Das Klischee besagt, dass es jungen Menschen auf dem Land schon mal fad werden kann. Vor allem im Sommer, wenn alle Welt in den Urlaub fährt und nur sie im Dorf zurückbleiben. Am Weiher rumhängen? Der wurde bereits als junger Stöpsel bis zum Grund durchtaucht. Den Ball übern Sportplatz dreschen? Mei, da ist irgendwann die Luft raus. Und einfach auch wegfahren? Ja, das wäre was. Wenn einen ein Bus oder so mitnehmen würde. Doch ohne ÖPNV und Führerschein rückt selbst der Nachbarort in weite Ferne. Über die Folgen des Zwangsaufenthalts daheim sangen deshalb mal die Bayerwald-Rapper vom Fichtenkartell: „Ich hab kein Auto, ich werd in Zwiesel sterben.“
Wer also dem Tod durch Langeweile entgehen will, muss kreativ werden. Zeit genug ist ja. Und Einfallsreichtum sowie handwerkliche Geduld lassen sich dem jungen Mann kaum absprechen, den neulich eine Polizeistreife in Bad Kötzting (Landkreis Cham) auf seinem Longboard angehalten hat. Normalerweise schiebt man dieses überlange Skateboard mit den Füßen an oder lässt sich vom Gefälle treiben. Insofern war es womöglich etwas auffällig, dass der junge Mann erstens bergauf fuhr und zweitens dies mit gut 30 Kilometern die Stunde.
Bei genauerer Inspektion stellten die Beamten fest, dass am Brett ein Motor verbaut war. Derart frisiert wären knapp 50 Kilometer pro Stunde möglich gewesen, heißt es in einer Meldung. Verkehrsrechtlich hätte daher „der ungefähr 18 Jahre alte Fahrer“ einen Führerschein der Klasse B besitzen müssen. Hatte er aber nicht. Dass die bayerischen Behörden motorisierten Longboards ein Zulassungsverfahren verweigern, erwies sich als mindestens ebenso problematisch – und so gänzlich risikofrei ist das Heizen in Marke Eigenbau eh selten. Den Tuning-Spezialisten erwarten nun mehrere Anzeigen. Als wäre das nicht schlimm genug, muss er auch noch zu Fuß gehen: Das Longboard wurde konfisziert.
Über die Motive hinter der Fahrt schweigt sich die Polizeimeldung aus. Aber schon klar: Zu vieles daran passt zu gut ins Klischee. In jedem Fall wird sich der junge Mann, dessen Bewegungsdrang da so abrupt gestoppt wurde, eine andere Sommerbeschäftigung suchen müssen. Wie wär’s mit Musik? Man muss ja gar nicht selber komponieren können. Als Neuinterpretation böte sich etwa an: „Ich hab kein Longboard, ich werd in Kötzting sterben.“