von Schutzausrüstung informiert worden. Es habe eine "strukturierte Aufbereitung" der zahlreichen Beschaffungsvorgänge gegeben, die Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) dem Landtag vorgestellt habe; auch habe man allein dieses Jahr mehr als 40 Anfragen der Opposition "sorgfältig" beantwortet. "Selbstverständlich" werde man aber an der "Beantwortung noch offener Fragen einzelner Parlamentarier aktiv mitwirken". Die CSU-Fraktion plädierte für eine "schnelle und faire Aufklärung", man wolle jedoch "kein wahltaktisches Schauspiel".

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SZ vom 27.08.2021/infu
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