Süddeutsche Zeitung

Aus der Landespolitik:Die rabiate Rote soll's richten

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Die Linke hat in Bayern einen mehr als schweren Stand, auch weil sie nicht im Landtag sitzt. In wenigen Tagen wählt die Partei eine neue Spitze. Dafür kandidiert Adelheid Rupp, die schon für die SPD im Landtag saß - und gern mal aneckt.

Kolumne von Johann Osel, München

Und plötzlich war da dieser ungewohnte Balken. Das war vor der letzten Landtagswahl, Mitte September 2018, als Ministerpräsident Markus Söder sich mühte, Ministerpräsident zu bleiben, mit manchem Ausfallschritt nach rechts Richtung AfD. Oder mit der Idee, Mundart in Schulen verbindlich zu verankern: "Sie alle wissen, dass Dialekt intelligenter macht, das sieht man an der bayerischen Staatsregierung jeden Tag."

Vier Wochen vor der Landtagswahl jedenfalls erschien eine "Bayerntrend"-Umfrage. Und neben den nur 35 Prozent für die CSU war da eben eine andere kleine Sensation zu sehen: Die Linke bei fünf Prozent - wäre die Sonntagsfrage also schon der Wahltag gewesen, hätte das erstmals ihren Einzug in den Landtag bedeutet. Wobei nicht wenige Menschen wohl eine andere Nachricht bestaunten: dass es die Linke in Bayern überhaupt gibt.

Es wurde nichts daraus, 3,2 Prozent lautete das Ergebnis dann. Bei der Bundestagswahl 2021 war es im Freistaat noch weniger, auch wenn die Partei in aller Munde war. Denn die CSU plakatierte überall "Linksrutsch verhindern" und warnte davor, dass Rot-Rot-Grün jedem Bürger umgehend ins Portemonnaie greife. Bayern ist für die Linke einfach kein gutes Pflaster. Und allgemein gilt ja: Sitzen Parteien nicht im Landtag, sind sie kaum auf dem Schirm der politischen Öffentlichkeit. Prominentester der vier bayerischen Bundestagsabgeordneten ist Partei-Mitgründer Klaus Ernst - der aber mit seiner Ukraine-Expertise in Talkshows derzeit auch nicht die allerbeste Werbung sein dürfte.

Am Sonntag und Montag wählt die Linke bei einem Parteitag in Hirschaid nun eine neue Spitze - das ist auch der Auftakt für die Landtagswahl 2023. Der bayerische Vorsitzende Ates Gürpinar, der auch Vize-Bundeschef ist, will den Posten freigeben, nicht ohne zuvor in der Abendzeitung gegen die Konkurrenz im Lager links der Mitte auszuteilen: Die SPD in Bayern sei "nur noch ein Schatten ihrer selbst", die Grünen "betteln jetzt schon so sehr ums Mitregieren", dass sie für keine Themen mehr stünden. Der Landesverband wird künftig wohl von einer weiblichen Doppelspitze geführt. Neben Gürpinars Co-Chefin, der Nürnberger Stadträtin Kathrin Flach Gomez, kandidiert Adelheid Rupp, früher in der SPD und Abgeordnete im Landtag. Ein Fingerzeig, wo die Linke endlich hinwill.

Rupp, von 2003 bis 2013 im Landtag, gilt als kämpferisch. Als Anwältin, wo sie zuletzt etwa für ein Bürgerbegehren in Ingolstadt klagte oder für die Linke am Verfassungsgerichtshof; da ging es um die Notbesetzung von Gemeinderäten in der Pandemie. Schon in der SPD-Fraktion war sie einst angeeckt, ihretwegen gab es häufiger Knatsch. Die SZ verlieh ihr mal den Titel "Die rabiate Rote". Ärger gab es auch im Wahlkampf 2008: Während SPD-Spitzenkandidat Franz Maget ein Bündnis mit der Linken, sollte die in den Landtag kommen, "völlig ausgeschlossen" nannte, wollte Rupp damals wenige Tage vor der Wahl: gar nichts ausschließen.

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