Agrarministerin Michaela Kaniber gibt sich gerne als größter Fan der Biobauern im Freistaat. „Bayern ist das Öko-Land Nummer eins“, lautet so ein Spruch von ihr. „Darauf dürfen wir stolz sein.“ Tatsächlich stehen fast ein Drittel der Biohöfe Deutschlands in Bayern, rund ein Viertel des Agrarlands, das die deutschen Biobauern bewirtschaften, liegt in Bayern. Aber jetzt ist Kaniber den Biobauern gewaltig in die Parade gefahren, viele sind sauer auf die Ministerin. Der Grund: Sie hat ihnen gleichsam über Nacht und ohne Vorwarnung eine sehr erfolgreiche und lukrative Förderung gestrichen.
Die Ministerin begründet den Einschnitt, dass damit das Kulturlandschaftsprogramm – das bayerische Fördergramm für naturschonende Landwirtschaft also – vereinfacht und der Forderung vieler Bauern nach Bürokratieabbau Rechnung getragen werden solle. Außerdem sei die Förderung, die erst vor zwei Jahren aufgelegt worden sei, so gut bei den Bauern angekommen, dass die Ziele, die man damit verbunden habe, schon jetzt „tausendfach übererfüllt“ seien. Deshalb könne man keine neuen Anträge mehr für die Förderung annehmen, sondern nur noch bereits geschlossene Verträge erfüllen. So hat sie es zumindest im Landtag gesagt.
Thomas Lang, Vorsitzender der Landesvereinigung ökologischer Landbau in Bayern und damit gleichsam Chef der knapp 12 000 Biobauern hier, wirft Kaniber „einen dreifachen Salto rückwärts“ vor. „Bürokratieabbau ist wichtig“, sagt er. „Aber damit ein überaus erfolgreiches Programm einzukassieren, ist scheinheilig.“ Die Milchbauern-Organisation BDM ist ebenfalls verärgert. BDM-Chef Manfred Gilch spricht von einem „Affront“. Viele Milchbauern müssten nun eine deutliche Verschlechterung der Entlohnung ihrer Leistungen für die Umwelt hinnehmen.
Die Förderung, um die es geht, trägt das Kürzel K33, ihr Titel lautet: „Vielfältige Fruchtfolge zum Humuserhalt“. Das Programm soll den Aufbau vielfältiger Kulturen auf den Äckern unterstützen und den Humusaufbau in der Landwirtschaft verbessern, damit die Felder langfristig fruchtbar bleiben. Betriebe, die daran teilnehmen, verpflichten sich, auf höchstens einem Fünftel ihrer Äcker stark humuszehrende Früchte wie Kartoffeln, Mais oder Zuckerrüben anzubauen und mindestens 40 Prozent mit sogenannten Humusmehrern, vor allem mit Kleegras, zu bestellen. Dafür bezahlt ihnen der Freistaat 340 Euro je Hektar und Jahr.
Der Humusschwund ist nicht nur für die Bauern ein Problem
Der Humusschwund auf den Feldern ist ein großes Problem der Landwirte in Bayern. Jedes Jahr gehen auch im Freistaat Zigtausende Tonnen fruchtbaren Bodens verloren – durch die vielen Monokulturen, durch den Einsatz von Agrarchemie, durch Erosion. Aber nicht nur für die Bauern ist der Humusschwund ein Problem. Sondern auch für die Umwelt insgesamt, den Schutz des Klimas und den Hochwasserschutz. So kann ein dicker Humusboden sehr viel mehr CO₂ aufnehmen als ein devastierter. Gleiches gilt für Regenfälle. Sie laufen auf einer dicken Humusschicht längst nicht so rasch ab wie auf einer dünnen, das Wasser wird dort länger gespeichert. Und die Artenvielfalt ist in einem dicken Humusboden ungleich größer als in einem dünnen.
Auch Umweltverbände und die Grünen sind entsetzt über Kanibers Streichaktion. „Dass der Freistaat ausgerechnet beim Klimaschutz bremst, ist enttäuschend und unverständlich“, sagt Richard Mergner vom Bund Naturschutz. Norbert Schäffer vom Landesbund für Vogel- und Naturschutz wirft Kaniber vor, einmal mehr das Ziel des Freistaats zu gefährden, nachdem bis 2030 in Bayern 30 Prozent des Agrarlands ökologisch bewirtschaftet werden sollen. Die Landtags-Grünen wollen sich nicht mit der Streichung abfinden. „Die Söder-Regierung muss ihre Kürzungspläne zurücknehmen, sonst drohen massive Folgen für unsere bäuerlichen Betriebe“, sagt ihre Abgeordnete Mia Goller. Ihr Antrag dazu ist in dieser Woche Thema im Landtag.