Aus der Landespolitik:Warum es im Landtag einen Videobeweis gibt

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Landtagspräsidentin Ilse Aigner und ihre Glocke, mit der sie die Parlamentarier zur Ordnung ruft. Manchmal würde eine Trillerpfeife nicht schaden. (Foto: Matthias Balk/dpa)

Im bayerischen Parlament geht es schon mal zu wie im Fußballstadion - ziemlich unsportlich. Deswegen muss die Präsidentin manchmal wie eine Schiedsrichterin agieren.

Glosse von Katja Auer

Um Dinge anschaulich zu erklären, drängen sich Vergleiche mit dem Fußball manchmal geradezu auf. Ist jemand nicht besonders an der Landespolitik interessiert, kennt sich aber auf dem Spielfeld aus, wird er die Situation der bayerischen FDP einzuschätzen wissen, wenn es heißt, dass sie bei der Landtagswahl im Herbst um den Klassenerhalt kämpft. Ebenso klar ist, warum sich die CSU gern mit dem FC Bayern vergleicht, auch wenn da momentan kein Trainerwechsel in Sicht ist.

Und wenn von Foulspiel die Rede ist oder von unsportlichem Verhalten, dann ist meistens die AfD nicht weit. Es geht härter zu im Landtag seit die Rechtspopulisten 2018 eingezogen sind, die Wortwahl erinnert gelegentlich doch stärker an ein Fußballstadion als an das Hohe Haus. Selbst gelbe Karten mussten schon verteilt werden.

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Rüge heißt das im Parlament und wird ausgesprochen von Präsidentin oder Präsident wenn jemand "persönlich verletzende Ausführungen oder persönlich verletzende Zwischenrufe macht oder eine gröbliche Störung der Ordnung verursacht". 23 Mal ist das in der laufenden Legislaturperiode schon passiert, 21 Rügen davon gingen auf das Konto aktueller und ehemaliger AfD-Mitglieder. Zum Vergleich: In den 20 Jahren zuvor gab es keine einzige Rüge.

Nun sind manche Fouls ganz offensichtlich, um im Bild zu bleiben, wenn etwa der AfD-Abgeordnete Stefan Löw mit Gasmaske ans Rednerpult tritt, um die Maskenpflicht zu verhöhnen. Manchmal braucht es einen zweiten Blick, wofür es nun im Landtag den Videobeweis gibt. Dafür muss Präsidentin Ilse Aigner zwar kein Rechteck mit den Fingern anzeigen und die Vizepräsidenten kommen auch nicht von den Rändern des Plenarsaals herangelaufen, um gemeinsam auf einen kleinen Bildschirm zu starren, aber es ist eben eine nachträgliche Beurteilung im Ältestenrat möglich. Der Vorteil: Wenn es mal wieder hoch hergeht im Plenum und selbst die aufmerksamen Stenographen nicht jeden Zwischenruf protokollieren können, lässt sich das auf einem Video besser nachvollziehen - und später noch sanktionieren.

Das ist schon ein paarmal vorgekommen, etwa als die Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze die AfD eine faschistische Partei genannt und SPD-Chef Florian von Brunn die CSU diskreditiert hatte.

Eine Trillerpfeife hat Landtagspräsidentin Ilse Aigner noch nicht eingeführt, die Glocke musste bislang reichen. So wie der Landtagswahlkampf allerdings anläuft, ist nicht auszuschließen, dass sie mal drüber nachdenkt.

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