Landwirtschaft:Biobauern wollen mehr Geld

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Ein Landwirt fährt mit einem Spritzgerät durch ein Rapsfeld. Die Blüten dienen Bienen als Nahrung. (Foto: Jan Woitas/dpa)
  • Bis 2030 soll der Anteil der Biobauern 30 Prozent betragen. So lautete eine Kernforderung des Volksbegehrens im vergangenen Jahr.
  • Derzeit liegt ihr Anteil bei rund zehn Prozent.
  • Doch durch die neuen Förderprogrammen fühlen sich die Öko-Bauern benachteiligt.

Von Christian Sebald, München

Es war ein starkes Aufbruchssignal: Bis 2030 soll der Anteil der Biobauern 30 Prozent betragen. So lautete eine Kernforderung des Volksbegehrens "Artenvielfalt - Rettet die Bienen" vor einem Jahr. Und so hat es die Staatsregierung nach dem fulminanten Erfolg der Initiative im bayerischen Naturschutzgesetz verankert. Die Biobauern, die derzeit gut zehn Prozent der Landwirte in Bayern ausmachen, fühlten sich sehr gestärkt. Doch nun macht sich in der Öko-Szene Frust breit.

"Die Staatsregierung hat der Mut verlassen", sagt der Ferkelzüchter und Vorsitzende der Landesvereinigung für den ökologischen Landbau (LVÖ), Hubert Heigl. "In ihren neuen Förderprogrammen werden wir Biobauern klar benachteiligt." Der Biobauer Toni Wollschläger, der nahe dem oberbayerischen Freising hundert Hektar Ackerland ökologisch bewirtschaftet, spricht sogar von "Missachtung" des Volksbegehrens. Mit einigen Kollegen hat er einen Beschwerdebrief an Ministerpräsident Markus Söder und Agrarministerin Michaela Kaniber (beide CSU) geschrieben. "Entgegen den öffentlichen Ankündigungen, den ökologischen Landbau mehr als bisher zu unterstützen, drohen den Biobauern in der Realität ab 2020 zum Teil massive Kürzungen", sagt Wollschläger.

Studie
:Wer mehr Bio will, muss die Strukturen dafür schaffen

Um das Ziel zu erreichen, bis zum Jahr 2030 einen Anteil von 30 Prozent Biolandbau zu haben, muss in Bayern noch viel getan werden. Das stellt eine neue Studie fest. Möglich aber ist es.

Stein des Anstoßes ist das neue Kulturlandschaftsprogramm oder Kulap, wie es im Expertensprech heißt. Es umfasst all die Fördermaßnahmen des Agrarministeriums für umweltfreundliches Wirtschaften auf Äckern und Weiden. Aus ihm bekommen Bauern Zuschüsse, wenn sie sich zum Beispiel beim Düngen zurückhalten, auf chemischen Pflanzenschutz verzichten, auf eine reiche Fruchtfolge setzen oder Blühflächen anlegen. Auch die Förderung der Biobauern ist Teil des Kulap.

Im neuen Kulap hat Kaniber nun einige Programme für extensives Wirtschaften aufgelegt, die auch für Biobauern attraktiv wären, in deren Genuss aber nur konventionelle Landwirte kommen können. Ein Beispiel: Wer künftig wenigstens fünf Fruchtarten pro Wirtschaftsjahr anbaut und dabei beachtet, dass mindestens 30 Prozent davon Raps, Sonnenblumen oder andere sichtbar blühende Pflanzen sind, bekommt dafür 160 Euro Zuschuss je Hektar und Jahr. "Das Programm würde uns sehr unterstützen", sagt Biobauern-Chef Heigl, "Wenn die Staatsregierung alle Landwirte gleichstellen will, darf es nicht nur für konventionelle Kollegen sein."

Agrarministerin Kaniber weist die Kritik zurück. "Wir fördern die Biobauern massiv", sagt sie. "Von den 300 Millionen Gesamtvolumen des Kulap gehen mehr als hundert Millionen an sie." Zugleich betont Kaniber, dass die Staatsregierung sich mit Annahme des Volksbegehrens verpflichtet habe, sich auf ganzer Fläche für die Artenvielfalt einzusetzen. "Dazu brauchen wir auch die konventionellen Bauern", sagt Kaniber. "Deshalb sind die neuen Programme für sie konzipiert." Im Übrigen seien Ökobetriebe - eben weil sie öko sind - zu einer vielgliedrigen Fruchtfolge verpflichtet. So ein Fruchtfolge-Programm dürfe deshalb nach EU-Recht gar nicht für Ökobetriebe aufgelegt werden. Letzteres bestreitet Biobauern-Chef Heigl. "Das Anlegen von solchen Blühflächen ist auch für uns Biobauern eine Zusatzleistung", sagt er. "Sie muss zumindest anteilig mit 80 Euro je Hektar honoriert werden."

Unterstützung bekommen die Biobauern von den Landtags-Grünen und dem Bund Naturschutz (BN). "Mit solchen Änderungen baut die Söder-Regierung das Kulap zu einer Trutzburg der Turbo-Landwirtschaft um", sagt Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann. "In ihr verschanzen sich die Verfechter intensiver Rapsmonokulturen, während draußen die Biobauern mit ihrem boden- und artenschonenden Fruchtfolgeanbau darben." Auch für BN-Chef Richard Mergner steht das neue Kulap "in klarem Widerspruch zu den Zielen des Volksbegehrens und des neuen Naturschutzgesetzes". Wie Hartmann fordert Mergner deutliche Verbesserungen für die Biobauern. "Denn nur dann lohnt sich der Umstieg von konventionell auf bio", sagt Mergner. "Und wir brauchen viele Umsteiger, wie sonst sollen wir das 30-Prozent-Ziel schaffen."

Die Imker sehen das neue Kulap weniger kritisch. Und zwar obwohl Raps zu den Ackerpflanzen zählt, die intensiv gedüngt und mit Pflanzenschutzmitteln behandelt werden. Außerdem dauert die Rapsblüte nur drei bis vier Wochen. In der übrigen Zeit liefern Rapsäcker keine Nahrung für Bienen und Insekten. "Aber in der Blüte ist er ein Nahrungsangebot für Bienen und andere Insekten", sagt der Imkereifachberater in Oberbayern, Arno Bruder. "Vorausgesetzt, die Bauern behandeln ihn richtig." So sei es extrem wichtig, dass keine Pflanzenschutzmittel direkt in die Blüten zu spritzen. "Und dafür fehlt oft die Technik", sagt Bruder, "oder es hapert an der Sorgfalt."

© SZ vom 30.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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