Süddeutsche Zeitung

Gerichtsbeschluss:Fünfjährige Malena aus Hongkong zurück in Marquartstein

Der Fall hat viele Menschen im Chiemgau und darüber hinaus aufgewühlt: Nach einem Gerichtsbeschluss musste das Mädchen zunächst nach Hongkong ausreisen - obwohl es die meiste Zeit ihres Lebens in Bayern verbracht hatte.

Von Matthias Köpf, Marquartstein

Auf einen umstrittenen Beschluss des Oberlandesgerichts München hin hatte im vergangenen November ein fünfjähriges Mädchen aus dem oberbayerischen Marquartstein zu ihrem Vater nach Hongkong ausreisen müssen. Seit diesem Samstag sind die kleine Malena und ihre Mutter zumindest vorübergehend wieder in Bayern. Ein Hongkonger Gericht, vor dem der Sorgerechtsstreit zwischen den Eltern mittlerweile weitergeführt wird, hat ihnen die Ausreise ermöglicht.

Die Unterstützer der beiden, die per Online-Petition mehr als 60 000 Unterschriften sowie Geld für die Gerichtskosten und für den Lebensunterhalt in Hongkong gesammelt hatten, zeigten sich erleichtert. Das Mädchen und seine Mutter schwebten nun nicht mehr in akuter Gefahr, sich mit dem grassierenden Coronavirus anzustecken, welches das öffentliche Leben in Hongkong in weiten Teilen lahmgelegt hat.

Der Fall Malena hatte nicht nur viele Menschen im Chiemgau und weit darüber hinaus aufgewühlt. Denn der Beschluss des OLG, wonach das Mädchen von ihrer Mutter unrechtmäßig dem Vater vorenthalten werde und deswegen nach Hongkong ausreisen müsse, stand in schroffem Gegensatz zur vorherigen Instanz. Er hatte Ende Januar auch die Abgeordneten im Sozialausschuss des Bayerischen Landtags beschäftigt. Auch diese zeigten sich einhellig irritiert, da die Fünfjährige weitaus die meiste Zeit ihres Lebens in Marquartstein und nicht in Hongkong verbracht hat. Sie hat in dem Ort zuletzt auch den Kindergarten besucht, ist dort voll integriert und spricht sehr viel besser Deutsch als Englisch oder gar Chinesisch.

Eine Handhabe gegen einen Gerichtsbeschluss hatten freilich auch die Landtagsabgeordneten nicht, zumal das Bundesverfassungsgericht eine entsprechende Beschwerde der Mutter nicht zur Entscheidung angenommen hat. Die Abgeordneten haben die an sie gerichtete Petition der Unterstützer daher an den Bundestag weitergereicht, weil die Parlamentarier dort womöglich über das Auswärtige Amt mehr Einfluss nehmen könnten. Gelöst ist der Fall mit der vorübergehenden Rückkehr von Tochter und Mutter nicht. Die Hongkonger Justiz beschäftigt sich weiterhin mit dem Streit und kann jederzeit eine neuerliche Ausreise nach Hongkong verlangen und auch international durchsetzen.

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SZ vom 17.02.2020/mmo
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