Aktien, Gold, eine teure Immobilie und anderes mehr, so hat die Münchner PR-Unternehmerin Andrea Tandler ihr Vermögen angelegt, nachdem sie vor zwei Jahren Millionärin geworden war. Die Tochter des CSU-Granden Gerold Tandler hatte kurz nach Beginn der Pandemie Corona-Schutzmasken vermittelt und dafür zusammen mit einem Partner die sagenhafte Summe von 48,3 Millionen Euro kassiert. Jetzt soll die Tandler-Tochter einen Teil ihres plötzlichen Reichtums abgeben und spenden. Das regt Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) in einer Stellungnahme auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung an.
Holetschek schreibt, es sei "unredlich, wenn sich jemand an einer Krise derart bereichern" wolle. Deshalb solle sich "Frau Tandler gegebenenfalls überlegen, ob sie einen Teil ihres Millionen-Gewinns für einen guten Zweck spendet". Beispielsweise zugunsten der Pflege oder "für Kinder und Jugendliche, die unter Long Covid leiden". Es gebe viele, sehr wertvolle Initiativen, die einen ganz unmittelbaren Corona-Bezug hätten, schreibt Bayerns Gesundheitsminister.
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Andrea Tandler hatte für die Schweizer Handelsfirma Emix in Deutschland Geschäfte mit den Gesundheitsministerien in Bayern, in Nordrhein-Westfalen und vor allem im Bund vermittelt und dafür CSU-Kanäle genutzt. Emix gelang es auf diese Weise, Masken und andere Corona-Schutzkleidung für mehr als 700 Millionen Euro zu verkaufen. Die Tandler-Tochter erhielt dafür zusammen mit ihrem Partner Darius N. vom Emix Provisionen in Höhe von insgesamt 48 Millionen Euro. Das Geld stammt letztlich aus Steuermitteln.
Minister Holetschek schreibt dazu, falls Presseberichte zuträfen, dass "jemand wie Frau Tandler" in dieser Zeit mit einer Millionen-Provision nach Hause gegangen sei, "dann fehlt mir dafür jedes Verständnis". Er könne und wolle das nicht juristisch bewerten, erklärt Holetschek. Aber er regt zum Spenden an. Das hat vor ihm noch kein CSU-Politiker getan. Und auch sonst hält man sich in der Regierungspartei mit derart deutlicher Kritik an den Millionen-Provisionen, wie sie jetzt der Gesundheitsminister äußert, bislang eher zurück.
Andrea Tandler und ihr Geschäftspartner sind in den U-Ausschuss geladen
Nach der SZ vorliegenden Erkenntnissen sind von den 48 Millionen Euro Provisionen im Jahr 2020 abzüglich von Kosten und Steuern damals 36 Millionen Euro übrig geblieben. Das Vermögen teilten sich Andrea Tandler und ihr Partner Darius N. und legten es in jeweils eigenen Firmen an. Andrea Tandler, deren Vater einst CSU-Generalsekretär sowie Minister war, schweigt seit Bekanntwerden ihrer Rolle bei den Maskendeals. Sie gibt keine Interviews und äußert sich auch sonst nicht. Für den 29. April sind die Tandler-Tochter und deren Partner N. als Zeugen in den Masken-Untersuchungsausschuss des Landtags geladen. Dort können die beiden allerdings die Aussage verweigern, da gegen sie in einem Steuer- und Geldwäscheverfahren ermittelt wird. Die beiden weisen sämtliche Vorwürfe zurück.
Holetschek nimmt den Fall Tandler zum Anlass, sich grundsätzlich über die Lage nach Beginn der Pandemie zu äußern. Das sei eine "absolute Ausnahmesituation" mit einer "tödlichen Bedrohung" durch das Coronavirus gewesen. Schutzmaterial habe gefehlt. In den Gesundheitsbehörden und auch im Gesundheitsministerium sei deshalb Tag und Nacht hart und uneigennützig für den Schutz der Menschen gearbeitet worden. Tausende Überstunden seien angehäuft und "weit Überdurchschnittliches bis zur gesundheitlichen Grenze und teilweise darüber hinaus geleistet" worden. In vielen Veröffentlichungen sei aber heute "nicht von Dank und Anerkennung zu lesen, sondern fast nur von Skandal und Sumpf".
Der Gesundheitsminister verbindet das mit einer Kritik, die als Spitze gegen die Opposition verstanden werden kann, die im Landtag den Masken-Untersuchungsausschuss durchgesetzt hat. Während in der Gesundheitsverwaltung gehandelt und Leben gerettet worden seien, hätten diejenigen, die "jetzt am lautesten zu skandalisieren versuchen, abgewartet, zugeschaut und darauf vertraut", dass die Staatsregierung, die Gesundheitsbehörden und viele redliche Unternehmer die nötigen Schutzmasken beschaffen würden. "Dieses Verhalten ist absolut unangemessen und unseriös", schreibt Holetschek.
Grüne, SPD und FDP als die treibenden Kräfte im U-Ausschuss dürften diese Kritik einerseits nicht unwidersprochen lassen. Andererseits ist vorstellbar, dass Holetscheks Spendenaufruf an Andrea Tandler im U-Ausschuss zur Sprache kommt, sollten sich die Münchner Unternehmerin und ihr Partner N. dort wie vorgesehen in einer Woche einfinden. Als Zeugen geladen sind auch die beiden Emix-Inhaber aus Zürich. Die beiden müssen als Schweizer Staatsbürger aber nicht vor einem deutschen U-Ausschuss erscheinen.