Landtagswahl:Bekommt die AfD acht Spitzenkandidaten?

Landtagswahl: Fähnchen mit dem Logo der AfD liegen beim Landesparteitag der AfD Bayern 2018 auf einem Tisch.

Fähnchen mit dem Logo der AfD liegen beim Landesparteitag der AfD Bayern 2018 auf einem Tisch.

(Foto: Daniel Karmann/dpa)

Nachdem die Partei bei der vergangenen Landtagswahl 2018 keinen einzigen Spitzenkandidaten aufstellte, könnten es nun gleich sehr viele werden. So sieht es ein Vorschlag vor, der zum Parteitag am Wochenende auf dem Tisch liegt.

Von Johann Osel

Wer soll die bayerische AfD als prominentes Gesicht im Landtagswahlkampf anführen? Oder besser gefragt: Wie viele? Das soll am Wochenende bei einem Parteitag im mittelfränkischen Greding geklärt werden. Nun liegt ein Vorschlag auf dem Tisch, wonach es ein Team mit bis zu acht Spitzenkandidaten geben soll - nämlich die Listenführer in den sieben Bezirken plus den amtierenden Fraktionschef Ulrich Singer (in Schwaben nur auf Platz zwei). Dieses Tableau will die Landtagsfraktion am Samstag den Mitgliedern unterbreiten. Völlig offen ist indes, ob sich der Vorstoß durchsetzt - oder ob offene Machtkämpfe ausbrechen.

"Es macht aus unserer Sicht keinen Sinn, jemanden von Berchtesgaden bis Aschaffenburg durchzuplakatieren, wenn er im größten Teil Bayerns dann gar nicht wählbar ist", sagt der parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, Andreas Winhart. Er steht auf Platz eins der Oberbayern-Liste, würde also zum Team der vielen Köpfe gehören. Winhart äußerte sich dazu auf Nachfrage bei einer Pressekonferenz zur Plenarwoche. Man gehe davon aus, dass der Parteitag der Idee folge. Sie sei trotz "mancher Differenzen" in der Vergangenheit sehr einmütig in der Fraktion beschlossen worden. Das Feedback aus der Bayern-AfD deute an, dass der Vorschlag "auf fruchtbaren Boden" fallen werde.

Wirklich? So eindeutig scheint die Lage nicht zu sein. 2018 konnte und wollte sich die Partei nicht auf eine Person einigen, die für die gesamte AfD im Freistaat steht; vor allem auch wegen des Richtungskampfs zwischen dem moderateren Lager und dem völkischen "Flügel". Als Notlösung ging damals ein Mann in Fernsehrunden, der nie für das Parlament in Bayern kandidierte: der damalige Landeschef und Bundestagsabgeordnete Martin Sichert. Der jetzige Landesvorsitzende Stephan Protschka, ebenfalls aus dem Bundestag, würde sich ein zentrales Gesicht seiner Partei "wünschen". Das betonte er zuletzt immer wieder, sprach in einem internen Mitgliederbrief vor einigen Monaten gar von einem "Ministerpräsidentenkandidaten".

Am Mittwoch sagte Protschka der SZ, "ihm persönlich" sei nach wie vor ein klarer Spitzenkandidat lieber. Er könne aber auch mit der von der Fraktion vorgeschlagenen Konstellation leben. Doch es gebe womöglich "noch mehr Vorschläge" von Mitgliedern in Greding. Notfalls - "wenn sich keiner findet" - würde auch er selbst sich engagieren. Vielleicht deshalb hatte Winhart vorsichtshalber erwähnt: Absolute Einigkeit bestehe darüber, "dass nur jemand, der schon in der Fraktion ist oder sich um den Landtag bewirbt, uns glaubhaft nach außen repräsentieren kann".

"Die Mitglieder sollen entscheiden", meint Parte

Landtagswahl: Andreas Winhart ist parlamentarischer Geschäftsführer der AfD im Landtag und Spitzenkandidat in Oberbayern. Er spricht sich für die Idee eines Spitzenteams aus.

Andreas Winhart ist parlamentarischer Geschäftsführer der AfD im Landtag und Spitzenkandidat in Oberbayern. Er spricht sich für die Idee eines Spitzenteams aus.

(Foto: Sven Hoppe/dpa)

ichef Protschka, das sei Basisdemokratie, wie es sie nur in der AfD gebe. Dass bei Landesparteitagen alle Mitglieder kommen und abstimmen dürfen, macht die Sache letztlich unwägbar. Wer sich in AfD-Kreisen umhört, bekommt viele Argumente gegen einen Frontmann im Wahlkampf: Dass man "keinen Vortänzer" brauche, dass sich keiner herauskristallisiert habe, der wirklich das Zeug zum überregionalen Zugpferd habe. Dass ein in Greding Gewählter eh nur etwas mehr als 50 Prozent Rückendeckung hätte. Und dass die ganze Sache nur den ewigen Lagerstreit anfache, der soeben aus Disziplin im Wahljahr mühsam gedimmt wurde. Es kursiert aber auch: Möglicherweise miete da gerade einer heimlich Busse an, um die eigenen Truppen nach Greding zu karren. Um "den Parteitag zu übernehmen" und überraschend doch die Nummer eins zu werden.

Am Wochenende will die AfD zudem ihr Wahlprogramm beschließen, Chef der Kommission ist Winhart. Die Arbeit war diesmal offenbar ein breiterer Prozess als 2018. Damals wurde das Programm so hurtig und lieblos zusammengeschustert, dass sich manche Mitglieder angesichts des Entwurfs schämten - man solle es besser "nicht unnötig unter die Leute bringen", war zu hören.

Konsens dürfte beim Parteitag zum Thema Migration herrschen. Der Leitantrag spricht von "kulturfremder Masseneinwanderung", will die "Islamisierung unserer Lebenswelt unterbinden" und fordert "eine bayerische Abschiebequote von 100 Prozent aller nicht aufenthaltsberechtigten Personen". Der unterfränkische Listenführer und Innenpolitiker Richard Graupner sagte beim Pressetermin mit Winhart im Landtag: Es kämen zu viele "Fremde" ins Land, "man muss nur durch die Innenstädte gehen". Migration sei längst in Schulen und Kindergärten spürbar, "da ist nicht mehr die Frage, wer wen integriert".

Zündstoff könnte die Haltung zu Russlands Angriffskrieg bieten, wie durch die Gesamtpartei geht auch durch die Bayern-AfD ein Riss. Der Leitantrag rügt die "Parteinahme der Bundesregierung für die Ukraine" und fordert die bayerische Staatsregierung auf, die Waffenlieferungen zu verurteilen. Diskutieren werden die Mitglieder unter anderem, ob man Putins Angriff dennoch als "völkerrechtswidrig" betiteln soll.

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