Der Landtagsreporter wirkt ziemlich unzufrieden: „Die Frische des parlamentarischen Lebens“, schreibt er, „geht unter dem ermüdenden und ewig gleichbleibenden Kleinkram ganz dahin.“ Denn „aus unserem Landtag ist die große Politik gänzlich verschwunden“. Neulich etwa diese Sitzung mit all ihren „Lappalien“, wie die Milzbrand-Entschädigung für Bauern – „so tritt in unserem Landtag eine Geistesöde ein, die beinahe durch ihre Langeweile erstickt“.
Nun gut, die Zitate sind schon älter, aus der katholischen Zeitung Das bayerische Vaterland im Februar 1892. Der Journalist sehnte sich damals, im Landtag des Königreichs Bayern unter dem Prinzregenten, zurück zu den Debatten von Zeiten mit staatlicher Eigenständigkeit Bayerns, als Gegenspieler Preußens. Indes, die Notiz lehrt etwas für heute: Ein Schuss Überregionalität schadet nicht, um einen oft schnöden Landespolitik-Betrieb aufzupeppen.

SZ Bayern auf Whatsapp:Nachrichten aus der Bayern-Redaktion – jetzt auf Whatsapp abonnieren
Von Aschaffenburg bis Berchtesgaden: Das Bayern-Team der SZ ist im gesamten Freistaat für Sie unterwegs. Hier entlang, wenn Sie Geschichten, News und Hintergründe direkt aufs Handy bekommen möchten.
Aber: Bitte nicht so wie in diesem Landtag seit 2023 und vor allem in diesen Wahlkampfmonaten. Zwar mögen die Krisen der Republik und der Welt eine gewisse inhaltliche Taktung vorgeben. Aber im Grunde war es schon länger nicht mehr möglich, ein bayerisches Thema zu beraten, ohne verlässlich und rasch auf der Bundesebene zu landen. Und natürlich mitten im Wahlkampf. Alle machten da munter mit. Stichprobe, ein Plenarprotokoll im Januar. 21 Mal fiel das Wort Ampel in der Sitzung. Noch Fragen? Hubert Aiwanger vollführte gar das Kunststück, eine Regierungserklärung zur bayerischen Wirtschaftspolitik zu halten, in der diese kaum vorkam.
Nach dieser Bundestagswahl heißt es, hoffentlich: jetzt wieder ran an die Landespolitik! Auch wenn wohl Wahlkampfnarben bleiben, muss man sich wieder zusammenhocken, muss sich um Bayern kümmern. Und muss sich dabei wieder in die Augen schauen können. Zwischen CSU und Freien Wählern ist das wohl kein großes Problem: Der Wahlkampf ging kaum über das wechselseitige Geplänkel hinaus, das diese Partnerschaft schon immer prägte.
Anders ist es zwischen CSU und Opposition. Markus Söder und andere pinselten die Rest-Ampel auch in Bayern in düstersten Farben, mal als Stümper, mal als perfide Wohlstandsvernichter. SPD und Grüne wiederum erlagen oft der Versuchung, nach der Bundestagsabstimmung von Union und AfD die zwei Parteien in einen Topf zu werfen. Sogar der sonst besonnene SPD-Fraktionschef Holger Grießhammer ätzte, die CSU habe „den Tisch der Demokraten“ verlassen. Ein Hemmnis für sachliche Landespolitik in Zukunft. Ebenso die laute Kraft rechts draußen. Draußen, nicht zur Kooperation eingeladen, sitzt die AfD übrigens zu Recht. Schimpfte sie auch jetzt im Wahlkampf allenthalben über die „Systemparteien“ – sie will also gar nicht dazu gehören.