Politik:Opposition fordert Antikorruptionsinitiative

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Manch schmutziges Detail hat der Untersuchungsausschuss Maske des bayerischen Landtags zutage befördert. So wurden etwa Millionen-Deals zulasten der Steuerzahler beleuchtet. Jetzt wird auf politischer Ebene über Verantwortlichkeiten gestritten. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Grüne, SPD und FDP haben ihren Abschlussbericht zum Untersuchungsausschuss Maske vorgelegt. Demnach waren CSU-Kontakte bei der Materialbeschaffung zu Beginn der Pandemie verantwortlich für Millionenverluste. Die Regierung spricht von "unsachlichen Attacken".

Von Johann Osel

"Filz, Vetternwirtschaft, Amigo-Deals, Sumpf" - zum Ende des Untersuchungsausschusses Maske haben Grüne, SPD und FDP ihre Bilanz zur Aufklärung der Materialbeschaffung in der frühen Corona-Pandemie gezogen. Und sprechen CSU und Freien Wählern die Bereitschaft ab, interne Strukturen, welche die umstrittenen Maskendeals ermöglicht hätten, ehrlich zu benennen. "Die Amigo-Maskendeals hätten niemals abgeschlossen werden dürfen. Sie waren nicht alternativlos und die angebotenen Masken waren überwiegend Schrott", sagte Florian Siekmann (Grüne), Vize-Chef des Ausschusses, am Freitag. "Das blinde Vertrauen auf CSU-Kontakte" habe die Steuerzahler Millionen gekostet. Markus Rinderspacher (SPD) sprach vom Prinzip "klassisches Hoflieferantentum" - wer einen guten Draht habe, komme zum Zug. Auch in den Augen von Helmut Kaltenhauser (FDP) habe die CSU "aus Jahrzehnten des Filzes nichts gelernt". Dass zeige sich darin, dass die Partei das Ergebnis des U-Ausschusses jetzt "kleinreden" wolle.

Vergangene Woche hatte Ausschusschef Winfried Bausback (CSU) seinen Entwurf für den Abschlussbericht präsentiert und die Staatsregierung von Korruptionsvorwürfen und dergleichen entlastet. Sämtliche Maskenkäufe seien nach Recht und Gesetz erfolgt, es "lag keine Günstlingswirtschaft vor, es gab keine Freundschaftsdienste, Gefälligkeiten oder Bevorzugungen". Alle Thesen der Opposition über Filz wurden demnach in der Beweisaufnahme "eindeutig widerlegt".

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Gleichwohl rügte auch der Berichtsentwurf der CSU: Es hätten sich Einzelpersonen "in moralisch verwerflicher Weise" an der Not bereichert; allen voran der Landtagsabgeordnete Alfred Sauter, der inzwischen die CSU-Fraktion verlassen hat. Er hatte mit dem damaligen CSU-Politiker Georg Nüßlein Masken gegen üppige Anwaltsprovisionen vermittelt. Sowie die Unternehmerin Andrea Tandler, Tochter des einstigen CSU-Spitzenpolitikers Gerold Tandler, die mit einem Geschäftspartner alles in allem 48 Millionen Euro an Honoraren einstrich. Ihr hatte die Europaparlamentarierin Monika Hohlmeier (CSU) für die Offerte den Weg ins bayerische Gesundheitsministerium gebahnt. Hohlmeier selbst hatte im Ausschuss ausgesagt, nichts von Tandlers Provisionen gewusst zu haben. Sie habe, um in der Krise zu helfen, nur den Kontakt "völlig ergebnisoffen" weitergeleitet.

Laut FDP-Mann Kaltenhauser sind Tandler und Sauter "nur die prominente Spitze des Eisbergs", die Beweisaufnahme habe gezeigt: Vermittler hatten generell gute Chancen, wenn sie "bei der richtigen Partei" waren. Der Ausschuss habe, sagt Siekmann, "durch regelrechte Detektivarbeit" neue Details und ganze Deals aufgedeckt. Beispiele: Tandler sei mit einem Angebot speziell an die bayerische Polizei gescheitert - da man dort nicht Vorkasse ohne Prüfung der Masken bezahlen wollte. Der Preis von (inklusive Transport, Steuern und Zoll) rund elf Euro pro Maske sei "unseriös und völlig überteuert" gewesen, die Lieferung dann nicht im zugesicherten Zeitfenster erfolgt und mit fragwürdigen Zertifikaten.

Auch ein über den damaligen Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) vermittelter und von Markus Söder "per SMS durchgedrückter Deal" mit einer Passauer Firma wäre ohne den Ausschuss im Dunkeln geblieben, hieß es. Die 26-Tonnen-Fracht aus China wurde im März 2020 mit viel Buhei vom Ministerpräsidenten am Flughafen in Empfang genommen. Provisionen sind hier, nach allem, was man weiß, nicht geflossen - aber die Großlieferung wies anfangs teils mangelhafte Qualität auf.

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Für Siekmann ergeben sich Forderungen aus der Arbeit des Gremiums. Die Staatsregierung sei "in der Pflicht, so viel Steuergeld wie möglich aus den miesen Maskendeals zurückzuholen. Auch der millionenschwere Tandler-Deal muss endlich angefochten werden". Zudem brauche es eine Antikorruptionsinitiative. Während der Landtag das Abgeordnetengesetz verschärft hat, mangele es der Regierung an "Sensibilität dafür, was über politische Kontakte vermittelt wird".

Am Montag stimmt der U-Ausschuss über den Entwurf der Regierungsfraktionen ab, die Opposition legt einen "Minderheitenbericht" vor. Darüber hinaus plant die AfD, vierte Oppositionskraft, ein Sondervotum. Ihr Ausschussvertreter Gerd Mannes wirft der CSU ebenfalls "Vertuschung" vor. Und er sagt, man habe "nur durchs Schlüsselloch geguckt", nötig sei eine breite Corona-Aufarbeitung, etwa auch mit Blick auf die Maßnahmen. Bausback wiederum äußerte sich nach der Bilanz der Ampel-Fraktionen am Freitag erneut: Wider besseren Wissens lasse die Opposition nichts unversucht, die Fälle Tandler und Sauter "aus plumpem Wahlkampf heraus zu verallgemeinern und auf die gesamte Staatsregierung zu erstrecken". Dies entwerte "in frappierender Weise die geleistete parlamentarische Aufklärungsarbeit". Gerald Pittner (FW) teilte mit: Die Regierung habe beim Kauf dringend benötigter Ausrüstung "Krisenfähigkeit" bewiesen - "Lebensschutz vor Bürokratie".

Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) warf der Opposition ebenfalls "unsachliche Attacken und falsche Behauptungen" vor. Das gelte zum Beispiel für den Vorwurf, sein Haus habe zweifelhafte Verträge zur Maskenbeschaffung einfach weiterlaufen lassen. Richtig sei: Mangelhafte Ware wurde nach Anlieferung reklamiert und ein begründeter Gewährleistungsanspruch stets geltend gemacht. Laut Ministerium lotet man "selbstverständlich" bis heute alle sinnvollen rechtlichen Schritte gegen Lieferanten aus, sofern nicht ohnehin schon ergriffen.

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