Politik:Söder rügt CSU-Vize Weber für Nähe zu Berlusconi

Politik: Manfred Weber, Fraktionschef der EVP im Europaparlament und CSU-Vize, nennt die Partei von Silvio Berlusconi "Forza Italia" "eine zutiefst pro-europäische Partei". Er habe sich nicht klar genug von den ultrarechten Partnern Berlusconis distanziert, lautet die Kritik.

Manfred Weber, Fraktionschef der EVP im Europaparlament und CSU-Vize, nennt die Partei von Silvio Berlusconi "Forza Italia" "eine zutiefst pro-europäische Partei". Er habe sich nicht klar genug von den ultrarechten Partnern Berlusconis distanziert, lautet die Kritik.

(Foto: Fabio Sasso/Imago)

Eine "Brandmauer zu rechtsradikalen, neofaschistischen Gruppen" will der Parteichef ziehen. Sein Stellvertreter sieht kein Problem in seiner Unterstützung des italienischen EVP-Kollegen.

Von Andreas Glas

Am Samstag hat Manfred Weber die CSU ja etwas aufgeschreckt. Beim Treffen der Parteijugend in Augsburg sagte er, dass auch in Bayern ein Spitzenkandidat nicht automatisch Ministerpräsident werde. Eine Kampfansage an Markus Söder, natürlicher Spitzenkandidat der CSU für die Landtagswahl 2023? Am Montag, nach der Sitzung des CSU-Parteivorstands, ist Söder bemüht, Dampf aus der Sache zu nehmen. Weber habe eher über sich gesprochen, also darüber, dass er 2019 trotz Spitzenkandidatur für die EU-Kommissionspräsidentschaft leer ausging. Ähnliches ist aus Webers Umfeld zu hören: alles ein großes Missverständnis. Fall erledigt? Vermutlich ja. Nur gibt es da halt noch ein Problem mit Manfred Weber. Eines, das für die CSU wesentlich unangenehmer ist.

Seit Sonntag steht fest: In Italien gibt es einen Rechtsruck. "Nicht gut für Europa", sagt Söder. Eine Haltung, die noch glaubwürdiger wäre, hätte Weber, wichtigster CSU-Europapolitiker, nicht für Ex-Premier Silvio Berlusconi getrommelt, dessen "Forza Italia" sich mit den rechtsradikalen "Fratelli d'Italia" und der rechtspopulistischen "Lega" verbündet hat. "Eine zutiefst pro-europäische Partei", so warb Weber für "Forza Italia", ohne sich klar von Berlusconis ultrarechten Partnern zu distanzieren. In einer Phase, in der die CSU sich wieder einen konservativen Anstrich verpasst, neue Asyldebatten führt und von der Rückkehr der "alten CSU" die Rede ist, stellen sich nun Grundsatzfragen für die Partei.

"Wir haben immer klar gemacht, dass wir eine Brandmauer zu rechtsradikalen, neofaschistischen Gruppen ziehen, das ist auch die überragende Meinung in der CSU", versichert Söder am Montag nach dem Treffen der CSU-Spitze in München. Hinter den verschlossenen Türen der Parteizentrale muss sich Manfred Weber noch deutlichere Kritik anhören. Laut Teilnehmern fordert ihn CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt dazu auf, Partnerschaften mit Postfaschisten auszuschließen. Söder geht Weber ebenfalls an: "Du hast ja selbst gemerkt, dass das Werben für Berlusconi in Bayern nicht wirklich genutzt hat." Für Söder ist es "ein strategisch schwerer Fehler, wenn wir keine Brandmauer ziehen".

Söder weiß, wo das hinführen kann. Vor ein paar Jahren war er es selbst, der die CSU in die Nähe von Rechtspopulisten gerückt hat, als er versuchte, die AfD zu übertrumpfen. Viele Wählerinnen und Wähler hat das verschreckt, die CSU stürzte ab bei der Bayern-Wahl 2018. Von einer "politischen Nahtoderfahrung" sprach Söder hinterher, die er nicht noch einmal erleben wolle. Auch das erklärt, wieso Söder sich nun von Weber distanziert, auch öffentlich. Es sei nicht die Aufgabe "bürgerlicher Parteien, rechtsnationale und rechtsradikale Regierungen zu ermöglichen", sagt der CSU-Chef am Montag.

Weber sieht sich als Gegner der Rechtsaußen-Parteien

Und wie reagiert der Angesprochene? Er lasse sich "nicht einreden, dass das mit der Unterstützung für die Forza Italia problematisch ist", sagte Weber am Samstag in seiner Rede bei der Jungen Union Bayern. Bei dieser Haltung bleibt er, auch nach der Italien-Wahl. In der internen CSU-Runde wirbt er dafür, "die Institutionen zu respektieren und unsere Partei zu unterstützen". Unsere Partei, das ist in diesem Fall die christdemokratische EVP, der sowohl CSU als auch Berlusconis "Forza Italia" angehören. Weber ist EVP-Parteichef und Fraktionschef im Europaparlament.

In dieser Rolle betrachtet er sich, wie Söder, als Gegner der Rechtsaußen-Parteien. Die Sache mit der Brandmauer versteht er aber anders. Weber sieht in Berlusconis Partei einen bürgerlichen Anker, der die ultrarechten Bündnispartner daran hindern könnte, Italien tatsächlich ganz nach rechts zu bewegen. In der CSU dagegen gibt es viele, die nicht nur "Fratelli"-Chefin Giorgia Meloni und "Lega"-Chef Matteo Salvini für problematische Figuren halten, sondern genauso Silvio Berlusconi. In der CSU-Vorstandsrunde zieht der Bundestagsabgeordnete Florian Hahn sogar Parallelen zwischen Berlusconi und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin - samt Forderung, dass sich die CSU von solchen "toxischen Personen" fernhalten müsse.

Weber wolle verhindern, dass der Einfluss der EVP weiter schwinde - und damit seine eigene Macht und sein persönlicher Einfluss in Europa, so erklären manche in der CSU die Bündnistreue ihres Vize-Parteichefs gegenüber der "Forza Italia". Nach dem Bruch der EVP mit der rechtsnationalen "Fidesz"-Partei des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán wolle Weber nicht riskieren, auch Berlusconis Partei zu verlieren. Diese Haltung könnte nun allerdings seiner Stellung in der CSU schaden. Söder und Weber gelten ohnehin als Rivalen. Am Montag nimmt der CSU-Chef seinen Vize an die kurze Leine. Er könne nur raten, sich künftig "so eng wie möglich abzustimmen", sagt Söder.

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