Politik in Bayern:Alle reden über die kriselnde Wirtschaft

Lesezeit: 3 Min.

Die Autoindustrie hat mit großen Problemen zu kämpfen – auch in Bayern. (Foto: Uwe Meinhold/Imago)

Die schwächelnde Konjunktur macht sich auch im Freistaat bemerkbar. Entsprechend ist sie das bestimmende Thema bei den Winterklausuren der Landtagsfraktionen. Und natürlich dürfte es überall um den Wahlkampf gehen.

Von Johann Osel

Klar, nahezu alles in der bayerischen Landespolitik dreht sich jetzt um den Bundestagswahlkampf. Das dürfte auch die Winterklausuren der fünf Landtagsfraktionen diese und nächste Woche prägen. Bei den traditionellen Tagungen zurren die Abgeordneten stets ihre Schwerpunkte für das beginnende Jahr fest. Vor allem wird es dabei um die kriselnde Wirtschaft im Land gehen. Das ist auch jenes Thema, das von den Befragten im repräsentativen BR-„Bayerntrend“ zuletzt als Nummer eins der wichtigsten Probleme genannt wurde; deutlich vor der Migration übrigens. Was fordern die Fraktionen, wie ist die Stimmung? Ein Überblick.

Im Kloster Banz im oberfränkischen Bad Staffelstein treffen sich die CSU-Abgeordneten – mit Gästen, die zweifellos Rang und Namen in der Wirtschaft haben. Zum Beispiel Arbeitgeber-Präsident Rainer Dulger. „Wirtschaftswende jetzt! Erwartungen der Arbeitgeber an eine neue Bundesregierung“ heißt der Programmpunkt. Klingt bereits recht siegessicher – mit der Erwartung, dass die Union und damit die CSU die künftige Koalition in Berlin anführt. Das speist sich wohl aus den guten Umfragewerten für die CSU: 44 bis 45 Prozent werden ihr derzeit von verschiedenen Instituten für die Bundestagswahl in Bayern vorausgesagt.

Auch der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, Jörg Dittrich, kommt nach Banz, es soll um „Konjunkturflaute und Kostendruck“ gehen. Zuletzt hatte es im Landtag Scharmützel gegeben, wer in der Politik der wahre Fürsprecher des Handwerks ist. Die Opposition versucht, der CSU ihre klassische Rolle streitig zu machen. Außerdem zu Gast sind unter anderem Bahn-Chef Richard Lutz und der bayerische Bauernpräsident Günther Felßner. Felßner ist nach dem Willen von Markus Söder als künftiger Bundesagrarminister im Falle eines Wahlsiegs gesetzt, er kandidiert auf Platz drei der CSU-Liste. Migration und die Lage der Kommunen sind weitere Themen.

Die mediale Berichterstattung dominieren dürfte indes wieder mal Ministerpräsident Söder mit seiner Grundsatzrede. Schon oft war das so: Eigentlich wäre die Klausur die Bühne der CSU-Fraktion, aber Söder präsentiert dann neue Ideen seiner Staatsregierung, die am meisten Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Die Abgeordneten dürfen diese, immerhin, später im Parlament auf den Weg bringen.

Der Koalitionspartner Freie Wähler eröffnet den Klausuren-Reigen und trifft sich diese Woche im oberbayerischen Chieming. Im Fokus der Abgeordneten: ebenfalls die Wirtschaft. Nicht nur, weil der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger aus ihren Reihen stammt. „Die Industrie hierzulande steht unter großem Druck“, teilte Fraktionschef Florian Streibl mit. Nötig sei ein politisches Signal an die künftige Bundesregierung, dass neue Impulse für Wachstum und Wohlstand notwendig seien. Auf dem Programm steht der Besuch eines Chemieunternehmens im nahen Trostberg.

Aiwanger will seine FW unbedingt in den Bundestag und auch in eine „bürgerliche“ Regierung bringen. Er selbst traut sich dabei das Amt des Bundeswirtschaftsministers zu, wie er schon mal bekundete. Am Erfolg seiner Amtsführung in Bayern hatte es aber immer wieder einige Zweifel gegeben – und zwar just vonseiten der CSU, im Zuge der bekannten Rivalitäten zwischen den Partnern der Bayern-Koalition.

Ebenfalls noch in dieser Woche tagen die Grünen im Landtag. Das Motto: „Nächste Generation Mittelstand“. Gerade die kleinen und mittelständischen Unternehmen und deren Rahmenbedingungen will die Fraktion unter Führung von Katharina Schulze in den Mittelpunkt stellen. Zu Gast sein wird etwa der Präsident des ifo-Instituts, Clemens Fuest. Auch Unternehmerinnen und Unternehmer haben die Grünen zum Austausch eingeladen; sowie konkret Expertinnen aus der Wirtschaft für ein Podium über „Frauenpower für den Mittelstand“. Geplant ist auch ein Besuch der Abgeordneten beim Bus- und Lkw-Hersteller MAN in München.

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Wie es in Grünen-Kreisen heißt, gelte es, eine Gegenerzählung zu den Attacken der CSU aufzubieten. Söder lässt momentan keine Gelegenheit aus, um den grünen Kanzlerkandidaten Robert Habeck als „schlechtesten Wirtschaftsminister“ in der Geschichte der Republik zu betiteln. Dagegen wehrte sich Fraktionschefin Schulze etwa im November im Landtag so: Die Union sei es gewesen, mit deren Energiepolitik man sich „an den Rockzipfel von Putin“ gehängt habe. Habeck dagegen habe das Land „aus den Fängen Russlands befreit“.

Die SPD stellt ihre Winterklausur in München unter das Schlagwort „Aufbruch“ – gemeint ist die Transformation eben der Wirtschaft und auch in der Gesundheit und Pflege. Über die Zukunft der Automobilindustrie informieren sich die Abgeordneten um Fraktionschef Holger Grießhammer bei einer Besichtigung des BMW-Werks in München. Auch Gespräche mit Arbeitnehmervertretern und Gewerkschaftern sind geplant.

Für den Bereich Gesundheit ist Sabine Dittmar eingeladen, die Unterfränkin ist parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium von Karl Lauterbach. Die ungewisse Zukunft vor allem kleinerer Kliniken treibt in Bayern viele Menschen um. Die Ansichten zu Lauterbachs Krankenhausreform gehen weit auseinander, die CSU sieht sie als Hauptgrund der Malaise. Die SPD-Gesundheitspolitikerin Ruth Waldmann konterte im Oktober in einer Landtagsdebatte: Es sei umgekehrt, „ohne die Reform machen reihenweise Krankenhäuser schlapp“. Die CSU habe die Entwicklungen verschlafen, biete lediglich „Luftnummern“.

Auch die AfD-Abgeordneten treffen sich nächste Woche. Seit die AfD 2018 in den Landtag kam, musste sie sich bei Klausuren meist mit sich selbst beschäftigen, der interne Lagerkampf hielt alle auf Trab. Seit der Landtagswahl 2023 hat das völkische Lager die klare Mehrheit, der Dauerstreit ist in der Fraktion unter der Vorsitzenden Katrin Ebner-Steiner vorbei. Es soll bei dem Treffen um die Migration und die „Verschleuderung unserer Staatsangehörigkeit“ gehen, hieß es, wo die CSU und andere „unsere Positionen zunehmend übernehmen“. Und auch um Wirtschaftskonzepte, etwa eine „Abwicklung der gescheiterten Energiewende“.

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